Wenn später die Start-ups ohnehin wieder angedockt werden, könnte man so etwas nicht auch gleich inhouse aufbauen?

Das funktioniert nicht ganz so gut. Eine Nähe zum Stammhaus kann sogar eher bremsen. Denn in diesem Aufbau-Prozess gibt es hohe wirtschaftliche Unsicherheiten, die nicht zu den langwierigen Genehmigungs-Prozessen in Konzernen passen. Aber in die Teams holen wir interne Mitarbeiter von unserem Kunden, Leute von uns und von außen, die dann mit hoher Geschwindigkeit und Pragmatismus agieren. Wenn ein Unternehmen groß genug und in der Lage ist, einen eigenen Accelerator zu betreiben, kann die Fähigkeit, Start-ups inhouse aufzubauen aber entwickelt werden.

Wie rekrutieren Sie die Mitarbeiter dieser Start-ups?

Da suchen wir stark im Gründer- und Agentur-Umfeld und haben auch Headhunter, die sehr gut in der Gründerszene vernetzt sind.

Gut, dass Sie die Agentur-Branche selbst angesprochen haben. Das Thema digitale Transformation weckt ja Geschäftsinteressen in verschiedenen Bereichen: Agenturen haben ihre Beratungs-Units dafür, Berater gründen Digital-Units. Wie schätzen Sie dieses Konkurrenz-Feld ein?

Es gibt natürlich Agenturen, die in diesem Bereich sehr stark sind. UDG, als führende Digitalagentur z.B. hat sich gezielt im Consultingbereich verstärkt oder BBDO hat mit Interone und Proximity Digital-Units, die sich neben involvierender Kommunikation und CRM stärker an Technologie und Business Transformation ausrichten. Historisch sind die Agenturen strategisch und operativ sehr gut bei dem Thema Marke. In der Regel haben Agenturen aber nicht in der erforderlichen Tiefe Kenntnisse von Business Modellen, Prozessen, Manufacturing und den einzelnen Industriedynamiken. Die Strategieberatungen fangen jetzt auch an, operative Kompetenzen aufzubauen. Aber wir sehen auch, dass sich die Big Four alle das Thema digitale Transformation anschauen und dass im Agentur-Umfeld weiter Industrie-Kontakte aufgebaut werden. Doch da gibt es noch viel Nachholbedarf.

Können Berater bei diesem Thema auch davon profitieren, dass sie eine größere Nähe zum Vorstand haben, als Agenturen?

Ja, wir sind auf der Vorstandsagenda, das hilft. Digitale Transformation ist sogar eher auf der Agenda der CEOs. Einige Unternehmen, etwa BASF, Rewe oder Media Saturn, haben bereits einen CDO, einen Chief Digital Officer. Die Deutsche Bank hat gerade einen Vorstand für Digitales berufen. Bei E-Commerce-Unternehmen können hier vielleicht noch ein paar junge Wilde Karriere machen, aber bei Industrie-Unternehmen muss man für so einen Job Transformationsfähigkeiten, eine echte Kenntnis des Geschäftes bzw. "Stallgeruch" und auch Tech-Kompetenz haben. Auch um die Wertschöpfungskette verändern zu können, muss man sie detailliert kennen. Da sind Prüfungs- und Beratungsunternehmen wie Deloitte, die eine breite Eigenleistungsfähigkeit haben, sicher gut aufgestellt. Wenn es ein sehr markengetriebenes Unternehmen ist, können aber auch Agenturen, die auf der CMO-Ebene präsent sind, die digitale Transformation vorantreiben.

Wenn Sie ein Start-up implementieren, welche Auswirkungen würde das auf bestehende Agenturen haben?

Im Zweifel gar keine, ganz im Gegenteil. Es geht nicht darum, im Turf der Agenturen zu wildern. Insbesondere bei B-to-C-Themen werden Agentur-Leistungen  gebraucht. Das Ziel ist es ja, neue Geschäftsfelder aufzubauen und nicht, Digital-Kampagnen wegzunehmen. Wir konzentrieren uns eher auf die Datenanalyse, deren Bedeutung für das Geschäft sowie den operativen Aufbau des Geschäftes als auf die Kreation und die Kommunikation. Wir können durchaus mit den Agenturen zusammenarbeiten.

Die Vergütung erfolgt teilweise auch erfolgsabhängig, wie funktioniert das?

Die klassischen Beratungshonorare sind nur ein Teil des Vergütungsmodells. Darüber hinaus gibt es jeweils individuelle Modelle, gesteuert über vordefinierte KPIs. Nach Übergabe der digitalen Einheit (Transferphase) erfolgt die Vergütung ausschließlich über den Erfolg und Deloitte Digital GmbH agiert als unternehmerischer Partner.

Mehr zum Spannungsfeld zwischen Beratern und Agenturen bei der digitalen Transformation von Unternehmen lesen Sie auch in der aktuellen Ausgabe der W&V. Abo?


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Autor: W&V Redaktion

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