GUTES BEISPIEL:

Mercedes-AMG, Jung von Matt, weil der Spot mit der etablierten Markenassoziation bricht, hohe Relevanz und Attaktion schafft.

SCHLECHTES BEISPIEL:

Rama, Ogilvy & Mather, weil dem emotionalen Peak kein nachvollziehbarer Konflikt voraus geht.

Typ 2: Der Animateur

"Kauf das!", so lautet die simple Botschaft dieses Spottypus. Mit Zwischentönen kann der Animateur nichts anfangen. Hier tritt eine Kunstfigur auf, die nervt, manchmal lustig ist, immer laut. Im Idealfall bringt so ein Film Kultfiguren hervor wie Tech-Nick oder Costa Fastgarnix. Richtig gut aber verkauft sich der Animateur nie, er löst nämlich keinen seelischen Konflikt. Gerade am Anfang gilt es Relevanz zu schaffen. Eignet sich für Abverkauf. Eine nachhaltige Kunden-Marken-Bindung entsteht nicht. Passt bei simplen Produkten mit einfachen Botschaften, Handelsmarken, Telekommunikation und Elektronikmärkten.

In der Hauptrolle: der Verkäufer. Der Kunde spielt eine Nebenrolle.
Dramaturgie: Exposition zu Beginn mit einem Peak, danach passiert nicht mehr viel.

GUTES BEISPIEL:

Mobilcom-Debitel und Costafastgarnix, Grabarz & Partner. Macht billig zum Kult.

SCHLECHTES BEISPIEL:

Apollo Optik, Blink Wien, weil emotional platt.

Typ 3: Der Erzähler

Mit Fakten allein kann unser Gehirn nicht viel anfangen. Erst wenn wir um sie herum eine Geschichte erzählt bekommen, sie mit Emotionen
verknüpfen, können wir uns leicht alles merken. TV-Spots, die so werben, wirken. Eignet sich für Markenbindung, Identifikation, Imagewerbung, nicht aber für den Abverkauf. Passt für alle Branchen, die von einer engen Beziehung zwischen Marke und Kunde leben. Der Film muss seine Geschichte stringent erzählen, damit sie jeder intuitiv erfassen kann. Sie sollte einen Konflikt lösen, und zwar durchaus überraschend, indem Mut oder Klugheit die Schwäche des Protagonisten überwinden.

In der Hauptrolle: das Produkt oder der Kunde.
Dramaturgie: linearer Anstieg, Peak am Ende.

GUTES BEISPIEL:

Smart, BBDO, weil sich die Zuschauer in die Geschichte einfühlen können.

SCHLECHTES BEISPIEL:

Bacardi, BETC London, weil der Film zu keinem echten Höhepunkt führt.

Typ 4: Der Therapeut

Die Darsteller im Film müssen ihren Konflikt nicht selbst lösen. Dafür gibt es ja den Therapeuten, der eine simple Medizin hat: das Produkt. Die Wirkung tritt sofort ein. Der Therapeut ist ein sehr häufiger Filmtypus. Eignet sich für Abverkauf. Passt bei Konsumgütern, Versicherungen, Banken, Pharma. Allzu ernst darf sich dieser Typus nicht nehmen. Werben Sie mit Augenzwinkern! Spots dieser Machart spielen meist in einer
idealisierten Welt. Sie schaffen von Anfang an Sympathie, Nähe und Attraktion.
In der Hauptrolle: das Produkt.
Dramaturgie: Peak zu Beginn.

GUTES BEISPIEL:

Hohes C, Thjnk, weil bei diesem Spot alles passt  und der Konflikt nur angedeutet wird.

SCHLECHTES BEISPIEL:

HUK Coburg, DDB, weil langweilig und damit irrelevant.

