
Gastbeitrag von Valentina Piol:
Die 5 häufigsten Fraud-Methoden im Affiliate Marketing - und was man dagegen tun kann
Selbst die gängigsten Fraud-Methoden werden in den AGB der führenden Affiliate-Netzwerke oft nicht ausdrücklich verboten. Bei der Betrugsbekämpfung kommt daher den Agenturen eine Schlüsselrolle zu.

Foto: Metapeople
Affiliate Marketing gehört zu den beliebtesten und erfolgreichsten Maßnahmen im weiten Feld des Online-Marketings. Laut Bundesverband Digitale Wirtschaft geht heute mehr als jeder sechste im Online-Handel umgesetzte Euro auf das Provisionsgeschäft zurück. Doch wo Geld verdient werden kann, sind Betrüger nicht weit. Im W&V-Gastbeitrag beschreibt Valentina Piol, Head of Affiliate Marketing bei Metapeople, die häufigsten Fraud-Methoden und wie man sich erfolgreich vor Manipulationen schützen kann.
Von Valentina Piol
Auch im Affiliate Marketing gibt es Marktteilnehmer, die – zuweilen durchaus erfolgreich – versuchen, ohne eine Gegenleistung an die begehrten Provisionen heranzukommen. Die folgenden Betrugsmaschen sind besonders verbreitet:
1. Ad Hijacking und ähnliche Methoden
Beim Brand Bidding besetzen Publisher in Suchmaschinen Brand-Keywords der Advertiser, oft in Kombination mit Keywords wie „Gutschein“ oder „Rabatt“, auch wenn dies teils explizit in AGBs verboten wird. Ihr Ziel ist, möglichst viel Traffic auf ihre Portale zu bekommen und Sales für die Advertiser zu generieren. In der verschärften Version, dem Ad Hijacking, werden sogar Anzeigen des Advertisers nachgebaut, in den Suchmaschinen geschaltet und beim Bidding höhere Gebote als vom Advertiser abgegeben. Der Endkunde bemerkt bei diesem Verfahren nicht, dass es sich um eine Anzeige eines Dritten handelt. Es findet keine Weiterleitung auf die Affiliate-Seite statt, auf der eine Werbeleistung erfolgt, sondern eine direkte Weiterleitung zur Advertiser-Seite. So können die Original-Anzeigen verdrängt und zusätzliche Provisionen generiert werden, weil ein Affiliate Cookie beim Klick auf die Affiliate-Anzeige gesetzt wurde. In beiden Fällen hat dies zur Folge, dass die PPC-Kosten (Pay per Click) für den Advertiser steigen.
2. Künstliches Erzeugen von Klicks
Cookie Dropping oder auch Cookie Stuffing steht für das künstliche Erzeugen von Klicks, ohne eine aktive Handlung des Users, um so Cookies setzen zu können. Üblicherweise werden beim Affiliate Marketing Cookies mit entsprechendem Code erst dann beim User gesetzt, wenn er auf einen Affiliate-Link geklickt hat. Beim Cookie Dropping wird ein Klick durch ein Programm oder einen HTMLTag erzeugt. Eine andere Möglichkeit besteht darin, ein iframe als Bilddatei mit minimaler Pixelgröße in den Quellcode der Website einzufügen. Bei dieser Methode profitiert der Affiliate dadurch, dass ihm ein Sale gutgeschrieben wird, ohne dass der User diesen Affiliate wahrgenommen haben muss oder eine tatsächliche Werbeleistung erfolgt ist.
3. Verdeckte Cookie-Platzierung in Toolbars
Toolbars können im User-Browser von diesem gewollt oder ungewollt installiert werden. Neben dem durchaus gewünschten Nutzen von Toolbars, können diese aber ebenfalls zur verdeckten Platzierung von ungerechtfertigten Affiliate Cookies genutzt werden.
4. Typosquatting
Typosquatting bedeutet, dass Affiliates Tippfehler-Domains registrieren und User, die versehentlich auf diesen landen, sofort auf die Advertiser-Websites weiterleiten. Hier profitiert der Affiliate davon, dass der Advertiser diese Domains nicht geschützt oder die Nutzung solcher Domains ausgeschlossen hat. Ohne eigene Werbeleistung setzt der Affiliate hier einen Cookie.
