Finanzierungsprobleme:
Das Washingtoner Newseum ist Geschichte
Ende Dezember musste das wohl weltweit größte Museum zum Thema Journalismus schließen. Dies ist vor allem auf die grotesk übersteigerten Ambitionen der Macher zurückzuführen.
Mitten in der Krise der traditionellen Nachrichtenmedien hat das Newseum in Washington D.C., das wohl weltweit größte Museum zum Thema Journalismus, seine Pforten geschlossen. Trotz eines happigen Eintrittspreises von 25 Dollar hat es Jahr für Jahr Verluste eingefahren – in besseren Jahren "lediglich" 7 Millionen, in schlechteren sogar über 30 Millionen Dollar.
Wie der Betreiber und Hauptfinanzier des Museums, die US-Vereinigung für Rede- und Pressefreiheit Freedom Forum, Ende des Jahres in einem Post auf der Museums-Website mitteilte, war ein weiterer Betrieb "finanziell nicht länger aufrechtzuerhalten".
Nach seiner Gründung, in der Zeit zwischen 1997 und 2002, war das Newseum in Rosslyn/Virginia beheimatet, nur wenige Gehminuten vom Washingtoner Zentrum entfernt. Selbstgestecktes Ziel der Museumsmacher war es, die Freiheiten des ersten Zusatzartikels zur Verfassung der Vereinigten Staaten ("First Amendment") zu fördern und zu unterstützen. Hierzu zählen unter anderem die Rede-, Presse- und Religionsfreiheit.
Dann jedoch wollten die Museumsverantwortlichen richtig klotzen. So sicherten sie sich ein Grundstück an der Pennsylvania Avenue in Washington D.C. zwischen dem Weißen Haus und dem Capitol und ließen ein Museumsgebäude mit einer Ausstellungsfläche von 23.000 Quadratmetern errichten, eine "Kathedrale des Journalismus" mit 15 Galerien und 15 Vortrags- und Kinoräumen.
Der Preis des Neubaus: rund 450 Millionen Dollar. Gezeigt wurden in den Ausstellungsräumen unter anderem das größte Stück der Berliner Mauer außerhalb Deutschlands, eine Stahltür vom Einbruch in das Watergate Hotel, eine über 100 Meter hohe Antenne des 2001 zerstörten World Trade Center sowie in der News History Gallery historische Zeitungsausgaben aus fast 500 Jahren.
"Ein sehr ehrgeiziges, visionäres Projekt"
"Wir haben im großen Stil geplant", erklärte Newseum-Chairman Peter Prichard selbstkritisch auf der letzten öffentlichen Veranstaltung des Museums. "Wir wollten eine Wirkung erzielen. Deshalb war es ein sehr ehrgeiziges, visionäres Projekt. Unglücklicherweise hat es sich auch als sehr teuer erwiesen, im Laufe der Zeit als zu teuer für das Freedom Forum als Hauptfinanzier." Inzwischen wurde das Gebäude für rund 370 Millionen Dollar an die Johns Hopkins University verkauft. "Wir hoffen, dass wir einen passenden Standort als nächsten Sitz für das Newseum finden", heißt es in dem Abschieds-Post des Museums. "Aber dieser Prozess braucht Zeit."
Zur Eröffnung des Newseum-Neubaus im April 2008 hatte der US-Comedian Stephen Colbert eine Video-Botschaft an das dort versammelte Event-Publikum geschickt: "Da habt Ihr Euch selbst angeschmiert, liebe Journalisten“, spottete Colbert. „Wenn etwas in Museen landet, dann sind es die Dinge, die sonst nicht mehr gebraucht werden."
In den vergangenen 15 Jahren sind mehr als 1800 US-Zeitungen eingestellt worden. Waren 2008 in der US-Zeitungsbranche noch rund 71.000 Mitarbeiter in den Newsrooms beschäftigt, ist ihre Zahl inzwischen auf unter 38.000 gesunken – ein Minus von 47 Prozent.