Wie hoch ist der aktuelle Wert der Marke FC Bayern München?

In "Brand Finance" wird der Markenwert des FC Bayern mit 860 Millionen US-Dollar bewertet. Eine Studie von Forbes vom April 2013 bewertet den FC Bayern Markenwert mit 1.3 Milliarden US-Dollar. Wir sollten die Studie im nächsten Jahr abwarten, um zu sehen, welchen Effekt das Triple hatte. Wir erwarten natürlich noch eine deutliche Steigerung.

Es könnte im nächsten Jahr aber noch ein anderer, negativer Effekt greifen. Der anstehende Prozess von Uli Honeß. Die Staatsanwaltschaft München hat gerade Anklage erhoben.

In keinster Art und Weise. Unsere Mannschaft hat das Triple gewonnen und was den Umsatz betrifft, können wir ein neues Rekordjahr vermelden. Auch die Akquise von neuen Partnern verläuft weiterhin positiv.

Hoeneß gilt ja wie kein anderer als Vater der Marke FC Bayern München. Wie würden Sie denn die verschiedenen Phasen der Markenbildung des FCB in den vergangenen Jahren beschreiben?

Phasen würde ich nicht unbedingt sagen, denn der Markenaufbau setzt sich aus verschiedenen Teilen zusammen: der sportliche Erfolg, das seriöse wirtschaftliche Handeln und der Markenauftritt, den wir zusammen mit unseren Partnern und Sponsoren betreiben, den aber auch die führenden Köpfe des Vereins vertreten. All das zahlt auf die Marke ein.

Was muss als nächstes kommen?

Die Herausforderung der letzten und kommenden Jahre ist es, unsere Botschaften auch international zu erzählen. Sicherlich ist und bleibt der Deutsche Markt für uns das Kerngeschäft und auch für unsere Partner das Hauptaugenmerk. Aber unsere Partner wie zum Beispiel Adidas und Audi sind ja sehr international ausgerichtet und haben natürlich ein Interesse, die Kommunikationsplattform FC Bayern international zu nutzen.

Was bedeutet das konkret?

Wir, aber auch unsere Partner, merken, dass das Interesse am FC Bayern im Ausland immens gestiegen ist. In Europa und auch in Asien, was unsere letzte China Reise eindrucksvoll gezeigt hat und uns die Zahlen aus den sozialen Netzwerken bestätigen. Diese Potentiale müssen wir natürlich nutzen und für diese Fans wollen wir auch in ihren heimischen Märkten präsenter werden.

Wir haben mit Jörg Wacker einen neuen Kollegen im Vorstand, der sich dieser internationalen Zielen annimmt. Dies zeigt die Bedeutung die die internationalen Märkte in Zukunft für uns haben werden.

Es soll ja schon Vereine gegeben haben, die gezielt einen Spieler aus einem interessanten Auslandsmarkt engagiert haben. Wäre das für Sie auch eine Möglichkeit – selbst wenn er dann hochbezahlt auf der Ersatzbank schmort?

Die Verpflichtung eines Spielers ist immer eine rein sportliche Entscheidung und muss ins sportliche Konzept passen. Aus Vermarktungssicht haben wir natürlich nichts dagegen, wenn der Spieler aus einem interessanten Zielmarkt kommt.   

Wie viele Trikots verkaufen Sie denn aktuell?

Das sind unglaubliche Zahlen mit riesigen Steigerungsraten. Die Nachfrage kann man wohl nur noch mit dem Wort Hype definieren. Wir kommen auf mehr als eine Million pro Jahr. Hier sehen wir übrigens neben dem Hauptmarkt Deutschland auch international enormes Potential.

Welcher Spieler zieht am besten?

Das ist das Tolle am FC Bayern: Wir haben keinen Spieler, der alle anderen überstrahlt, sondern mehrere Top-Seller. Schweinsteiger, Müller, Ribery, Alaba, Shaqiri, Martinez – alle sind etwa auf dem gleichen Level und nur Nuancen voneinander entfernt. Und wir haben noch nie so viele Torwart-Trikots verkauft, wie jetzt die von Manuel Neuer.

Was unterscheidet eigentlich einen Fußballverein von einer klassischen Produkt-Marke wie Coca Cola? 

Das Besondere an einer Marke im Sport ist, dass sie stark von der Emotionalität gesteuert wird. Bei einer klassischen Produktmarke können Sie ein Produkt planen, das Marketing, die Kommunikation und den Vertrieb mit unzähligen Stellschrauben justieren. Im Fußball wird die Marke bei jedem Spiel neu auf den Prüfstand gestellt – davon profitieren auch unsere Partner. Das Wichtigste: Unser Produkt hat 22 Beine und läuft auf dem Rasen. Es lebt und hat Emotionen.

Emotionen und Eigendynamik hat auch jeder einzelne Spieler. Zuletzt hat das Mario Götze gezeigt, als er zu seiner Vorstellung beim FC Bayern in einem Nike-T-Shirt erschienen ist.

Da standen die persönlichen Interessen im Widerspruch zum Verein. Da haben wir intern eine Lösung gefunden.

Wie sieht den generell die Abgrenzung zwischen Marken- und Vermarktungsinteressen des Vereins und der Spieler aus?

