
Huffington Post:
Cherno Jobatey als HuffPo-Chef: "Ich bin mainstreamig"
Die deutsche Huffington Post ist mit Cherno Jobatey als Herausgeber gestartet. Die Personalie hat viele Medienexperten überrascht. W&V-Redakteurin Franziska Mozart sprach unmittelbar nach der HuffPo-Präsentation im Münchener Literaturhaus mit Jobatey. Das Interview.
Die deutsche Huffington Post ist mit Cherno Jobatey als Herausgeber gestartet. Die Personalie hat viele Medienexperten überrascht. W&V-Redakteurin Franziska Mozart sprach unmittelbar nach der HuffPo-Präsentation im Münchener Literaturhaus mit Jobatey. Das Interview.
Cherno Jobatey, Arianna Huffington hat Sie als etwas älteren Digital Native bezeichnet. Sind Sie das mit 47?
Ich kann nicht sagen, dass ich in die digitale Welt reingewachsen bin, 1996, als man mit den ersten Modems ins Internet kam, hatte ich schon mein Abitur. Aber es geht viel mehr darum, wie man mit dem Internet umgeht. Das Leben ist doch heute viel leichter, wenn man digital ist.
Wie wurde aus dem Fernsehmann Jobatey ein Digitalmann?
Ich kenne ja noch die Zeit, in der man im Fernsehen richtigen Kassetten hatte und analog geschnitten hat. Aber vor sechs Jahren traf ich auf dem DLD zum ersten Mal Arianna Huffington. Sie überzeugte mich davon, einen Blog zu machen und drei Tage später war jobateyjournal.de online. Ein zweites prägendes Ereignis war, als ich sah, wie ein junger Senator aus Chicago es schaffte, Präsident der USA zu werden und das, indem er die klassischen Medien austrickste.
Austrickste?
Ja, er erreichte die Massen ohne Massenmedien, über das Web.
War dieses erste Treffen mit Arianna Huffington auf dem DLD auch Ihr erster Berührungspunkt mit der Marke Huffington Post?
Ja, danach habe ich mir die Seite zwar mal angesehen, war aber noch kein regelmäßiger Leser. Das kam später. Denn wenn man sich über US-Politik informiert, landet man sehr schnell bei der Huffington Post.
Als am Vortag des Launches der Deutschen Huffington Post bekannt wurde, dass Sie der Anchorman werden, war das schon eine Überraschung für die Branche. Warum glauben Sie, sind Sie der richtige Mann?
Es ging darum, jemanden zu finden, der die Brücke zwischen verschiedenen Schichten und Demografien schlägt, zwischen klassischem Journalismus und neuen Formaten. Ich denke, ich bin jemand, der die klassische journalistische Perspektive in diese junge Truppe bringen kann. Außerdem soll die Huffington Post Deutschland den Mainstream erreichen, und ich bin mainstreamig.
Was genau werden Sie machen?
Ich werde ein bis zwei Tage in München sein, sonst in Berlin, einen Blog pro Woche schreiben und sonst die Redaktion anschieben, von Berlin aus die Politik reinbringen und neue Leute als Schreiber gewinnen.
Wie haben Sie auf das Angebot reagiert, Anchorman der Huffington Post in Deutschland zu werden?
Als der Anruf kam, war ich wirklich überrascht und habe erst einmal aufgelegt. Ich hielt das für eine Telefonfalle. Außerdem musste ich auf eine Bühne vor ein paar tausend Leute treten und wollte gerade mein Handy ausschalten, als es klingelte.
Wenn es nach Christoph Schuh, dem Vorstand von Tomorrow Focus geht, soll Ihre Bühne bei der HuffPo etwas größer werden. Er will das Portal in den kommenden fünf Jahren unter größten fünf Nachrichtenportale hieven. Was ist Ihre Motivation, dort mitzumachen, abgesehen von dem Gehalt, das Sie bekommen?
Ich hoffe, dass die öffentliche Diskussion in Deutschland mehr Farben bekommt. Journalismus ist heute keine Insel der Glückseligkeit mehr, wir erleben einen Umbruch, vergleichbar mit der Einführung des Privatradions oder Privatfernsehens früher. Dagegen waren damals auch die öffentlich-rechtlichen Sender. Ich glaube nach so langer Zeit in den Medien, in denen ich die Mechanismen kenne, die Erregungskurven, die immer gleichen Menschen sehe, braucht es mehr Stimmen. Und der Bedarf ist groß, an der Diskussion teilzunehmen und zu kommunizieren.