Rund 1600 von 2500 Penny-Produkten sind direkt oder indirekt von der Insektenbestäubung abhängig. Ein "Riesen-Lerneffekt", auch für die Penny-Mitarbeiter, berichtet Unternehmenssprecher Andreas Krämer. "Ich bin sprachlos durch den Markt gelaufen." 

"Biene weg. Regel leer" klärten Plakate die Kunden auf. Die lernten quasi beim Einkaufen, wie nützlich Bienen sind. Sie gelten als das drittwichtigste Nutztier des Menschen, nach Rind und Schwein. Weltweit sind über 85 Prozent der Wild- und Kulturpflanzen auf die Bestäubungsleistung der Bienen und einer Vielzahl weiterer Insektenarten angewiesen. Schätzungen zufolge erbringen Wildbienen, Schmetterlinge und Co. einen wirtschaftlichen Nutzen von jährlich bis zu 500 Milliarden Euro. 

Aber ihr Bestand ist in Gefahr. Eine großangelegte wissenschaftliche Studie zeigt, dass er in den vergangenen 27 Jahren, gemessen an Biomasse, um rund 75 Prozent zurückgegangen ist. Auch die Rote Liste verdeutlicht, wie bedrohlich die Lage ist: Von 550 Wildbienen-Arten in Deutschland ist die Hälfte bedroht oder bereits ausgestorben. 

Leere Regale im Penny-Markt.

Leere Regale im Penny-Markt.

Kunden für Bienenschutz gewinnen

"Ich war schockiert als ich die Auflistung sah. Man macht sich überhaupt keine Vorstellung davon, wie viele Produkte ohne die Bestäubungsleistung der Insekten wegfallen würden. Wir müssen gemeinsam alle Anstrengungen unternehmen, um das Insektensterben zu stoppen", sagt Stefan Magel, Bereichsvorstand Handel Deutschland / COO Penny.

Die Aktion soll aufklären und Kunden zum Handeln auffordern. "Wir wollen unseren Kunden zeigen, wie vergleichsweise einfach sie sich für die Bienen engagieren können. Zum Beispiel mit Blumenwiesen oder Insektenhotels auf dem Balkon oder im Garten. Unsere Natur verstummt ansonsten unwiederbringlich." Der niedersächsische Umweltminister Olaf Lies ergänzt: "Diese düstere Zukunftsvision zeigt, was uns blüht, wenn wir nicht unverzüglich gegensteuern." EU, Bundesregierung und Ländern würden dies mit Aktionsprogrammen tun. 

Nabu-Bundesgeschäftsführer Leif Miller mahnt Handlungsbedarf an. "Es ist paradox, dass vor allem die Landwirtschaft in hohem Maße von Insekten abhängig ist, beispielsweise für die Bestäubung der Kulturpflanzen oder für die biologische Schädlingsbekämpfung – und zugleich als einer der Haupttreiber ihres Verlustes gilt. Wenn also zukünftig die Bestäuber geschützt werden sollen, ist ein Umdenken in der Landwirtschaft unausweichlich." Die Penny-Aktion trage einen wichtigen Teil zur Bewusstseinsbildung bei. 

Ein wenig Auswahl blieb den Penny-Kunden noch. Etwa Wein und Bier, denn Weinreben und Hopfen bestäuben sich selbst. "Besaufen können wir uns in Zukunft noch, aber sonst wird's eng", zitiert Spiegel Online Rewe-Vorstand Stefan Nagel. 

Positive Resonanz

"Die Reaktion auf die Aktion hat uns überwältigt", erklärt Unternehmenssprecher Andreas Krämer auf Anfrage. Innerhalb kürzester Zeit gab es mehr als 2500 Kommentare in den sozialen Netzwerken, "97 Prozent waren positiv", so Krämer. "Damit haben wir den Nerv der Zeit voll getroffen." Auch die Kunden im Markt hätte überwiegend positiv reagiert. Und wer im leergeräumten Penny nicht mehr fündig wurde, konnte sich in einem Rewe-Markt um die Ecke eindecken. 

Plakate klären Kunden über das Bienensterben auf.

Plakate klären Kunden über das Bienensterben auf.

Der Handel und das Bienensterben

Die Konzernmutter Rewe engagiert sich seit Jahren für Biodiversität. Und ist sich der eigenen Verantwortung als Händler bewusst. Mit der emotionalen Regal-Aktion wolle Penny Aufmerksamkeit schaffen und "nicht mit dem Finger" etwa auf die Landwirtschaft zeigen, die von vielen Umweltorganisationen für das Bienensterben verantwortlich gemacht wird. "Fakt ist: Die Biene stirbt. Das ist unser aller Problem. Wir müssen alle handeln", so Unternehmenssprecher Krämer.   

Auch andere Supermarktketten machen im Rahmen ihrer Nachhaltigkeitsstrategien auf das Bienensterben aufmerksam. Aldi, Edeka und Lidl werben mit  speziellen Produkten aus bienenfreundlichem Anbau oder verteilen Saatgut an ihre Kunden.

Und schon 2013 entfernten die Mitarbeiter der US-Biosupermarktkette Whole Foods in einer Filiale im US-Bundesstaat Massachusetts sämtliche Produkte, die es ohne Bienen und andere Bestäuber nicht mehr geben würde.


Autor: Frauke Schobelt

koordiniert und steuert als Newschefin der W&V den täglichen Newsdienst und schreibt selber über alles Mögliche in den Kanälen von W&V Online. Sie hat ein Faible für nationale und internationale Kampagnen, Markengeschichten, die "Kreation des Tages" und die Nordsee. Und für den Kaffeeautomaten. Seit 2000 im Verlag W&V.