Typ 5: Der Provokateur

Sex sells. Erotik in Werbespots spiegelt einen klassischen Konflikt: Wenn ich könnte, wie ich wollte. Hier geht’s um das Überschreiten moralischer Grenzen, um Gier, Geiz und Genuss. Jeder ist verführbar. Eignet sich für Abverkauf, Image. Passt bei Parfüm, Erotikwaren, Mode, Spirituosen und Tabak. Bei Konsumgütern gefährlich. Ein Spot dieses Typus gelingt deshalb nur, wenn er auch positive Emotionen hervorruft.
In der Hauptrolle: das Produkt und seine Wirkung.
Dramaturgie: Hohe Relevanz und Attraktion am Anfang, Skepsis und Stress zum Ende hin.

GUTES BEISPIEL:

Leerdamer, Y&R, weil Attraktion und Relevanz aufkommen.

SCHLECHTES BEISPIEL:

Tchibo, Scholz & Friends, weil der Spot irritiert statt provoziert.

Typ 6: Das Vorbild

Dieser Filmtypus bietet Orientierung. Das Vorbild setzt sich gegen gesellschaftliche Vorbehalte durch. Die Marke, für die es wirbt, geht glatt als Statement durch. Eignet sich für Abverkauf, Image. Passt bei Produkten, die wie ein Statement wirken und die eigene (Wunsch-)Persönlichkeit formen, etwa Mode-, Luxus- und Pflegeprodukte sowie Uhren, Autos und Reisen. Die emotionale Spannung, die entsteht, muss der Spot rechtzeitig lösen – am besten zur Filmmitte. Im Konflikt zwischen Norm und Selbstbehauptung muss der Konsument am Ende unbedingt als Sieger dastehen. Vorbilder sollten aus der Zielgruppe kommen, um glaubwürdig zu sein.

In der Hauptrolle: der ideale Kunde, der sich etwas gönnt.
Dramaturgie: kein starker Peak, durchweg hohe Attraktion.

SCHLECHTES BEISPIEL:

Amorelie, Brandtouch, weil Amorelie einen Konflikt schafft, und ihn nicht löst:

Typ 7: Die Lehrerin

Die Lehrerin erklärt uns die Welt, löst ein Aha-Erlebnis aus oder bestätigt, was wir schon wissen. Dieser Spottypus arbeitet mit Analogien, Beweisen, klaren Ansagen oder Experten und ist nach dem Therapeuten der Werbefilm, den Sie im Fernsehen am häufigsten sehen können. Wir sollen lernen, was ein Produkt ausmacht, was es von anderen unterscheidet. Eine gute Lehrerin hat das intuitiv drauf, belegt das
Gesagte mit Fakten rational, mit Musik und Bildern auch emotional. Eignet sich für Produktdifferenzierungen und Abverkauf. Passt bei klassischen Markenartikeln, Konsumgütern aller Art und gerade bei Innovationen.

In der Hauptrolle: das Produkt.
Dramaturgie: Einen Höhepunkt hat dieser Spottypus nicht.

GUTES BEISPIEL:

O2/E-Plus, Ogilvy & Mather, weil die Zuschauer das Erlebte als relevant erleben.

SCHLECHTES BEISPIEL:

Fol Epi, Publicis, weil es die Lehrerin ein bisschen übertreibt.

Fol Epi "Simple Things" from TwinFilm Group on Vimeo.

Befragt wurden 150 Menschen, denen jeweils 50 Filme vorgeführt wurden.

Ausführliche Profile und pyschologische Hintergründe in der W&V-Ausgabe 28/2016. Abo?


Conrad Breyer, W&V
Autor: Conrad Breyer

Er kam über Umwege zur W&V. Als Allrounder sollte er nach seinem Volontoriat bei Media & Marketing einst beim Kontakter als Reporter einfach nur aushelfen, blieb dann aber und machte seinen Weg im Verlag. Conrad interessiert sich für alles, was Werber- und Marketer:innen unter den Nägeln brennt. Seine Schwerpunktthemen sind UX, Kreation, Agenturstrategie. Privat engagiert er sich für LGBTQI*-Rechte, insbesondere in der Ukraine.