5. Gefakte Kundendaten
Gefakte Kundendaten werden insbesondere genutzt, wenn es dem Advertiser um Lead-Generierung geht – also um das Sammeln von Daten. Der Affiliate gibt hier Fake-Daten ein und spekuliert darauf, dass beim Advertiser kein gründlicher Datenabgleich vorgenommen wird.
Dem Betrug einen Riegel vorschieben: Wie sich Fraud vermeiden lässt
Die Verantwortung für die Fraud-Vermeidung liegt nicht bei einzelnen, am Affiliate-Programm Beteiligten. Vielmehr sollten alle Akteure, also Netzwerke, Advertiser, Publisher und Agenturen zusammenarbeiten, um Fraud zu bekämpfen. Den Agenturen kommt dabei eine Sonderrolle zu, da sie eine wichtige Schnittstellenfunktion einnehmen und daher in alle Richtungen beratend und prüfend einwirken können. Agenturen, deren Anspruch es ist, das Problem effektiv und im Sinne ihrer Kunden anzugehen, müssen die Key Performance Indicators (KPIs) stets im Blick haben, um jegliche Auffälligkeiten zu registrieren und analysieren zu können.
Außerdem müssen die AGB der agenturseitig eingesetzten Programme jederzeit auf dem neuesten Stand und an aktuelle Entwicklungen angepasst sein. Dadurch lässt sich das Fraud-Risiko von vornerein minimieren. Das Gleiche sollte für die eingesetzten Netzwerke gelten. Doch ist bei einem Blick auf die AGB der Netzwerke auffällig, dass die führenden Anbieter, beispielsweise Affilinet, Awin und Tradedoubler die oben beschriebenen Fraud-Methoden teilweise nicht explizit verbieten. Zudem unterscheiden sich die AGB mehr oder weniger stark voneinander – was das eine Netzwerk klar untersagt, wird bei anderen nicht einmal erwähnt und umgekehrt. AGB-Lücken gibt es bei allen Anbietern.
Validierung der Publisher-Daten
Eine weitere Aufgabe, die neben der ständigen Überprüfung der AGB anfällt, ist die Validierung der angegebenen
Publisher-Daten. Nicht nur die entsprechenden Netzwerke stehen hier in der Pflicht, auch Advertiser und Agenturen sollten die Angaben des Affiliates vor der Freischaltung kontrollieren. Zu diesen Kontrollen gehören auch so simple Dinge wie die Überprüfung, ob es die angemeldete Seite mit dem angegebenen Inhalt und einem einwandfreien Impressum überhaupt gibt. Genauso sollten Bankdaten überprüft werden – häufig ergeben sich hier Verdachtsmomente, wie zum Beispiel ein Nummernkonto bei einer unseriösen Bank, die erste Hinweise auf Fraud geben.
Fortlaufende und automatisierte Kontrollen
Ein wichtiger Punkt bei der Vermeidung von Affiliate-Fraud ist ein gewissenhafter Sales-Abgleich. Die Transaktionsvalidierung muss seitens des Advertisers regelmäßig und sorgfältig vorgenommen werden. Dies kann
teils agenturseitig unterstützt werden. Dabei soll festgestellt werden, ob die vermittelten Sales und die entsprechenden Umsätze tatsächlich realisiert wurden. Dieses kann anhand von IDs geschehen, die jedem einzelnen Sale zugeordnet werden. Dabei müssen auch Zahlungs- und Widerrufsfristen berücksichtigt werden. Schon vor der Auszahlung sollte auch überprüft werden, ob der generierte Traffic überhaupt zu den Provisionen passen kann – extrem hohe Click-Through- oder auch Conversion-Raten sind mögliche Anzeichen von Affiliate Fraud. IP-Blöcke (IP Gleichheit, etc.) müssen ebenso überwacht werden, wie die Hinterlegung von Referrern in Accounts, um Cookie Dropping auf die Spur zu kommen. Diese Kontrollen sollten automatisiert und fortlaufend vorgenommen werden, um Advertiser vor unseriösen Publishern zu schützen.
