Vom Live-Tracking, das kleinere Post-Wettbewerber wie DPD und GLS bereits anbieten, sollen nicht nur die Kunden profitieren: Der Empfänger kann sich besser auf die Zustellung einstellen oder dem Zusteller ein Paket für den Versand mitgeben. Und für den DHL-Boten steigt die Wahrscheinlichkeit, dass er den Empfänger schon im ersten Anlauf antrifft und sich das Ausfüllen einer Benachrichtigungskarte oder weitere Zustellversuche sparen kann. "Das rechnet sich auch für uns", sagte Konzernvorstand Meyer. "Die Effizienz wird erhöht." Experten gehen davon, dass rund die Hälfte des finanziellen Aufwandes in der Logistik-Kette auf der "letzten Meile" entsteht.

Post-Kunden, die selten zu Hause anzutreffen sind, weichen oft auch auf Packstationen aus, in den die Sendungen zwischengelagert werden und dort in der Regel rund um die Uhr abgeholt werden können. Die Deutsche Post DHL will das bestehende Netz aus rund 4500 Automaten bis 2021 auf 7000 Packstationen ausbauen. Außerdem führt DHL eine neue Variante der Packstation ("Post & Paket 24/7") ein, die mit einer Videochat-Funktion ausgestattet ist, um die Kunden beraten zu können. Die neue Packstation-Variante soll gerade auf dem Land das Angebot einer kleinen Postfiliale bieten.

Briefe mit Matrixcode

Die Digitalisierung soll aber nicht nur die Paket-Zustellung optimieren, sondern auch den Brief-Sektor der Post umwälzen. So will die Post im kommenden Jahr eine Sendungsverfolgung im Internet für gewöhnliche Briefe ermöglichen. Dazu sollen Briefmarken eingeführt werden, die mit einer Seriennummer in Form einer viereckigen Klötzchengrafik ("Matrixcode") versehen sind. Das Tracking der Briefe mit Matrixcode erfasst allerdings nur die Abgangs- und Eingangssortierung. Wer genau wissen will, wann ein Brief beim Empfänger angekommen ist, muss ein Einschreiben oder eine Expresssendung wählen. Die Post schützt sich mit der neuartigen Briefmarke auch gegen Fälschungen und unerlaubte Wiederverwendungen von Postwertzeichen.

Wer keine Briefmarke zur Hand hat, soll künftig auch ohne Aufpreis die Sendung mit dem Handy frankieren können. Dabei generiert eine App einen mehrstelligen alphanumerischen Code, der dann rechts oben auf den Brief oder die Postkarte geschrieben wird. Dieser Code wird von Kameras in den Sortieranlagen der Post erfasst und dann ausgewertet.

Um die Digitalisierung der Briefsparte voranzutreiben, kooperiert die Deutsche Post DHL Group auch mit dem Internet-Konzern 1&1 (GMX und Web.de). Zum einen können Inhaber eines E-Mail-Kontos bei GMX und Web.de sich ab "Sommer 2020" auf Wunsch vorab informieren lassen, dass in Kürze ein Brief eintreffen wird. Dazu fotografiert die Post den Umschlag und leitet das Bild vorab an die Kunden weiter. Man sei im Prinzip auch bereit, mit anderen E-Mail-Anbietern zu kooperieren, sagte Post-Manager Meyer. Dabei müsse aber sichergestellt werden, dass die notwendigen Datenschutzstandards eingehalten werden. Später will die Post auch die Inhalte von ausgewählten Sendungen erfassen können und als digitale Kopie bereitstellen.

Harter Konkurrenzkampf in der Logistikbranche

Mit der Digitalisierungsstrategie versucht sich die Deutsche Post DHL im harten Konkurrenzkampf in der Logistikbranche zu behaupten. Wettbewerber wie Hermes und DPD mischen kräftig mit, im Expressgeschäft sind Fedex und UPS harte Konkurrenten. Kopfschmerzen bereitet den Firmen der Arbeitsmarkt - die Branche sucht händeringend nach Zustellern. Zudem nimmt der Großkunde Amazon inzwischen die Zustellung auch in die eigene Hand, teilweise mit eigenen Fahrern.

Die Deutsche Post DHL Group beschäftigt im Post- und Paketbereich rund 200 000 Mitarbeiter. Ein DHL-Zusteller verdient nach Angaben des Unternehmens rund 18 Euro pro Stunde brutto.