
Rückblick:
Die neuen Wohlfühl-Magazine 2015
Zurücklehnen, Füße hoch, der grausamen Welt entfliehen: Das ist ein 2015er-Trend, den die Verlage identifiziert haben. Und mit den passenden Heften reagieren.
2015 brachte eine Menge Probleme: Dieselgate, Terror, Grexit, Flüchtlingsfragen, Fremdenhass, einbrechende Börsenkurse, Fifa-Skandal, Niedrigzinsen. Das stimmt die einen kämpferisch, die anderen wünschen, der grausamen Welt zu entfliehen. Zurücklehnen, Füße hoch, die eigenen vier Wände samt Familie genießen, die schönen Dinge würdigen: Das ist ein 2015er-Trend, den die Verlage identifiziert haben. Und mit den passenden Heften reagieren. Was die meisten dieser Titel kennzeichnet: Hochwertiges Papier, liebevoll gestaltete Illustrationen und hochwertige Fotos vermitteln Qualität. Die Haptik spielt eine große Rolle im Wohlfühlkonzept, teils auf positive Weise altmodisch anmutende Bilder vermitteln Komfort und stillen die Sehnsucht nach der guten alten Zeit.
Das Cocooning 2.0 mündete unter anderem in diesen 13 Printtiteln. Nicht nur für Frauen, Kernzielgruppe für "Mindstyle". Die Kernthemenbereiche: Wohnen, Denken, Selbermachen & Kochen, Natur. Gutes Werbeumfeld für: teure Bio- und Ökoprodukte, Reisen, Einrichtung, Literatur, faire Mode und Elektroautos.
Glücklich
"Glücklich" ins neue Jahr? "Das Magazin für Entspannung, Genuss und Lebensfreude" erschien am 10. Dezember. Darin erklären Berlins Yogalehrer, "warum meditative Praktiken unser Denken und Handeln verändern können". Junge Digitalos offenbaren eine Sehnsucht nach analoger Wärme, "mit der sie nicht aufgewachsen sind". So kündigt der Zitty Verlag den 148 Seiten starken Titel an, der sich allerdings in erster Linie an Hauptstädter wendet, die auf der Suche nach dem Glück sind, oder nach "Anregungen und Angeboten, die dabei helfen, das Leben freudiger und entspannter zu gestalten".
Psychologies
Zu Jahresbeginn beschloss der französische Madame-Verlag nach einem Testlauf, mit der deutschsprachigen Ausgabe des französischen Premium-Frauenmagazins in Serie zu gehen. "Mitreden, Nachdenken und Wohlfühlen beschreibt unser Heftkonzept und so werden wir auch in den zukünftigen Ausgaben die Leserinnen begleiten", beschreibt Chefredakteurin Jenny Levié den Titel. In "Zeiten der Veränderung und wachsender Komplexität" soll der Quartalstitel "ein Stück Orientierung und Struktur" liefern. Und das viermal im Jahr. Die Lizenz hält Vison Media.
Ma Vie
Burda Life schickte im September das Frauenmagazin "Ma Vie" mit einer stattlichen Druckauflage von 150.000 Exemplaren auf den Markt. Schön anzufassen, liebevoll illustriert - und unfreiwillig komisch mit Verlagsaussagen wie "ein Heft zwischen Apple, Amazon und Achtsamkeit". Der Titel soll sich alle zwei Monate der Kunst des Sich-Zeit-Nehmens widmen. Es gehe um "traditionelle Werte, bewussten Konsum und Qualität", teilte der Verlag mit. Man wolle die Leserinnen mit "Ma Vie" einladen, einfach mal nachzudenken über Fragen wie: Wo stehe ich in meinem Leben? Welche Ansätze gibt es noch? Inspirieren mich neue Ideen und Gedankenspiele?". Ein Paradebeispiel für Mindstyle ("Ma Vie" mit im Bild oben).
Mara
Ebenfalls im September brachte brachte Burda Life das Living-Magazin "Mara" heraus. Der Titel soll für "modernen Lifestyle und trendiges Wohndesign mit Wohlfühlfaktor" stehen – mit Homestories, Deko, Mode, Reisen und Essen.
Selfmade Living
Auch Männer sehnen sich nach Mindstyle und Erholung daheim. Die "Landlust" des Wohnens kam im Mai: Die Ex-"Selbermachen"-Autoren Jörn Lindemann und Frank Zeidler-Kanter brachten mit dem Print-Neustart eine neue Wohn- und Do-it-yourself-Zeitschrift an den Kiosk. Das Blatt soll Einrichtungsideen, Deko-Inspirationen, Selbermach-Anleitungen und Genuss zu Hause verbinden.
