Bundestagswahlkampf 2017:
CDU zum Anfassen: So inszeniert Jung von Matt die Konservativen
Politainment statt 78 Seiten Parteiprogramm: Jung von Matt verpasst der CDU mit dem "begehbaren Parteiprogramm" ein modernes Image.
Die CDU wagt sich auf Neuland und hat einen Teil des Wahlkampfbudgets abgezweigt für eine Inszenierung der besonderen Art: Im alten Kaufhaus Jandorf, einer der coolsten Locations im hippen Stadtbezirk Berlin Mitte, macht Jung von Matt das CDU-Programm anfassbar und erlebbar - als gigantische Markeninszenierung auf 2400 Quadratmetern.
Wer sich in das „begehbare Parteiprogramm“ begibt, läuft Gefahr, Merkels Partei des Verschleppens und Verwaltens für die Speerspitze der Modernität und des Fortschritts zu halten. Das gilt jedenfalls für diese Inszenierung: "Die medialen Gewohnheiten der Menschen verändern sich, dem tragen wir Rechnung", sagt Angela Merkel. Im Zentrum des Gebäudes hängt ein riesiges 750 Kilogramm schweres Herz aus Samt. Es pumpt über Blutgefäße wirtschaftliche Kennzahlen auf riesige Bildschirme und symbolisiert so die pulsierende Wirtschaft im #fedidwgugl-Haus.
Im Cyberraum kann der CDU-Nachwuchs beispielsweise an futuristischen Stelen spielend Industriespionage oder Internetmobbing abwehren und so zum "Cyber Hero" werden. Die Roboter Emma und Dave bringen Zukunftswünsche, die Besucher über einen Bildschirm eingeben, zu Papier und heften sie an die Wände. Spiel, Spaß und Politainment auch im Raum "Familienpackung": Hier gibt es Grabbelkisten und versteckte Tresore, hinter denen sich "Kinderbaugeld" verbirgt.
Die Wohlfühl-Inszenierung nimmt auch im Europa-Raum gefangen: Dort projiziert der Besucher seinen Namen auf einen 100 Quadratmeter-Sternenhimmel und stellt Begriffe wie “Freiheit“ dazu.
Die JvM-Kreativen haben Angela Merkel offenbar nicht lange überreden müssen. Sie haben der Kanzlerin Beispiele gezeigt, wie sich Marken heutzutage inszenieren, um jungen Zielgruppen ein Erlebnis zu verschaffen. Nun will sich auch die CDU "mit allen Sinnen erfahrbar machen" (Merkel).
Eindrücke vom "begehbaren Parteiprogramm" der CDU (Fotos: Tobias Koch)