Quintly-Analyse:
Im Social Web haben deutsche Serien Nachholbedarf
US-Serien wie "Die Simpsons" laufen auch auf Twitter und Facebook deutschen TV-Formaten den Rang ab - so Quintly.
Erst kürzlich hat eine Studie von Booz & Company den TV-Anbietern nahe gelegt, im Kampf um den Zuschauer auf transmediale Formate zu setzen, die sowohl den „First“ als auch den „Second Screen“ bespielen. Will heißen: Geschichten müssen künftig parallel für TV und Facebook, Twitter oder YouTube entwickelt werden oder zumindest eine starke Begleitung durch das Social Web bekommen.
Eine Auswertung mit der Quintly-Software bringt jetzt an den Tag: US-Formate haben die Nase vorn beim empfohlenen dualen Ansatz. Gerade amerikanische Serien laufen auf Twitter und Facebook den deutschen TV-Formaten den Rang ab. " Bei den mit derSoftware untersuchten US-Serien tun sich auf Facebook große Unterschiede auf: Serien wie "New Girl" (Fox) und "Big Bang Theory" (CBS) sprechen ein junges Publikum über 20 Jahren an. „Sie beherrschen das Instrumentarium von Twitter und Facebook nahezu perfekt“, so die Analysten von Social-Media-Profilen. Sie weisen eine hohe „Postfrequenz“, viele Meinungsäußerungen, Retweets und Twitter-Unterhaltungen und abwechslungsreiche Inhalter auf. Ähnlich sieht es bei "Once Upon A Time" (ABC), "Modern Family" (ABC), "Glee" (Fox) und "Grey’s Anatomy" (ABC) aus – die letzten beiden verbuchen laut Quintly sogar auffällig viele Retweets. Beim Twitter-Account von "Glee", der mit Abstand die meisten Follower hat, fällt die hohe Anzahl an Tweets auf, die oft kurz sind. Obwohl der Account von "Grey’s Anatomy" nicht so aktiv ist, erhält er ähnlich viele Retweets, was an der Beliebtheit einzelner Programmankündigungen liegt.
Die Serie mit den meisten Facebook-Fans, die Zeichentrick-Kultserie "The Simpsons" (Fox), ist zwar aktiv – aber wenig abwechslungsreich in den Äußerungen im Social Web. Ähnlich sieht es auf Twitter aus, trotz regelmäßiger Tweets und guter Interaktion. Außerdem sind aktuelle und hochkarätig besetzte Formate wie "Two and a Half Men" (CBS) vor allem auf Twitter relativ unpopulär. Posts und Inhalte seien, ähnlich wie beim großen Verlierer "2 Broke Girls" (CBS), oft sehr gleichförmig und bei Twitter wenig interaktiv, heißt es in der Auswertung. Ein Fazit von Quintly zu den US-Serien: Sie „können Social Web – aber nicht alle gleich gut“.
Dass einige Serien mit den selben Mitteln größeren Erfolg haben als andere, könnte an Inhalt und Zielgruppe liegen – das zeigt sich zum Beispiel bei der Märchen-Serie "Once Upon a Time", die hierzulande seit Herbst bei Super RTL läuft. „Hier sind Sprache und auch Content auf beiden Kanälen weniger werblich, und die Interaktion von Fans und Followern steht im Vordergrund“, so die Analyse.
Dagegen steckt das Social TV - bis auf wenige Ausnahmen - hierzulande noch in den Kinderschuhen: Auch wenn sich die Soaps der Privaten wie "GZSZ" oder "Unter uns" seit ihren Sendestarts Anfang der 90er filmisch und schauspielerisch weiterentwickelt haben, „gibt es noch immer wenige deutsche Serien, die sich auch im Social Web weit vorne positionieren können“, meinen die Quintly-Forscher. Ihre Kritik: Auf keiner der Facebookseiten seien Fanposts erlaubt, und Wording und Inhalt seien bei allen RTL-Soaps eher gleichförmig. Allerdings: „GZSZ“ hat immerhin 1,1 Millionen Fans, und wird damit nur von der RTL-II-Scripted-Reality-Serie "Berlin - Tag & Nacht" überholt, die seit Ausstrahlungsbeginn im September 2011 bereits mehr als 2,3 Millionen Likes auf sich vereinen kann. Die Reihe ist aber von vornherein darauf angelegt, dass die Facebook-Gemeinde am Drehbuch mitwirkt.
Das Besondere des RTL-II-Formats: Im Gegensatz zu "Alles was zählt" (RTL), "Verbotene Liebe" (ARD) und ähnlichen Produktionen, die neben Bildern, Programmhinweisen und Behind-the-Scenes-Material wenig Innovatives zu bieten und zwischen einer Million und 10.000 Fans auf Facebook haben, setze "Berlin Tag & Nacht" auf „kurze Videos und verwackelte Handykamerafotos der Darsteller, die stets in der Ich-Form formuliert und in Kurztelegrammform unterschrieben sind“, hält das Quintlky-Team fest. Auch der Twitter-Account der Serie habe immerhin über 30.000 Follower,“ ist abwechslungsreich, interaktiv und kommt natürlich und persönlich rüber“, lobt die Analyse.
Auch das Quintly-Team empfiehlt den TV-Machern „experimentellere, überraschende und ‚menschelnde’ Serienformate mit Online-Fokus“. Quintly ist eine webbasierte Lösung zur Analyse von Facebook-Seiten und Twitter-Profilen. 2010 von der Pedigital GmbH aus Ennepetal gegründet, arbeiten heute rund 25.000 Nutzer weltweit mit dem Werkzeug. Zum Kundenstamm gehören internationale Agenturen, Medien und Unternehmen wie Ketchum Pleon, Audi oder Adidas.