Klingt einfach.

Naja, selbstverständlich ist das nicht. Es gibt gut 1.200 Agenturen. Außerdem muss man die Amerikaner sofort runterbremsen. Bei denen heißt es gerne, ok, ihr seid dann unsere Europaagentur. Dann antworte ich, nein, wir können nur den deutschsprachigen Raum abdecken. Für Länder wie Spanien, Italien oder Frankreich braucht ihr andere Agenturen, die sich da auskennen. Weil die Märkte unterschiedlich sind. Das können manche Amerikaner nicht so richtig einordnen. Man kennt in den USA deutsche Autos und das Oktoberfest. Aber so ein richtiges Gefühl für Deutschland und Europa haben die meisten Menschen dort nicht.

Wie kommt man zu neuen Kunden?

Nicht über die Pitchorgie wie bei uns. Meistens beim Mittagessen oder anderen eher inoffiziellen Gelegenheiten. So wie auch beim zweiten Kosmetikkunden Douce. Man sitzt nebeneinander und kommt zwanglos ins Gespräch. Irgendwann fragt der andere, was man denn so mache. Und dann heißt es: Vielleicht brauchen wir mal eine PR-Agentur. Und dann kam tatsächlich irgendwann der Anruf von Douce.

Wo genau ist das CLY-Office? In der Madison Avenue?

In Berlin haben wir unser 400-Quadratmeter-Büro in Mitte. Penthouse-mäßig, mit Blick über die Dächer. Das erwarten deutsche Kunden auch. Hier in New York ist alles unaufgeregter. Wir haben unser Büro bei „We Work“ aufgemacht, einem Anbieter von Coworking Spaces. Der Standort ist toll. Nach vorne raus gibt es ein Karussell, der Blick geht in einen Park. Und es gibt viele Restaurants, in denen man sich gesund ernähren kann. Wir haben unser eigenes Büro, können aber die Meetingräume und die Infrastruktur nutzen. Das ist alles sehr stylish, mit Kronleuchtern an der Decke in der Lounge, Concierge und einer erstklassigen Kaffeebar. Bei „We Work“ haben sich nicht nur Start-ups eingemietet, auch bekannte deutsche Firmen sind dort. Ab Oktober haben wir beispielsweise als neuen Nachbar Axel Springer SE. Die New Yorker Repräsentanz wird künftig auch die Zentrale für die US-amerikanischen Aktivitäten von Axel Springer sein. Und wenn die Agentur weiter wächst und wir mehr Platz brauchen, dann mieten wir eben Räume dazu. Bei uns muss dann über einen möglichen Umzug nachgedacht werden. Das Beste aber: Die Kunden finden das ganz normal.

Das wäre hierzulande eher befremdlich...

Ich kenne die Branche schon sehr lange und sehr gut, und meiner Einschätzung nach würden die Kunden in Deutschland das nicht akzeptieren. Die wollen ein Büro sehen, das ihnen gefällt, ihren Erwartungen entspricht. Das ist in den USA nicht so, zumal man sich eh zum Essen trifft, um Wichtiges zu besprechen. In Deutschland ist alles immer sehr förmlich, auch die Meetings oder Präsentationen. Hier ist es viel, viel lockerer.

Was macht mehr Spaß n den USA?

Kunden zu gewinnen macht in den USA mehr Laune. Man bekommt auch leichter eine Chance als in Deutschland. Die muss man allerdings auch nutzen.

Und wie sieht es mit Mitarbeitern aus? Schwer zu finden?

Ja, das ist in Deutschland einfacher, da schaltet man eine Anzeige. In Deutschland denkt keiner daran, sich als PR-Berater zu bewerben, der vorher in der Küche eines Restaurants gearbeitet oder Leitungen verlegt hat. Das Bewerben geht viel schneller in den USA. Da gibt es ein Programm, das schickt einem die Liste mit verfügbaren Jobs. Man klickt nur darauf, schon geht die eigene Bewerbung raus. Als Agentur bekommt man dann 400 oder 500 Bewerbungen. Und schüttelt meist nur den Kopf. Wir haben daher nach Alternativen gesucht. In den USA läuft fast alles über branchenspezifische Job-Newsletter oder Headhunter. Das wird in Deutschland auch kommen.

Was hat sie wirklich überrascht?

Ich bin ja Italiener und ich liebe gutes Essen. Wenn wir in Deutschland mit einem Journalisten oder Kunden zum Essen verabredet sind, dann gibt es zuerst eine große Vorspeisenplatte, das Hauptgericht und abschließend ein Dessert. Das ist hier anders. Das Essen selbst ist nicht so wichtig, nur ein Anlass fürs Gespräch. Gerade die Beauty- und Fashionjournalisten halten sich zurück und kauen lange auf ihrem Salat. Oder als die ersten PR-Artikel über unsere Kunden erschienen waren. Da sagte mir eine Kollegin, dass wir nun Blumensträuße als Dankeschön an die Medien schicken müssen. Das sei so üblich. Wenn es ein schöner Artikel ist, dann muss es dafür auch ein Blümchen geben. Typisch deutsch dachte ich an so einen 35-Euro-Strauß. Dafür bekommt man aber in New York nichts. Der Strauß kostet schon mal 150 Dollar. Ich habe mich schon gefragt, wie es in den Redaktionen aussieht. Wie auf einer Beerdigung mit all den Blumen? Wir haben dann Schminkboxen aus Schokolade verschenkt, eine Idee für unseren Beautykunden.


Peter Hammer
Autor: Peter Hammer

Er begleitet seit vielen Jahren redaktionell die Agentur-Branche, kennt noch die Zeiten, als Werbung "sexy" war und mancher Protagonist wie ein Popstar gefeiert wurde. Das Hauptaugenmerk gilt aktuell den Themenfeldern "Agenturstrategie" sowie "Etats & Pitches". Vor allem interessieren ihn innovative Geschäftsmodelle und Konzepte, mit denen die Branche erfolgreich auf die permanenten Veränderungen in der Kommunikation reagieren kann.