Wenn ich noch keine eigene starke Marke habe, kann ich offensichtlich auch von etablierten und bekannteren Marken profitieren und diese sogar für eigene Werbezwecke nutzen. Ist das wirklich rechtlich sauber?

Thorsten Troge: Rechtlich unproblematisch sind Kooperationen und Co-Branding, also eine aktive Zusammenarbeit. Oft ist das aber von beiden Seiten nicht gewollt, so dass man andere Wege finden muss, um auf sich aufmerksam zu machen. Dabei kann man fremde Marken geschickt für sich nutzen, zum Beispiel beim Keyword-Advertising.

Wie das rechtlich funktioniert, haben Sie jüngst auch in unserem W&V Report Markenschutz im Detail beschrieben. Ist es denn erlaubt, fremde Marken als Keyword zum Beispiel für Google Ads oder Bing Ads für eigene Produkte zu buchen?

Katharina Reuer: Grundsätzlich ja. Jedenfalls, wenn ich ein paar Regeln beachte. Ich darf also eine fremde Marke als Keyword für meine Anzeige buchen. Die fremde Marke darf dann aber nicht mehr in der Anzeige selbst erscheinen und diese muss klar erkennen lassen, dass es um mein Produkt es geht, also eine andere Marke. Es darf auch nicht der Eindruck entstehen, dass ich mit meinem Produkt in einer Partnerschaft mit dem Markeninhaber stehe.

Thorsten Troge: Ansonsten gelten natürlich auch hier die allgemeinen Regeln, das heißt, ich darf den Markennamen in der Anzeige verwenden, wenn ich berechtigt Originalware verkaufe, oder angemessen auf eine Kompatibilität mit dem Markenprodukt hinweise. Wichtig ist aber auch hier die sorgfältige Gestaltung der Anzeige, vor allem wenn der Kunde auf eine Seite gelotst wird, die auch konkurrierende Produkte enthält.

Gibt es weitere Möglichkeiten, fremde Marken für das Online-Marketing einzusetzen?

Thorsten Troge: Außerhalb des Keyword-Advertising ist der Spielraum gering. Nutzt man etwa fremde Marken für SEO, also um bei einer Suche nach der Marke in den natürlichen Suchergebnissen zu erscheinen, birgt dies in den meisten Fällen erhebliche Risiken. So führt die Nutzung fremder Marken als Meta-Tags im Quellcode von Webseiten, die Verwendung in weißer/versteckter Schrift oder in versteckten Links in der Regel zu Markenverletzungen.

Katharina Reuer: Anders ist das bei seiteninternen Suchmaschinen von Onlinehändlern und Marktplatzbetreibern wie zum Beispiel Amazon oder Zalando. Eine Verschlagwortung mit fremden Marken, um das Produkt in den Suchergebnissen dieser Seiten erscheinen zu lassen, wenn ein Nutzer nach dieser Marke sucht, ist grundsätzlich dann zulässig, wenn die Suchergebnisseite klar gestaltet ist. Es muss also für den Nutzer erkennbar sein, dass neben den gesuchten Markenprodukten auch ähnliche Produkte in den Ergebnissen enthalten sind, und es muss gewährleistet sein, dass diese markenfremden Produkte ihrerseits klar mit ihrer eigenen Marke oder Bezeichnung gekennzeichnet sind, so dass keine Verwechslungsgefahr entsteht.

Eine offene Verwendung von fremden Marken ist also außer in den genannten Fällen stets unzulässig?

Thorsten Troge: Eine der wichtigsten weiteren Ausnahmen ist der Werbevergleich. Beachtet man die Vorgaben für vergleichende Werbung, können fremden Marken für diesen Zweck genutzt werden, um das konkurrierende Produkt in dem Werbevergleich zu identifizieren. Auch hier ist Vorsicht angebracht. Bloße Alibi-Vergleiche, also „ähnlich wie“ oder „nicht Markenprodukt XY“) reichen natürlich nicht, um von der Ausnahme für vergleichende Werbung zu profitieren. Zudem muss man vor allem aufpassen, nicht den Ruf der fremden Marke unlauter auszunutzen oder zu beschädigen.

Katharina Reuer: Macht man aber eine solche zulässige vergleichende Werbung vor, dürfte man hierfür sogar Meta-Tags oder Hashtags mit der fremden Marke setzen.

 

Die Autoren

Katharina Reuer

Katharina Reuer, Rechtsanwälting Taylor Wessing

Katharina H. Reuer ist Rechtsanwältin und Salary Partnerin bei der internationalen Wirtschaftskanzlei Taylor Wessing. Zu ihrem Tätigkeitsfeld gehören die außergerichtliche Beratung und die Prozessführung in Marken-, Wettbewerbs- und Urheberrechtsstreitigkeiten sowie der Begleitung von Werbekampagnen sowie die Betreuung von deutschen, EU- und internationalen Markenanmeldungen.

Thorsten Troge

Thorsten Troge, Rechtsanwalt Taylor Wessing

Thorsten Troge, ebenfalls Rechtsanwalt und Partner bei Taylor Wessing, berät in allen Fragen des Schutzes des geistigen Eigentums und des Wettbewerbsrechts. Seine Tätigkeit umfasst die Beratung und gerichtliche Vertretung auf dem Gebiet des Markenrechts, des Urheberrechts und des Rechts des unlauteren Wettbewerbs sowie den Schutz von Geschäftsgeheimnissen. Zu seinen Beratungsschwerpunkten gehören die Begleitung von Werbekampagnen und neuen Produkten, die Beratung von Online-Shops und Internetdienstleistern sowie Lizenz- und F&E-Verträge.

Tipp: Wie Sie Ihre Marke erfolgreich gegen Produktpiraterie und anderen Übergriffen schützen, zeigt Rechtsanwalt Stefan Fröhlich hier in seinem Gastbeitrag auf.

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Autor: Christiane Treckmann

Christiane Treckmann ist Mitglied der W&V Redaktion. Ihre Interessen: das Spannungsfeld von Menschen, Marken und Medien - analog und insbesondere digital. Daher liegen ihr besonders Themen rund um Markenstrategien, Mediaplanung, Nachhaltigkeit, KI - und die Menschen dahinter am Herzen. Christiane ist zudem regelmäßige Moderatorin der W&V Webinare.