
GGH Lowe:
Benedikt Holtappels: "Lokal ist das neue Bio"
Eine Cola für Kölner und Hamburger Elbgold-Kaffee statt Starbucks: Regionale Marken haben den Trend zu Bioprodukten abgelöst. Warum das so ist und was das für Werber bedeutet, erklärt GGH-Lowe-Chef Benedikt Holtappels in einem Gastbeitrag für W&V Online.
Eine Cola für Kölner und Hamburger Elbgold-Kaffee statt Starbucks: Regionale Marken haben den Trend zu Bioprodukten abgelöst. Warum das so ist und was das für Werber bedeutet, erklärt GGH-Lowe-Chef Benedikt Holtappels* in einem Gastbeitrag für W&V Online.
Wonach gucken Sie, wenn Sie auf dem Markt einkaufen? Nach Bioware oder eher nach Produkten aus der Region? Wenn Sie stärker nach Gemüse und Obst etwa aus der Heide oder Brandenburg Ausschau halten, liegen Sie im Trend.
Laut einer Studie von AT Kearney kaufen mehr als 70 Prozent der Deutschen mehrmals im Monat regionale Lebensmittel und fast genauso viele sind bereit, mehr Geld für Produkte aus der Region zu bezahlen. Regionale Waren haben den großen Trend zu Bioprodukten längst abgelöst. Der Lebensmittelhändler Edeka hat zum Beispiel darauf reagiert, indem er mit dem Angebot "Unser Hof" Konsumenten verspricht, dass die Waren aus einem maximalen Umkreis von 30 Kilometern stammen.
"Die Zeit" interpretierte den Hang zu Regionalität mit dem Bedürfnis von Verbrauchern nach mehr Sicherheit. Man vertraut eben Händlern aus der Umgebung, die man vielleicht sogar selbst vom Marktstand kennt, eben mehr als anonymen Großlieferanten.
Und wer nicht den direkten Kontakt mit Kunden pflegen kann, versucht zumindest ihnen persönlich näherzukommen wie etwa das Netzwerk "Unser Land". Auf der Website werden die Erzeuger des Verbundes mit kleinen Porträts individuell vorstellt. Denn je persönlicher die Erzeuger wahrgenommen werden, desto größer sind die Chancen, mehr zu verkaufen. Regionale Produkte sind nämlich auch deswegen so beliebt, weil Verbraucher die Wirtschaft in ihrem Umkreis unterstützen und lange Transportwege vermeiden wollen.
Jüngst kann man beobachten, dass der Trend zu regionalen Waren aber noch weiter in Richtung lokale Angebote dreht. So haben zum Beispiel die Kölner mit Coelna ihre eigene Cola-Sorte. In Hamburg breitet sich die angesagte lokale Coffeeshop-Kette Elbgold immer weiter aus und jagt Multis wie Starbucks die Kunden ab. Ein Bekannter von mir feiert Erfolge mit seiner Gin-Marke Sul, die in Hamburg-Altona hergestellt wird.
Verbraucher mögen einfach ihr direktes Umfeld und unterstützen Marken, die zu diesem Kiez gehören. Das ist natürlich auch eine Reaktion auf die scheinbare Austauschbarkeit vieler Marken und auf die immer größere Unübersichtlichkeit in der Welt. Vergessen wir nicht: 2014 war geprägt von Kriegen, der Ebola-Seuche und einer lahmenden Konjunktur. Je größer also die Unsicherheit um uns herum, umso mehr sehnen sich Verbraucher nach einer ganz persönlichen Kommunikation und Nähe zu Marken und Produkten.
Der mit persönlicher Ansprache versehene Douglas-Gutschein zum Geburtstag zahlt beispielsweise auf diese Entwicklung ein. Und der individuelle Dialog vieler Unternehmen über ihre Twitter-Helplines ebenso. Aber das ist erst der Anfang.
Der Spagat wird für Unternehmen in nächster Zeit darin bestehen, in die Breite zu kommunizieren und dennoch das Gefühl persönlicher Nähe zu vermitteln. Marken müssen nah am Menschen sein und das nachvollziehbar und überzeugend. Wer nur so tut als ob, wird schnell entlarvt. Außerdem brauchen sie ein klares Versprechen, was sie vom Wettbewerb abgrenzt. Das alles haben lokale Marken.
Für die Kreation bedeutet diese Entwicklung, dass der Konsument endgültig im Mittelpunkt der Kommunikation angekommen ist. Deshalb muss die Ansprache noch wärmer und persönlicher werden. Das macht Kommunikation künftig ein ganzes Stück menschlicher. Und verhilft Marken wieder zu einer stärkeren Orientierungsfunktion. Und davon haben wir alle was.
* W&V-Kolumnist Benedikt Holtappels ist Mitgründer von Grimm Gallun Holtappels in Hamburg und gehört nach dem Verkauf an Lowe + Partners zur Geschäftsführung der umfirmierten Agentur GGH Lowe.