
Ein Alpen-Clooney macht noch keinen „Tatort“
Rund 6,8 Millionen Zuschauer verfolgten gestern das Schweizer „Tatort“-Revival im Ersten. W&V Online war dabei. Leider.
Sonntag, 20.30 Uhr im Ersten. Mist, ist ja gar keine „Tatort“-Wiederholung, wo man sich die ersten Minuten gerne auch mal schenkt. Und noch eben den Geschirrspüler anwirft. Nein. Es kommt eine ganz neue Folge, mit einem ganz neuen Kommissar. Die Rückkehr des Schweizer „Tatort“ nach zehn Jahren. „Wunschdenken“ – war doch breit angetrailert. Aber hallo! Das ist doch George Cloo…, nein der Neue, Kommissar Reto Flückiger aus Luzern alias Stefan Gubser, sieht einfach nur so ähnlich, so ähnlich gut aus. Flückiger - unser „Alpen-Clooney“!
Doch der Endorphin-Stoß ist nicht groß genug, um uns – und eher unterdurchschnittliche 6,8 Millionen weitere Zuschauer - durch diesen neuen „Tatort“ bis zum Ende zu tragen. Da hilft auch dieser Lara-Croft-Verschnitt Abby Lanning (Sofia Milos), der sich immer wieder an Flückiger-Clooneys Seite drängt, nicht. Die aufdringlich schlechte Synchronisation, die da in den wohl bewusst wenigen, aber immer noch peinlichen Nahaufnahmen zugemutet wird, ist immerhin noch so deutlich, dass man es doch bemerkt: Lara muss ziemlich viele dämliche Sätze sagen. Die Mimik dazu sitzt. Eine Frau aufs getunte Äußere reduziert – und das, während im wirklichen Leben die Slutwalk-Woge auch nach Deutschland übermächtig überschwappt.
Und der Plot? Eine wirre, mit Figuren vollgestopfte Story um einen Saubermann-Politiker auf Abwegen, der sich selbst entführen lässt, aber in die tödliche Eifersuchtsfalle tappt. Gut, wer sich hier den ersten Krimi seines Lebens reingezogen hat, der find et es vielleicht spannend. Aber für den Rest war doch sofort klar, dass die komplett frustrierte Ehefrau des Mordopfers ihre gepflegten Finger im Spiel haben musste. Eben schnell die Geschirrspüle ausräumen? Da kommt es ganz unerwartet zu einem vergleichsweise hochdramatischen Schusswechsel-Showdown mit zwei Toten. Es sind nicht Flückiger-Clooney und seine Abby- Lara. Aufatmen, doch halt, da folgt noch ein Cut ins nächtliche Hotelzimmer. Anders als seine „Tatort“-Kollegen darf Flückiger sein Testosteron versprühen, Großaufnahme hinein ins gerade freigefummelte bildschirmfüllende Dekolleté von Abby-Lara, fast möchte man dem Alpen-Clooney zurufen : Bitte, bitte jetzt nicht die Nespresso-Pads rausholen. Der erlösende Abspann ist schneller.
Wie sagt der schmierige Detektiv ein paar Sequenzen vorher: „Jeder wartet doch auf die ganz große Chance!“ Flückiger, wir warten mit dir!