
Infektionsschutzgesetz:
Händler bereiten Klage gegen Corona-Notbremse vor
Mit der Initiative "Händler helfen Händlern" wollen Ladenbetreiber gegen die staatlich verordnete Schließung ihrer Betriebe vorgehen. Mit dabei sind unter anderem Intersport, Rose Bikes, Tom Tailor und L'Osteria.

Foto: Rose Bikes
Dem Einzelhandel in Deutschland reichts: Mehrere Laden- und Lokalbetreiber haben sich unter der Federführung der Pro-Bono-Initiative "Händler helfen Händlern" zusammengeschlossen, um gegen die von der Bundesregierung geplante "Corona-Notbremse" juristisch vorzugehen. Unter anderen wollen sich die Sportfachhandel Verbundgruppe Intersport mit ihren 1500 angeschlossenen Sportfachgeschäften, Modehändler wie Engelhorn, Schuster und Tom Tailor, der Fahrradhändler Rose Bikes sowie eine Reihe von Gastronomen wie beispielsweise L'Osteria an der Klage beteiligen.
In der Tat empfinden diejenigen, die ihre Betriebe nach über einem Jahr Coronakrise mit all ihren Einschränkungen für den Einzelhandel dennoch am Leben halten konnten, das neue Infektionsschutzgesetz als endgültigen Todessstoß für ihre Branche. Die Änderungsvorlage sieht nämlich vor, dass der Einzelhandel ab einer Inzidenz von über 100 im jeweiligen Landkreis schließen muss. Im Laufe der kommenden Woche soll erst im Bundestag und dann im Bundesrat über den "Entwurf eines Vierten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite" entschieden werden.
Ungerechte Behandlung
Der Einzelhandel fühlt sich bei der Bewältigung der Coronakrise durch die Politik schon länger ungerecht behandelt, was durch das neue Gesetz noch verschärft wird. "Wir sehen eine absolute Ungleichbehandlung, und zwar in allen Bereichen. So gibt es keine Home-Office-Pflicht, es dürfen also auch bei staatlichen Einrichtungen beziehungsweise staatsnahen Einrichtungen mehr als 1500 Leute in einem Großraumbüro sitzen. Aber Handel und Gastronomie sollen verboten werden und im Privaten darf man sich nur mit einer Person treffen", erklärt Marcus Diekmann, CEO von Rose Bikes, der die Initiative zu Beginn der Corona-Pandemie im März 2020 ins Leben gerufen hat.
Obwohl das Robert-Koch-Institut dem Einzelhandel einen niedrigen Anteil am Infektionsgeschehen attestiert, müssten die Geschäfte als erste schließen. In der Logistik oder in Produktionsbetrieben sei es dagegen schon häufig zu Ausbrüchen gekommen, passiert sei danach aber nichts, so die Initiatoren. Als Hauptkritikpunkt sehen die Laden- und Lokalbetreiber aber die Wettbewerbsverzerrung durch die unterschiedlichen Auslegungen der Systemrelevanz: Während Sportgeschäfte und Fahrradhändler bei höheren Inzidenzen schließen müssen, dürfen Buchläden oder Gartenmärkte weiter öffnen. Dies sei verfassungsrechtlich nicht tragbar und manifestiere Wettbewerbsverzerrung.
"Wir sind jetzt an dem Punkt, wo wir überlegen, die gesetzlichen Regelungen vom Bundesverfassungsgericht prüfen zu lassen," sagt Alexander von Preen, Vorstandschef des Sporthandelsverbunds Intersport. Noch sind die Händler gesprächsbereit. Aber wenn das Gesetzt so verabschiedet würde, bliebe ihnen wohl keine andere Möglichkeit als zu klagen, so von Preen weiter. Auch der Handelsverband HDE hatte den geplanten härteren Lockdown bereits scharf kritisiert.
Zukunft des Einzelhandels in Gefahr
Vor allem der stationäre Fachhandel sieht seine Zukunft gefährdet. Nicht nur, dass Mitarbeiter die Branche verlassen würden, auch die Gelder, die beispielsweise für Investitionen in die Digitalisierung geplant waren, müssten nun für die Krisenbewältigung aufgebraucht werden. Damit entstehe ein substanzieller Wettbewerbsnachteil gegenüber dem ohnehin schon stark prosperierenden Online-Handel.