Men's Health Dad
Wer vielleicht nicht unbedingt das Zeug zum Heimwerker hat, aber Daheimsein prima findet, der lebt womöglich das moderne Konzept vom guten Vater. Kindererziehung wird immer mehr zur Männersache. Das hat der Rodale-Motor-Presse-Verlag erkannt und "Men's Health" den Papi-Titel zur Seite gestellt. Das ist löblich - aber nicht unbedingt rundum gelungen. Einige Tipps und Formulierungen zu "Sex trotz Kind" kommen ganz tief aus der Klischee-Kiste. Dafür feiert der Titel die neuen Väter als cool. Ein Statussymbol sind Kinder heute sowieso, auf der Seite kann das Heft also nicht viel kaputtmachen. Bei Erfolg planen die Macher, den Titel ab 2016 mehrmals im Jahr in den Handel zu bringen. (Bild oben)
Mutti
Vom Vati zur Mutti: Trotz Super-Dads gilt ja heute (noch), wer sich schlecht fühlt, der verkriecht sich gern bei Muttern und lässt sich von ihr verwöhnen und bekochen. Wenn das nicht geht, hilft vielleicht "Mutti". Der Bauer Verlag brachte das Heft für junge ungeübte Selbstversorger im April heraus. Es wendet sich an die Zielgruppe der 20- bis 30-Jährigen, die ihre eigenen, wenig erprobten Kochkünste mit dem leckeren Essen vergleichen, das sie aus dem Elternhaus gewöhnt sind. Viermal im Jahr erscheint das Heft.
Landgenuss
"Landlust"-Erfolg plus Zuhause-Kochen-Trend: Da geht doch was, denken sich offenbar immer mehr Verlage. Und so zieht es immer mehr Kochmagazine aufs Land. Mit "Landgenuss" baute Falkemedia ab Februar seine Kochtitelpalette aus. Allein ist man in der Nische Land und Kochen nicht. Den Reigen eröffnet hat im Juli 2014 Burda mit "Meine Landküche", es folgte "Genuss pur" bei Klambt, "Bauernküche" bei der Livingston Mediaservice und Verlag.
Green Lifestyle
Der Jahresbeginn bescherte "neue Ideen für einen grünen Lifestyle". Die Lohas, die heute nicht mehr so heißen, weil irgendwie fast jeder dazugehört, wollen "nachhaltig genießen" - und "stylish", versteht sich. Das bedient "Green Lifestyle", das die AVR Agentur für Werbung aus München viermal im Jahr herausgibt. Auf weichem Ökopapier geht es um Mode, Möbel, Selbermachen, Recyceln, Stromsparen, Mobilität, die neue Kultur des Teilens - alles ganz bewusst (Bild oben).
Vegan Good Life
Im Februar 2015 erschien die erste Ausgabe: Das vegane Leben ist eben nicht nur von Verzicht geprägt, sondern, so die Magazinmacher, eben auch vom Schönen: Mode, Pflege, Reisen, Kunst und Design sind die Themen, die auf Naturpapier mit "veganer Klebebindung" präsentiert werden. "Anspruchsvoller Konsum" heißt das - vorbei also die Zeit, in der die grüne Bewegung den Konsumverzicht predigte. Die dritte Ausgabe erschien dann sogar zweisprachig (Deutsch und Englisch). Hinter dem Titel steht die gleichnamige GmbH, geführt von einem früheren Model und einem Journalisten.
Noveaux
Klingt wie der Schwestertitel von "Vegan Good Life": "Noveaux" erscheint ebenfalls quartalsweise, wendet sich ebenfalls an die wachsende, vorwiegend weibliche Zielgruppe, die auf tierische Produkte verzichten, aber trotzdem trendy sein will. Der Name setzt sich zusammen aus dem englischen "No" und dem französischen "Veaux" (Kälber, dessen Leder bevorzugt für hochwertige Schuhe verwendet wird). Das Heft erscheint seit März quartalsweise im Grüner Sinn Verlag. Der Schwerpunkt des Vashion-Magazins (Vashion wie "vegane Fashion") liegt auf Mode und Trends.
Königslinie
Ein bisschen aus dem Rahmen fällt "Königslinie": Einmal im Jahr gibt es den wunderschönen Titel aus dem Redaktionsbüro Radtke, der sich der "Skikultur" widmet. Da es momentan so aussieht, als würde das Skilaufen eher im Kopfkino als auf der Psite stattfinden, kommt das Heft umso gelegener: Es lädt zum Schwelgen ein, liefert spannende Einblicke. Etwa ins "Skigebiet der Profis", was dran ist am Mythos Nordamerika, Freeskiing. Schönes Gesamtpaket, das (wir räumen es freimütig ein) 2015 schon zum dritten Mal erscheint, also nicht wirklich 2015 neu herauskam. Aber jedes Jahr wieder neu - und zum Wohlfühlen allemal - wenn man Skifahren mag. (Bild oben)
Ooom
Ende Dezember kam "Ooom". Zumindest in Österreich wird der Titel aus dem Wiener Verlag Prima Vista Life dann 2016 vierteljährlich erscheinen. Das Heft richtet sich an Menschen, die Inspiration suchen. "Individualität wird immer mehr zum großen gesellschaftlichen Trend, die Entfaltung des persönlichen Potenzials, des eigenen Bewusstseins und der Fähigkeiten gehören heute zu den neuen Lebenswerten", sagt Herausgeber und Chefredakteur Georg Kindel. Mit drin: Interviews mit dem Neurochirurgen Sergio Canavero und Reinhold Messner. "Wir wollen Pioniere, Vordenker und außergewöhnliche Menschen ebenso präsentieren wie spannende Themen zu Kunst, Design, Architektur, Wirtschaft, aber auch Spiritualität", sagt Verlegerin Christina Zappella-Kindel. Also noch was für den modernen Menschen - in dem Fall den Homo Austriensis. Sicher auch in Süddeutschland erhältlich. Ansonsten über die zugehörige Web-Plattform: "Ein großes digitales Portal, das im Frühjahr 2016 international gelauncht wird", kündigte Kindel an.