
Lars Cords:
Content Marketing: Kommt aus euren Silos raus!
Warum diskutieren kluge Menschen so rigoros und so rechthaberisch über Content Marketing? Weil es "um die fast verbissene Verteidigung ihrer Silo-Exzellenz" geht, analysiert Scholz-&-Friends-Mann Lars Cords. Warum der Markt jetzt andere Lösungen braucht.
Warum diskutieren kluge Menschen so rigoros und so penetrant über Content Marketing? Weil es "um die fast verbissene Verteidigung ihrer Silo-Exzellenz" geht, analysiert Scholz-&-Friends-Partner Lars Cords* in einem exklusiven Gastbeitrag für W&V Online die aktuelle Debatte.
Alle Werber lügen
von Lars Cords
In der vergangenen Woche konfrontierte uns Thomas Strerath mit seiner modernen Version des Paradoxon des Epimenidis: er konstatierte unter der Überschrift der "Content-Lüge", dass Content-Marketing nur selten funktionieren kann. Und widerlegte sich dann gleich selber und löste mit seinem Stück Content Marketing über die Positionierung von Jung von Matt eine emotionale Debatte der ganzen Branche aus.
Obwohl er sich auf eine Analyse beschränkte und den geneigten Leser eher ratlos hinterließ, was er einem denn nun nach vorne gerichtet sagen wollte, reichte dieser Anstoß aus, um neben einer Vielzahl kurzer Kommentare zunächst einen episch wütenden Protestbrief zu provozieren. Und dann entstand nach einigen Tagen Bedenkzeit eine echte Themenkarriere durch souveräne Kommentare aus der Content-Experten-Loge von Waldorf und Statler. Alles jeweils eifrig kommentiert, geliked und geshared durch die amüsiert applaudierende Kommunikationsszene.
Alles scheint zum Thema gesagt – nur noch nicht von jedem. Aber was war denn überhaupt die Motivation für die beiden ersten eskalierenden Autoren Strerath und Knüwer? Die beiden so unversöhnlich erscheinenden Positionen offenbaren aus meiner Sicht vor allem eins: beiden Akteuren geht es um die fast verbissene Verteidigung ihrer Silo-Exzellenz. Und der uneingeschränkten Autorität, das Erfolgsrezept für erfolgreiche Kommunikation der Zukunft zu besitzen. Machst Du meine Sandburg kaputt, mache ich Deine Sandburg kaputt. Schade eigentlich.
Dass eine einzige Agentur der wachsenden Komplexität von Kommunikation da draußen in Gänze noch gerecht werden kann, ist in meinen Augen ein Irrglauben. Monotheismus ist out – Anschlussfähigkeit ist der neue Erfolgsfaktor.
Nie war es daher so wichtig wie heute, dass unterschiedliche Kompetenzbereiche und Spezialisten miteinander kooperieren. Im eigenen Unternehmen und im nationalen wie internationalen Netzwerk. Abgrenzung und Schlechtreden der jeweils anderen Disziplin ist dabei eher peinlich für die ganze Branche und wenig förderlich, wenn es eigentlich darum geht, dem Kunden dabei zu helfen, seinen Zielgruppen ein nahtlos durchdachtes und exekutiertes Markenerlebnis zu bieten.
Das Erfolgsgeheimnis einer zeitgemäßen Agentur besteht (neben der natürlich weiterhin unabdingbaren kreativen Exzellenz) darin, ein Netzwerk an Experten zur Verfügung zu stellen, das bei Bedarf versammelt und problemspezifisch orchestriert werden kann. Denn nur so kann sichergestellt werden, dass Bedürfnisse und Zusammenhänge unverfälscht analysiert werden, um dann gemeinsam Wege zu effizienten und effektiven Lösungen zu bereiten. Diese "Anschlussfähigkeit" fängt mit der Wertschätzung des jeweils anderen Akteurs und seines Beitrags für erfolgreiche Kommunikation an.
Serielle Inhalte können genauso wertvoll sein wie ein aufmerksamkeitsstarker Einzelmeister. Welcher Weg der richtige ist, muss im Einzelfall entschieden werden. Aber beide sind alleine im Wettbewerb um Aufmerksamkeit und Meinungsbildung nicht hinreichend. Markenführung von morgen muss in der Lage sein, agil, situativ und zielgruppenspezifisch orchestrieren zu können.
Gemeinsam Spielen bringt eh mehr Spaß und die Sandburg wird auch viel schöner.
Es würde mich wirklich wundern, wenn ein stets für Innovativität und Weiterentwicklung stehender Branchenprimus wie Jung von Matt sich tatsächlich diesen Entwicklungen verschließen und schon jetzt für die Zeit nach der prognostizierten Content-Apokalypse rüsten sollte. Bleiben wir gespannt.
Der Autor: Lars Cords ist Chief Content Officer und Partner der Agenturgruppe Scholz & Friends.