
ZMG-Studie:
Die Zeitung bleibt beliebt - aber nicht bei allen
Laut der brancheneigenen Zeitungs Marketing Gesellschaft bleibt die Zeitung DAS Info-Medium. Ein zweite Studie liefert ein differenziertes Bild...
Trotz des vieldiskutierten Printsterbens, das durch Negativschlagzeilen à la "FTD"-Aus oder "FR"-Insolvenz immer wieder Aufwind bekommt, bleibt die Zeitung in Deutschland das zentrale Informationsmedium. Zu diesem Schluss kommt die Basisstudie "Zeitungsqualitäten" der Zeitungs Marketing Gesellschaft (ZMG). Demnach greifen 71 Prozent der Bundesbürger regelmäßig zur gedruckten Zeitung. Der elften ZMG-Studie zufolge nutzen etwa 49,8 Millionen Deutsche ab 14 Jahren Printmedien als Informationsquelle. Mit der Lektüre befassen sie sich im Durchschnitt 40 Minuten pro Tag, vier Minuten mehr wenden sie für die Samstagsausgabe auf. Mindestens die Hälfte aller Seiten finden bei 82 Prozent der Leser Beachtung. Der Großteil (75 Prozent) legt Wert darauf, bereits möglichst früh am Tag informiert zu sein.
In der regionalen Berichterstattung zeigt sich laut Studie eine der größten Stärken der Zeitung, rund 90 Prozent beschäftigen sich mit dem Lokalteil, den sie als eine Art "Sprachrohr in der Region" verstehen. Wenn es um die Orientierung am eigenen Wohnort geht, so empfinden 69 Prozent der Leser die gedruckte Zeitung als unverzichtbar, zusätzliche 16 Prozent bezeichnen sie als sinnvoll.
Doch schon lange geht die Nutzung über die Printausgaben hinaus: "Auch auf den digitalen Kanälen setzen die Leser auf die vertrauten Zeitungsmarken", so Forschungsleiter Alexander Potgeter. Den knapp 50 Millionen Printlesern stehen 27,7 Millionen Unique User gegenüber, die monatlich auf das Gesamtangebot der Zeitungen im Netz zurückgreifen. Die Verbraucheranalyse deckt ebenfall die crossmediale Nettoreichweite ab, sie beträgt 79,3 Prozent. Demnach nutzen 10,5 Millionen Leser zusätzlich zu ihrer Printlektüre die Online-Angebote der Zeitungen. Die Broschüre "Zeitungsqualitäten" kann unter sek@zmg.de als PDF-Datei angefordert werden.
Eine zeitgleich erschienene Befragung zeigt aber auch, dass gerade das Viel-Surfen den Umgang mit der gedruckten Zeitung massiv verändert. 38 Prozent der deutschen Internetuser lesen aktuell weniger Zeitung als noch vor fünf Jahren, weiß die Spectos GmbH, Institut für Qualitätsmonitoring. Über ihr Online-Feedbacktool Feedbackstr hat das Dresdner Unternehmen diesen Monat 1.725 Web-Surfer nach ihrem Medienkonsum befragt. Als Hauptgrund für die sinkende Zeitungsnutzung nennen knapp 40 Prozent das Internet und die Möglichkeit, hier kostenlos Informationen abzurufen. Entsprechend sagen 31 Prozent, ein Zeitungsabo sei ihnen zu teuer. Jeder vierte gibt zudem an, er habe keine Zeit, regelmäßig Zeitung zu lesen. Aber: Trotz der insgesamt sinkenden Zeitungsnutzung besitzen zwei von drei Internetnutzern nach eigenen Angaben noch ein Zeitungsabo.
"Unsere Untersuchung zeigt, dass für viele Onliner die Zeitung keinen Mehrwert mehr bietet – die gedruckten Informationen scheinen in weiten Teilen substituierbar. Die derzeitigen Überlegungen der Verlage in Sachen Paid Content, können dieses Grundproblem nicht lösen", interpretiert Spectos-Geschäftsführer Niels Delater die Ergebnisse. Kleiner Trost für die Verlagsbranche: Obwohl die Onliner zwar weniger die gedruckte Zeitung lesen, glaubt der Großteil laut Spectos weiterhin an den Fortbestand der Gattung. Nur jeder Vierte (26 Prozent) prophezeit ein Zeitungssterben. Dabei profitieren die Printmedien offenbar von ihrer Qualität.
Wie es mit dem Kulturgut Zeitung weitergeht - darüber machen sich derzeit viele Gedanken. Der Medienexperte der Grünen im NRW-Landtag, Oliver Keymis, glaubt nicht an ein Ende des gedruckten Zeitungswortes. Zeitungen mit einer intensiven Leser-Blatt-Bindung werde es auch in naher Zukunft noch geben, so Keymis gegenüber der Tageszeitung "Neues Deutschland" (Freitagausgabe). Zeitungen hätten gegenüber dem Internet den Vorteil, ein breit gefächertes, redaktionell aufgearbeitetes Informationsangebot zu bieten und damit Ordnung in die Nachrichtenflut zu bringen. Im Interview mit dem Blatt spricht Keymis unteranderem über Pläne der rot-grünen Landesregierung in Düsseldorf zur Einrichtung einer Medienstiftung, durch die die Arbeit von Zeitungsredaktionen subventioniert werden soll. Die ferne Zukunft der Zeitung liege allerdings im Internet, betont Keymis. Deshalb richte sich das geplante Unterstützungsangebot der NRW-Regierung auch an den Online-Journalismus.
kh/ps