"Wir sehen ganz viel Bewegung im Thema Online-Medien. Der Markt ist viel spannender, als er das die letzten Jahre war", sagt Baumann. "Gleichzeitig stellt uns das als T-Online vor eine massive Herausforderung: Wir haben zwar eine sehr stabile Kundenbasis, aber auch wir müssen etwas tun, um neue Zielgruppen zu erreichen und dort relevante Reichweiten zu erzielen." Das heißt für ihn, dass Redakteure künftig eine ganzheitliche Marketing-Kompetenz brauchen: "Neben das Schreiben rücken Technologie- und Zielgruppen-Knowhow, SEO- und Social-Media-Fähigkeiten."

Hierzu soll Desired Erfahrungen für die Telekom sammeln. Gleichzeitig entsteht mit der Site ein Anlaufpunkt für eine konkrete Zielgruppe. Ein Kristallisationspunkt für modeinteressierte Frauen. Denn "Kristallisationspunkte" und Stellen, die Identifikation schaffen, besitzt die Telekom zu wenig. Auch für Werbekunden bietet eine separate Präsenz andere Möglichkeiten als eine Seite, die im Raster eines großen Themenportals gestaltet ist. "Wir haben uns zusammen mit InteractiveMedia Gedanken darüber gemacht, mit welchen Mitteln wir dem Printsegment Werbekunden abspenstig machen können", sagt Baumann. Ergebnis der Überlegungen waren opulente Bildformate, die zum Start Werbekunden wie Bulgari oder Escada buchen. In Formaten, die auf einer T-Online so nicht umsetzbar wären.  Neben die Werbeeinnahmen tritt als zweite Einnahmequelle Editorial Commerce: Im Rahmen einer Kooperation mit der Shopping-Community Edelight sollen die Bloggerinnen bei passenden Artikeln auch gleich entsprechende Produkte verlinken.

Desired.de wird nicht der letzte Mosaikstein sein, aus dem sich die Telekom ihr Bild von der Zukunft der Online-Medien zusammensetzt. Die kleinen Projekte haben den Vorteil, dass sie sich schnell aufsetzen lassen und weitaus dynamischer agieren können als große Plattformen. Eine T-Online kann die Telekom so wenig radikal umbauen wie RTL seine Programmstruktur ändern kann.  Das wäre auch gar nicht sinnvoll – es geht um neue Zielgruppen und Reichweiten, nicht die Bestandsnutzer. Die kleinen Projekte sind ein vernünftiger Ansatz, mit dem umzugehen, was für die Telekom Fluch und Segen zugleich ist: Ihre Größe. "Wir können diese Größe in die Schale werfen, um Partner zu gewinnen und Dinge anzuschieben", sagt Baumann. "Gleichzeitig bedeutet das aber auch, dass Dinge, damit sie einen bemerkbaren Effekt haben, eine ziemliche Größe erreichen müssen." Sicher wird die Telekom dieses Jahr auch noch weitere Steine ins Wasser werfen, um zu sehen, ob sie ausreichende Wellen schlagen.


Autor: Ralph-Bernhard Pfister

Ralph Pfister ist Koordinator am Desk der W&V. Wenn er nicht gerade koordiniert, schreibt er hauptsächlich über digitales Marketing, digitale Themen und Branchen wie Telekommunikation und Unterhaltungselektronik. Sein Kaffeekonsum lässt sich nur in industriellen Mengen fassen. Für seine Bücher- und Comicbestände gilt das noch nicht ganz – aber er arbeitet dran.