Die Fußballer selbst sind natürlich Persönlichkeiten und werden durch ihr Management zu eigenen Marken aufgebaut und vermarktet. Das ist auch legitim und Teil des Geschäfts. Ich bin aber überzeugt, dass die Marke des FC Bayern immer stärker ist als der einzelne Spieler – und außerdem dürfen die Eigeninteressen nie in Konkurrenz stehen zu den Interessen des Clubs. Am Ende des Tages ist eines klar: Der Arbeitgeber des Spieler ist der FC Bayern. Alle persönlichen Partner der Spieler benötigen die Zustimmung des Clubs und dürfen nicht mit anderen Partnern des Clubs im Wettbewerb stehen. Das ist auch  so im Arbeitsvertrag geregelt.

Also klare Verhältnisse...

Wir sehen die Verbindung zwischen Spieler und Club eher als eine Symbiose. Wir konkurrieren nicht mit den Spielern. Der Spieler profitiert von einem starken Klub bei dem er spielt und Erfolge feiern kann. Ohne Klub geht es nicht.

Der FC Bayern setzt ja bei der Kommunikation nicht mehr nur auf "Bild", "BamS" und "Glotze", sondern auch auf eigene Medien. Wie wichtig ist die direkte Kommunikation mit den Fans?

Unsere clubeigenen Medien sind für uns ein festes Standbein in der Markenstrategie. Und ja, da sind wir schon sehr stark. Unser FCB TV haben wir inzwischen schon in 85 Länder verkauft. Neben unseren täglichen FCB News produzieren wir ein TV-Magazin mit wöchentlich drei Stunden, in die wir auch die Produkte unserer Partner integrieren. Die Sender geben uns eine Ausstrahlungsgarantie.

Wie werden Produkte der Partner integriert?

Durch Einbindung und Nutzung der Produkte unserer Partner in die Berichterstattung werden diese integriert, ohne dass es sich um plakative Werbung handelt.

Wie wichtig sind die sozialen Medien?

Sehr wichtig. Wir haben erkannt, dass sich die Fans immer individueller und auf verschiedenen Wegen abseits der traditionellen Medien über ihren FC Bayern informieren möchten. Das versuchen wir auf verschiedenen Kanälen zu bedienen. Wir haben ja mit MyFCB eine eigene soziale Plattform und sind auf Google Plus, Twitter, Instagram, Facebook und weiteren sozialen Netzwerken vertreten. Allein in China haben wir in den sozialen Netzwerken Sina und Tencent weibo mittlerweile überzwei MillionenUser. Die Zahlen sind nach unserer Chinareise im letzten Jahr enorm gestiegen.

Hört sich nach sehr viel Aufwand an. Wie viele Mitarbeiter kümmern sich um diese ganzen Medien-Angebote?

Wir haben in München eine eigene Redaktion von 15 Leuten, die aktuell auch Internetauftritte in den Sprachen Englisch, Spanisch, Arabisch, Chinesisch, Russisch und Japanisch betreut. Außerdem arbeiten wir mit Agenturen und Partnern vor Ort zusammen.

Also Werbung auf allen Kanälen?

Nein, denn so etwas muss sehr sensibel aufgebaut werden. Wir haben hier unsere Learnings im Umgang mit den Fans gemacht und sind jetzt auf einem sehr guten Weg, der unseren Partnern hilft ihre Botschaften zu verbreiten, ohne bei den Fans auf Reaktanz zu stoßen.

Vor allem aber müssen wir die soziale Kommunikation immer auf das jeweilige Land anpassen. In China zum Beispiel funktioniert Social Media nicht wie bei uns, das Userverhalten ist komplett anders. Das ist auch für uns ein Lernprozess.

Was ist eigentlich, wenn der FC Bayern plötzlich eine sportliche Talfahrt erleben sollte. Bricht dann das ganze Konstrukt zusammen?

Der sportliche Erfolg ist für unsere Marke ein ganz wesentlicher Einflussfaktor. Hier haben wir das Glück, dass es uns über die letzten Jahrzehnte gelungen ist, diesen sportlichen Erfolg immer wieder zu bestätigen und zu wiederholen. Das haben nur ganz wenige Clubs geschafft – und noch weniger Clubs konnten dies realisieren ohne Schulden zu machen. Hier steht der FC Bayern ziemlich allein da. Ich bin also überzeugt: Die Stärke der Marke ist so groß, dass die Bedeutung auch in einem Jahr ohne Titel nicht signifikant abnimmt

Lieber Herr Jung, vielen Dank für das Gespräch.


Autor: Karsten Lohmeyer

ist eine der bekanntesten Stimmen der deutschen Content-Marketing-Szene. Der DJS-Absolvent war lange als Journalist tätig und wurde als Lousy-Pennies-Blogger bekannt, bevor er für die Deutsche Telekom eine Content-Marketing-Agentur mit aufbaute. Er bewies schlechtes Timing, als er ausgerechnet im März 2020 eine neue Content-Marketing-Agentur gründete und anschließend durch die Corona-Krise auf der indonesischen Ferieninsel Bali strandete, wo seine Familie lebt.