
Corona-Maßnahmen:
Aktion #allesdichtmachen nimmt Stellung zur Kritik
Die Aktion "Alles dicht machen" hat in Presse und Gesellschaft ein gewaltiges Echo erzeugt. Während einige der Teilnehmer inzwischen ein Rückzieher gemacht haben, erschien eine Stellungnahme der Macher.

Foto: #allesdichtmachen
In nunmehr über einem Jahr Corona-Pandemie hat in Deutschland keine andere Aktion größere Wellen geschlagen als die von über 50 prominenten Schauspielerinnen und Schauspielern vom letzten Donnerstag. In den kurzen Videos der Aktion "Alles dicht machen" kommentieren unter anderem Ulrich Tukur, Nadja Uhl, Jan Josef Liefers oder Nina Proll die Corona-Politik im Lande auf ironische Weise, was in der Presse und den sozialen Medien für heftige Reaktionen und massiven Gegenwind gesorgt hat. Nun haben die Macher von #allesdichtmachen auf der Webseite eine inoffizielle Stellungnahme veröffentlicht, in der sich das Team mit der Kritik an der Aktion auseinandersetzt. Darin heißt es man leugne nicht Corona und stelle nicht in Abrede, dass von der Krankheit Gefahr ausgehe und Menschen daran stürben. "Vielmehr geht es uns um die Corona-Politik, ihre Kommunikation und den öffentlichen Diskurs, der gerade geführt wird. Wir üben Kritik mit den Mitteln von Satire und Ironie. Wenn man uns dafür auf massivste Art und Weise beschimpft und bedroht, ist das ein Zeichen, dass hier etwas ins Ungleichgewicht geraten ist."
Distanzierung von Rechten
Weiterhin erklären die Macher der Aktion, man lasse sich nicht mit Rechten, Verschwörungstheoretikern und Reichbürgern in eine Ecke stellen. Auch stehe die AFD für alles, was man ablehne. Jedoch: "Wenn man sich nicht traut, Selbstverständlichkeiten anzumahnen, weil man Applaus von der falschen Seite fürchtet, dann zeigt das allenfalls, daß der Diskurs in eine Schieflage geraten ist." Statt um Viren, Zahlen oder Kurven ginge es der Aktion um die Art, "wie Staat und Bürger interagieren und um die Frage, in was für einer Gesellschaft wir leben wollen. Es geht darum, daß die Kritik am Lockdown ein legitimer Standpunkt ist, der sich mit Argumenten und Fakten untermauern lässt." Und nicht zuletzt gehe es um den Blick auf die Schäden, die Corona-Maßnahmen auf vielerlei Art anrichten. "Es geht darum, daß Kinder und Jugendliche um einen wichtigen Teil ihres Lebens betrogen werden und um eine Rhetorik von Wir und Gemeinsam, die schon deswegen falsch ist, weil offensichtlich nicht wir alle da gemeinsam drinstecken, sondern in sehr unterschiedlichem Maße."
Inzwischen sind einige der Videos von der Seite verschwunden. Das hieße aber nicht zwingend, dass sich die jeweiligen Leute distanzieren. "Es kann genauso gut bedeuten, daß jemand sich einfach nicht in der Lage sieht, diesen Shitstorm auszuhalten oder seine Familie schützen will."
Die Köpfe dahinter
Zu den Köpfen hinter der Aktion gehört der Münchner Bernd K. Wunder, der im Impressum der allesdichtmachen-Website als vertretungsberechtigter Geschäftsführer aufgeführt ist. Wunder ist Chef von Cinebox, einem auf der Blockchain-Technik basierenden Filmstreaming-Dienst, der allerdings noch nicht gestartet ist. Zudem leitet er das Münchner Produktionsunternehmen Wunder Am Werk, das in der Vergangenheit unter anderem für FTI oder Sky gedreht hat. Auch der Fernsehregisseur Dietrich Brüggemann, der unter anderem drei Tatort-Folgen gedreht hat und auch als Schauspieler aktiv war, gehört zu den Machern hinter #allesdichtmachen. Auf Twitter gab es dazu einige Details bekannt.
Derweil geht die Diskussion über die Aktion ungebremst weiter. Während WDR-Rundfunkrat Garrelt Duin auf Twitter zunächst die Zusammenarbeit mit Liefers und Tukur forderte, ruderte er kurz darauf zumindest teilweise zurück.
Schauspieler Ben Becker äußert sich heute bei Bild über Drohungen, die seine Schwester Meret wegen ihres #allesdichtmachen-Videos erhalten habe. Auch Meret Becker hat ihr Video inzwischen gelöscht.
Schauspieler Elyas M’Barak, der sich nicht an der Aktion beteiligt hat, empfiehlt statt Tatort unterdessen eine Charité-Dokumentation aus der ARD-Mediathek:
Aus der Politik kamen unterschiedliche Töne. Karl Lauterbach twitterte, die Inhalte von Liefers seien „fern jeder Realität.“
CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet sagte dagegen in der Talksendung 3 nach 9 des Senders Radio Bremen: "Es (die Folgen der Maßnahmen) ist ein sehr emotionales Thema. Ich glaube, dass es berechtigt ist, auch die anderen Opfer der Pandemie einmal zu nennen. Kinder, die oft nicht mehr in der Schule waren, die keine Chance haben, aus der Ferne zu lernen. Menschen, die in den Suizid gehen, weil sie mit der Situation nicht umgehen können. Alte, die in Altenheimen gestorben sind, weil keine Besucher mehr reindurften." Zur Aktion #allesdichtmachen fügte Laschet an: "Man darf das sagen in einem freien Land. Man muss es nicht teilen. Man kann sagen, es ist geschmacklos, das mache ich nicht. Aber man kann das sagen. Was ganz schlimm ist: Wenn jemand so was sagt, immer gleich sagen, das ist rechts. Von diesen 50 ist keiner AfD, ist keiner rechts."
Der Wirbel über #allesdichtmachen wird mit Sicherheit noch eine ganze Weile weiter gehen. Vermutlich hat er sogar gerade erst begonnen.