Gastbeitrag von Patrick Lynen:
Coolness-Countdown: So werden Sie gelassener
Gelassenheit im Job und Privatleben - wer hat das schon noch, wenn das Telefon klingelt, das Smartphone summt, der Chef ruft? Radiomacher und Coach Patrick Lynen hat Tipps, wie es dennoch klappt. Ein Gastbeitrag.
Fernsehen, Blattmachen, Werbung kreieren, eine gute Online-Dienstleistung abliefern – diese Jobs verlangen viel ab. Viele treten von morgens bis abends im Hamsterrad. Ruhe finden wir nur am Wochenende oder im Urlaub - oder vielleicht auch in der anstehenden Weihnachtszeit. Alltagsabläufe werden zunehmend effizienter, Firmenstruktur schlanker, alles soll immer noch schneller gehen. Leistung zu bringen, obwohl es immer stressiger wird – das ist ein Spagat, den man üben muss. Mehr Gelassenheit kann dabei helfen.
"How to get... Gelassenheit"
von Patrick Lynen*
Top 7: Weniger ist mehr. Mach einen Schritt zurück. Überleg nicht ständig, was du noch mehr machen kannst, um entspannter zu sein. Überleg stattdessen: Mache ich das, was ich tue, überhaupt richtig? Was kann ich daran noch vereinfachen, damit ich nicht ständig im Hamsterrad des Alltags laufe? Was kann ich daran noch klarer fassen, damit meine Botschaft besser verstanden wird. Maximierung durch Reduktion – sozusagen.
Top 6: Unternehmen werden ihre Geschäftsmodelle in Zukunft permanent verändern. Veränderung IST. Der Wandel ist die Konstante. Veränderungen zu vermeiden zu wollen ist eine Verschwendung von Zeit und Lebensenergie. Wer mit dieser Welt und ihrer Veränderung hadert, sorgt das für eine innere Reibung, die auf Dauer unzufrieden macht. Wer sich für eine flexible Lebensplanung entscheidet oder sie immer schon betrieben hat, wer gerne improvisiert und ausprobiert, wird damit besser klar kommen.
Top 5: Wenn der Boden wackelt, wenn Konflikte entstehen, wenn etwas fürchterlich schiefgeht, haben wir die Chance, tiefe Einsichten zu gewinnen. Wir werden dann vor eine Herausforderung gestellt. Das Leben gibt uns eine Aufgabe und wir dürfen sie bewältigen. Wenn wir in diesen Momenten erkennen, wie wir die Herausforderung für uns nutzen können, schaffen wir im Gehirn neue Verbindungen und Lernmuster. Lauf nicht davon, zieh dich nicht schmollend zurück, duck dich nicht weg. Die Reibungen in deinem Umfeld sind der Weg zu mehr Gelassenheit.
Top 4: Seit ein paar Jahren hab ich das Lächeln und Loslassen wieder zu einem wichtigen Wert in meinem Leben erklärt. Wenn ich mich mal wieder der Unfug des Alltags einholt, gelingt es mir oft, darüber zu lachen: Meine Nase legt sich in Falten, die Nasenlöcher weiten sich. Mein Kopf wird zurückgeworfen, die Augen schließen sich, der Körper schaukelt hin und her und mein "Lach"-Muskel spannt 15 Gesichtsmuskeln an. Das Zwerchfell hüpft und massiert mich von innen. Insgesamt kommt es dann zu einer besseren Durchblutung meiner Muskulatur und mein Körper schüttet schmerzlindernde Glückshormone aus. Mein Tipp: Stell dich bei Groll und Ärger mal vor einen Spiegel und lächle von innen heraus ein überzeugendes, ehrliches Lächeln. Überzeuge dein eigenes Spiegelbild! Atme dabei tief ein und aus. Tanze vor dem Spiegel, sing vor dich hin. Sei für ein paar Momente mal wieder völlig verrückt. Und dann frage ich dich: Kannst du in diesem Zustand unzufrieden, deprimiert, unglücklich oder gar sorgenvoll sein?
Top 3: Indem du dich dem Gedanken öffnest, dass jede Erfahrung ihren Wert hat, öffnest du dein Leben für Gelassenheit, Vergebung und Vertrauen. Nimm an, was war. Akzeptiere, was dich gerade herausfordert. Die Schmerzen und das Gefühl, dass sich unter dir der Boden öffnet, können ein ungeahntes Kreativ-Potential freisetzen. Meist entstehen Wachstum, Veränderung und Erkenntnis aus Momenten der Unzufriedenheit. Allein deine Einstellung entscheidet, ob du leidest oder wächst. Alles hat nur die Bedeutung, die du ihm gibst.
Top 2: Wer krampfhaft an Dingen von gestern oder morgen festhält, hat die Hände nicht frei, um sein Leben im HEUTE zu genießen. Das Wesentliche ist JETZT. Wenn wir jede einzelne Begegnung als die eigentliche Aufgabe begreifen, hechten wir nicht mehr mit hängender Zunge künftigen Dingen hinterher. Dann ist das JETZT die eigentliche Aufgabe, die deinem Herzen Erfüllung gibt. Dieser Gedanke macht, so finde ich, sehr friedvoll. Der Kopf hängt dann nicht mehr dauerhaft in der Zukunft oder der Vergangenheit.
Top 1: Im Zweifel – cool bleiben. Das ist mein Lebensmotto geworden. Denn oft kann ich die Rahmenbedingungen gar nicht ausreichend einschätzen und eine übereilte Reaktion könnte genau das Falsche bewirken.
In der Luftfahrt weiß man das schon länger. Einer meiner besten Kumpels ist Pilot bei einer großen deutschen Airline. Cool bleiben ist das A&O für Flieger, sagt Cyrus. Und so sitzen die Piloten in der Ausbildung stundenlang in ihrem Simulator und üben, seelenruhig die richtige Entscheidung treffen. Statt wild und panisch auf einen Impuls zu reagieren und das Höhenruder hochzureißen, trainieren sie, zunächst einmal NICHTS zu machen und die Situation zu analysieren. Nur so sind sie nach einer Reihe von simulierten Zwischenfällen in der Lage, reale Krisen aus dem Stegreif gelassen zu bewältigen. Im Zweifel – einfach cool bleiben.
Mehr Gedanken und Impulse hat Patrick Lynen in seinem neuen Buch "How to get... Gelassenheit" im Koha Verlag hinterlassen – samt Illustrationen von Reiner Bergmann.
* Patrick Lynen war bis 2011 bei HR1 zu hören. Davor war der passionierte Radiomacher, Coach und Referent unter anderem bei SWR3, WDR oder RTL Radio im Einsatz. Auch für die "Harald Schmidt Show” hat er geschrieben, als Werbesprecher große Marken wie Coca-Cola oder Opel vertont und den Lockvogel bei "Verstehen Sie Spaß?“ gegeben. Wer die geschulte Radiostimme Lynens lieber hören will - seine Tipps zu mehr Gelassenheit hat er kürzlich in der Bayern3-Talk-Reihe "Mensch, Otto!" vorgestellt. Hier der Podcast.