Das heißt, die vielen Preise zeigen auch außerhalb der Werbebranche Wirkung?

Ich habe in diesem ganzen Zusammenhang vor allem eines gelernt: Die Branche hat einen Hang dazu, sich selbst zu feiern. Am stärksten ist mir das bei den Cannes Lions aufgefallen: Es geht den Agenturen vor allem darum, wer sich nächstes Jahr den Grand Prix in die Vitrine stellen darf.

Das kann Ihnen als Kunde nicht sonderlich gefallen.

Das ist wirklich eine Parallelwelt zu uns. Als wäre die Welt eine Scheibe, die am Rand abbricht. Die Werber sehen das natürlich nicht so und sind total verblüfft, wenn man ihnen das mal sagt. Allerdings brauchen die diese Form des Feedbacks auch.

Die am meisten ausgezeichnete Werbung ist also in Ihren Augen nicht auch gleich die wirksamste?

Bei den Einreichungen müssen die Agenturen ja auch die Effektivität ihrer Projekte angeben: Wie viele Klicks hat dies oder jenes gebracht? Wie viel mehr Umsatz? Und dort zeigt sich dann: Manche Ideen verändern wirklich was im Verhalten der Menschen. Aber bei weitem nicht alle.

Das hieße aber, dass die Agenturen einen Großteil der Arbeiten nur für die Vitrine machen.

Man sollte die Werbung nicht ausschließlich nach der Effektivität beurteilen. Es ist ein zweischneidiges Schwert: Viele Ideen mögen werbemäßig nicht die großen Erwartungen erfüllen, auf der anderen Seite bereichern sie aber die Welt. Man kann Werbe-Ideen auch als Kunstform betrachten, dann sieht es wieder ganz anders aus. Wobei sich dann die Frage stellt: Ist das Kunst oder Kommerz? Denn es steht ja „Werbung“ drauf.  Auch wenn eine Werbeidee schon zur Kunstform mutiert, dann haben die Auftraggeber eben damit unfreiwillig ein Kunstprojekt finanziert. Was sie aber vielleicht sonst nicht gemacht hätten. Wenn sie damit aber den Menschen eine Freude bereiten, dann ist auch viel gewonnen. Sie sehen: Es schlagen zwei Seelen in meiner Brust.