
Berentzen-Patriarch gestorben
Friedrich Berentzen, der Erfinder des Apfelkorns, ist tot. Der 80jährige Spross der gleichnamigen Kornbrennerei-Dynastie musste den vollen Niedergang der über 250 Jahre alten Firma aus dem Emsland noch miterleben. Ein Rückblick.
Friedrich Berentzen, der Erfinder des Apfelkorns, ist tot. Der 80jährige Spross der gleichnamigen Kornbrennerei-Dynastie musste den vollen Niedergang der über 250 Jahre alten Firma aus dem Emsland noch miterleben.
Mitte 2008 übernahm die Münchner Industrieholding Aurelius das Stammhaus in Haselünne - die Ära Berentzen war vorbei. Die Übernahme durch eine "Heuschrecke" war nur der Schlusspunkt eines langen und schmerzhaften Niedergangs, der durch ständige Mangementwechsel, krachende Gesellschafterstreitereien und haarsträubende Marketingfehler gezeichnet war.
Dabei hatte die Glanzära Berentzen Mitte der siebziger Jahre verheissungsvoll begonnen. Der emsländische Mittelständler, einer von drei Kornbrennereien in Haselünne, brachte den von Friedrich Berentzen kreierten Apfelkorn auf den Markt. Zu seinen Hochzeiten wurden bis zu 30 Millionen Flaschen des süßlich schmeckenden Korns verkauft - das Produkt galt als der größte Spirituosenerfolg der Nachkriegszeit. Berentzen stieg in die Nationalliga der bedeutenden Spirituosenhersteller auf.
Als der Durst der Deutschen auf traditionelle deutsche Spritgetränke deutlich nachließ, wollte sich Berentzen zur Jahrtausendwende von seinem ländlich-deftigen Wurzeln ("Knackiger Spaß im Glas") emanzipieren und engagierte das Herzblatt Jürgen von der Lippe als Testimonial - ohne Erfolg. Nach dem Abgang des TV-Moderators inszenierten die Emsländer den Apfelkorn als dröhnenden Partykracher fürs feierfreudige Szenevolk und drehte für ein paar 100.000 Euro entsprechende Commercials in Südafrika. Die Szenegänger blieben aber, wenn ihnen der Sinn nach Kopfschmerz stand, bei Import-Vodka und Mixbiergetränken.
Anschließend verpasste einer der vielen Marketingvorstände dem Unternehmen unter dem Claim "World of fine Drinks" ein edles Corporate Design - inzwischen auch längst Geschichte. Der Zukauf von Lizenzmarken, der Einstieg bei einer norwegischen Spirituosengruppe, die das Edelgetränk Linie-Aquavit vertreibt, und ein Ausflug in Weinbusiness konnten nicht verhindern, dass das Kerngeschäft mit harten Drinks langsam verrann.
Mit der Rückkehr des Marketing-Profis Axel Dahm als Vorstandschef, inzwischen bei Gerolsteiner tätig, legte das 1758 gegründete Traditionshaus den Rückwärtsgang ein. Ab 2007 setzte Berentzen, untermalt von dem knackigen Ohrwurm von einst, in einer neuen TV-Kampagne wieder auf rustikale Ländlichkeit und feuchtfröhliche Geselligkeit. Auch für die zweite große Marke im Portfolio, die Vodkamarke Puschkin, wurde das alte Markenbild reanimiert: "Für den Bär im Mann." Genützt hat es nichts, Berentzen knackte nicht mehr, sondern nur noch ab.
Der Investor Aurelius, der nach der Übernahme vollmundig von Marketinginitiaitve schwafelte, verlegte die Produktion weg aus Haselünne. angeblich stehen diverse Marken aus dem Berentzenportfolio zum Verkauf- die Apfelkornära ist endgültig vorbei.