Krisenstrategie:
Airbnb verzichtet vorerst auf alle Werbemaßnahmen
Der Übernachtungsdienst, schon vor Beginn der Coronakrise tief in die roten Zahlen gerutscht, tritt hart auf die Bremse. Einem Einstellungsstopp folgt der Werbestopp. Der geplante Börsengang wackelt.
Die Flugzeuge parken auf der Landebahn, Hotels stehen leer, Reisebüros und Taxiunternehmen fürchten die Insolvenz. Die Coronakrise trifft die Tourismusbranche hart. So auch den Unterkünfte-Vermittler Airbnb. Das Start-up mit Sitz in San Francisco hat nun die Reißleine gezogen – und nahezu sämtliche Marketingmaßnahmen gestoppt. Ein Schritt, mit dem der Übernachtungsdienst laut US-Medien etwa 800 Millionen Dollar einsparen will.
Doch das ist noch nicht alles. Der Community-Marktplatz hatte zuvor bereits einen Einstellungsstopp beschlossen, unter anderem für die Marketing-Abteilung. Darüber hinaus, so heißt es, würden die Gründer in den nächsten sechs Monaten auf ihr Gehalt verzichten, während leitende Angestellte eine "freiwillige" Gehaltskürzung in Höhe von 50 Prozent akzeptiert hätten. Gründer und CEO Brian Chesky soll gegenüber Mitarbeitern zudem einen Abbau von Arbeitsplätzen nicht ausgeschlossen haben.
Noch im September 2019 hatte Airbnb angekündigt, im Laufe dieses Jahres an die Börse gehen zu wollen. Davon ist offenbar derzeit nicht mehr die Rede angesichts der massiven Probleme der Tourismusbranche. Damals wurde der Unternehmenswert auf rund 31 Milliarden Dollar taxiert. Möglicherweise ziehen die Airbnb-Gründer derzeit eine Finanzspritze durch weitere Investoren einem Börsengang vor.
Bereits vor der Coronakrise war Airbnb tief in die roten Zahlen gerutscht. Laut dem Finanzdienst Bloomberg schrieb das Unternehmen in den letzten drei Monaten des vergangenen Jahres einen Verlust vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen in Höhe von 276,4 Millionen Dollar (247,7 Mio. Euro), nahezu eine Verdoppelung gegenüber dem vergleichbaren Zeitraum des Vorjahres.
Als Reaktion auf die durch die Coronakrise verursachten Einschränkungen im Reiseverkehr hatte Airbnb Mitte des Monats die Stornierungsrichtlinien weltweit ausgeweitet. So ermöglichte es der Onlinemarktplatz Gastgebern und Gästen, Buchungen kostenlos und ohne Sanktionen zu stornieren.
Inzwischen teilte das Unternehmen mit, dass Gäste, die vor dem 14. März gebucht hatten und bei denen die Reise vor dem 31. Mai beginnen sollte, ihr Geld im vollen Umfang zurückerhalten. Ursprünglich war diese Regelung nur für Reisen bis zum 14. April vorgesehen. Darüber hinaus stellt das Unternehmen 250 Millionen Dollar bereit, um Gastgeber für die ausgefallenen Buchungen zu entschädigen.
Die Werbeabstinenz von Tourismusunternehmen wie Airbnb dürfte in den kommenden Wochen und Monaten einen nicht unerheblichen Einfluss auf den digitalen Werbemarkt haben. In den USA lag der Anteil der Reisebranche an den gesamten digitalen Werbespendings im vergangenen Jahr bei 8,4 Prozent.