
Deutscher Werberat:
Immer mehr Beschwerden beim Werberat
Im vergangenen Jahr wurde der Deutsche Werberat so oft wie nie zuvor über Werbeverstöße informiert. Jede vierte Kampagne, die Bürger moniert hatten, wurde daraufhin zurückgezogen oder geändert.

Foto: Beschwerdeführer; Dt. Werberat
Die Zahl ist beachtlich: Der Deutsche Werberat hat im vergangenen Jahr 793 Werbemaßnahmen überprüft, zu denen aus der Bevölkerung 3636 einzelne Beschwerden vorlagen. Davon fielen 279 Fälle nicht in die Zuständigkeit der Selbstkontrolleinrichtung, etwa weil es sich beispielsweise nicht um Wirtschaftswerbung, sondern um Werbung von Behörden oder Parteien handelte. In den eingeleiteten Verfahren folgten rund 91 Prozent aller Unternehmen dem Votum des Gremiums und stoppten oder änderten ihre Werbung.
Insgesamt entschied das Gremium über 514 einzelne Werbesujets. Das entspricht einem Zuwachs von 11 Prozent gegenüber 2018. In 141 Fällen teilte der Werberat die Kritik der Beschwerdeführer und informierte die betreffenden Unternehmen über den Verstoß gegen den Werbekodex. Jede vierte Werbekampagne, über die sich Bürger beschwert hatten, wurden zurückgezogen oder geändert. Bei 373 Motiven lag kein Verstoß gegen den Werbekodex vor. Nur in wenigen Fällen reagierten die Unternehmen nicht unmittelbar auf die Beanstandung und erhielten deshalb eine Öffentliche Rüge.
Vor allem geschlechtsdiskriminierende Werbung
Sexistische Werbung, Frauen- und/oder Männerdiskriminierung, steht nach wie vor an der Spitze der Gründe, warum sich die Bevölkerung mit Protesten an den Werberat wendet. Allerdings ging die Anzahl der Beschwerdefälle hier minimal zurück, von 261 Fällen im Jahr 2018 auf 259 im Jahr 2019. In ungefähr einem Drittel der Fälle folgte der Werberat der Kritik: Er beanstandete insgesamt 84 Werbemaßnahmen.
An zweiter Stelle standen Verstöße gegen ethische und moralische Mindestanforderungen (70 Fälle), die der Werberat anhand seiner Grundregeln zur kommerziellen Kommunikation beurteilt. Der recht hohe Anteil ist in dem breiten Spektrum an Beschwerdeinhalten begründet, die in dieser Rubrik zusammengefasst werden. Beispielsweise fielen in diese Kategorie ein TV-Spot, in dem ein Junge in Gegenwart seines Joghurt löffelnden Opas sagt "Ich warte, dass Opa den Löffel abgibt". Ebenfalls beanstandet wurde ein Werbeplakat für einen Supermarkt, auf dem unter zwei in der Pfanne brutzelnden Steaks der Slogan stand „So sieht Liebe machen aus". Diese Beschwerden wurden allerdings zurückgewiesen.
Besonders betroffeen: Werbung im Web
Weitere Beschwerden betrafen den Kinder- und Jugendschutz, die Diskriminierung von Personengruppen, die Nachahmungsgefahr gefährlichen oder unsozialen Verhaltens sowie sexuell anstößige Werbung. In 14 Fällen wurden Verstöße gegen den Kodex zur Alkoholwerbung geltend gemacht. In 5 Fällen wurde ein Verstoß gegen den Lebensmittelkodex vorgebracht.
Am häufigsten wird sich beim Deutschen Werberat über Online-Werbung beschwert. In 130 Fällen hat der Werberat 2019 über digitale Werbeinhalte entschieden. Mit 108 Fällen folgte die Plakatwerbung vor der TV-Werbung. Hier wurden 75 Fälle begutachtet.