
Umstrittenes Interview:
Benetton distanziert sich von Oliviero Toscani
Fotograf Oliviero Toscani hat mit einer Interview-Aussage Benetton so verärgert, dass die Marke nun nicht mehr mit ihm arbeiten will. Er ist ein Mann der deutlichen Worte, wie er auch in einem W&V-Gespräch beweist.

Foto: Sonja Herpich für W&V
Das Unternehmen Benetton trennt sich von dem italienischen Starfotografen Oliviero Toscani. Hintergrund ist ein Radio-Interview des 77-Jährigen, in dem er sich Anfang dieser Woche zum tödlichen Brückeneinsturz in Genua aus dem Jahr 2018 geäußert hatte. "Die Benetton-Gruppe mit ihrem Präsidenten Luciano Benetton distanziert sich auf das Schärfste von den Aussagen Oliviero Toscanis über den Einsturz der Morandi-Brücke und hält es damit für unmöglich, die Zusammenarbeit mit dem Kreativdirektor fortzusetzen", hieß es in einer kurzen Erklärung der Gruppe mit Sitz bei Treviso vom Donnerstag.
Toscani hatte in einer Sendung am Montag bei dem öffentlich-rechtlichen Sender RadioUno gesagt: "Aber wen kümmert es schon, wenn eine Brücke einstürzt, lasst uns aufhören." In dem Gespräch ging es eigentlich um ein Foto von einem Treffen von ihm, Luciano Benetton und Vertretern der alternativen sogenannten Sardinen-Bewegung in Genua. Dieses Foto hatte politisch für Wirbel gesorgt. Doch Toscanis Aussagen zur Brücke ließen die Wellen noch höher schlagen, auch Angehörige der Opfer protestierten.
Der Fotograf hatte sich vor seinem Rauswurf mehrfach entschuldigt und einen Fehler eingeräumt: "Es tut mir leid", sagte er Medien. Die Morandi-Brücke war am 14. August 2018 zusammengekracht. 43 Menschen starben. Für die Brücke war das Unternehmen Autostrade per l'Italia verantwortlich. Dieses Unternehmen wird über die Holding Atlantia von der Familie Benetton kontrolliert.
Oliviero Toscani erregte seit den 1980er Jahren mehrfach Aufsehen durch Foto-Kampagnen mit Schockbildern wie von blutenden Soldaten, sterbenden Kranken und HIV-Positiven für die Modekette United Colors of Benetton.
Er warb vor 25 Jahren auf eine Art, die heute wohl als "Haltungskampagne" gefeiert würde. Stattdessen hagelte es Verbote überall auf der Welt. Auch in Deutschland. W&V hat mit ihm in der aktuellen Print-Ausgabe über seine Benetton-Kampagnen gesprochen. Und auch hier zeigt sich: Er ist ein Mann der deutlichen Worte. (mit dpa)