Tools zum Aufspüren von Affiliate-Betrügern
Ganz allgemein sollten Netzwerke und Programmanbieter ein Daily Fraud Scoring mittels Tools und Reportings durchführen, zu dem auch Plausibilitätschecks gehören – zum Beispiel, ob Seite, Sale, Conversion
Rate und Land überhaupt zusammenpassen. Die großen Netzwerke verfügen durchaus über die gerade beschriebenen Sicherheitsmechanismen, doch können sich Advertiser oder Agenturen auch selbst helfen. Neben den eigenen umfassenden AGB gibt es eine Reihe an kostenlosen Tools. Beispielsweise SeeRobot
als Firefox- beziehungsweise Chrome-Plugin zur Überprüfung, wie Publisher-Seiten bei Suchmaschinen gelistet
sind. Oder SimilarWeb zur Abschätzung der Reichweite unbekannter Seiten. Zur Vermeidung von
Brand Bidding/Ad Hijacking bieten sich Xamine, AdPolice oder Brand Verity an, die allerdings nicht kostenlos
sind. AdPolice geht auch das Thema Typosquatting an. Gegen Cookie Dropping helfen die kostenlosen Tools
Ghostery und Cookie Manager+, mit denen erkennbar wird, welche Cookies gesetzt werden und welche
Conversion-Tracker auf Seiten implementiert sind. Gegen Fake-Transactions verspricht das Berliner Start-up
Fraugster Abhilfe, allerdings werden hier bisher nur monetäre Transaktionen überwacht. Weitere hilfreiche
Tools gegen Fake-Transactions sind Trustev und vor allem SAS. Dieses Drittprogramm bietet Echtzeitauswertungen
auf Basis „lernender“ Algorithmen und kann Bestellungen durch Scorewerte qualifizieren.
Agenturen bieten ebenfalls Werkzeuge an
Führende Agenturen entwickeln eigene Überwachungstools, um diese ihren Advertisern zur Verfügung zu stellen. Wie zum Beispiel unser Tool bei Metapeople - mit dem Namen Brandcontrol. Das Tool ermöglicht es, Anzeigen zu reporten, bei denen die eigene Brand als Keyword gebucht wird oder in der Anzeige erscheint. Auf diese Weise können Tracking-Links aufgespürt, dubiose Aktivitäten identifiziert und in letzter Konsequenz auch Auszahlungen gestoppt werden – sogar über Ländergrenzen hinweg. Aber auch jenseits externer Tools können Advertiser und ihre Agenturen aktiv werden. So sollte beispielsweise unbedingt eine Cookie-Weiche eingerichtet werden, insbesondere beim Einsatz über mehrere Online-Marketing-Kanäle und Affiliate-Netzwerke hinweg.
Ohne gesunder Menschenverstand kein effektiver Schutz
Dass es gerade beim Affiliate Marketing eine Vielzahl von Betrugsmöglichkeiten gibt, lässt sich nicht bestreiten, doch die Zeiten des ‚Wilden Westens‘ sind definitiv vorbei. Ein besonders wichtiger Faktor bei der Fraud-Erkennung ist und bleibt neben AGB und Tools der gesunde Menschenverstand. Wer beim täglichen Umgang mit den Partnerprogrammen die Augen aufhält, Sales-Daten ordentlich abgleicht, Abweichungen aufmerksam registriert und obendrein entsprechende Tools einsetzt, kommt Manipulationen schnell auf die Schliche.
Zudem entwickeln sich parallel zu neuen Fraud-Arten auch neue Möglichkeiten, diese aufzudecken. Hier können neue Technologien in Zukunft eine entscheidende Rolle einnehmen. So könnte die Blockchain-Technologie als zentrale Datenbank völlig neue Überwachungsmöglichkeiten erschließen. Außerdem beschäftigen sich Experten derzeit mit Ansätzen, die mit Künstlicher Intelligenz arbeiten sowie Alert-Systemen zur Erkennung von statistischen Schwankungen – spannende Entwicklungen, die man aufmerksam verfolgen sollte.