
Mediabranche:
Interview mit Ruzicka: Wieder ganz der Alte
Mit Hermes-Tuch und teurem iPhone gibt Ruzicka ein Interview mit der "FAZ". Er erzählt freimütig über seine Zeit im Knast, seinen Stand in der Gefängnis-Community und dass er jetzt wieder anpacken will. Ruzicka zeigt sich zuversichtlich, dass das auch klappt.
Die "FAZ" hat den prominentesten Ex-Sträfling der Werbebranche getroffen: Aleksander Ruzicka, seit dem 1. April aus der Haft entlassen. Er war wegen Untreue zu elf Jahren und drei Monaten verurteilt worden. Ruzicka, dem damals die Veruntreuung von 35 Millionen Euro Mediageldern bei Aegis Media zur Last gelegt wurde, erzählte den Reportern in dem Interview freimütig über seine acht Jahre im Knast. Denn die war für den ehemaligen "Sonnenkönig" der Werbebranche mit seinem opulenten Lebensstil doch wohl recht entbehrungsreich - mit abgezählten 600 Gramm Fleisch pro Woche, festen Schlusszeiten und wenig Einfluss. Am meisten hätte er nicht so sehr unter den Umständen im Gefängnis gelitten, sondern an der Ohnmacht, die man als entpersonifizierter Verurteilter habe: "Man wird verwaltet".
Gegenüber dem Wachpersonal sei er in der Knast-Hierarchie, so erzählt Ruzicka, zunächst ganz unten gewesen. Weil aber die Hierarchie entscheidet, wann man Post bekommt und wie lange man telefonieren darf, habe er sich auf einen zermürbenden Machtkampf mit zahlreichen schriftlichen Anträgen und Dokumentationen eingelassen. Um nicht als depressiv eingestuft zu werden, habe er sich extra nicht abgeschottet und unter die Häftlinge gemischt. Denn mit dem Hinweis einer Selbstmordneigung würden weitere Paragrafen ausgehebelt und er wäre von der Gunst eines Psychologen abhängig geworden.
Nachdem er schlussendlich in der internen Gefängnis-Hierarchie als schreibkundiger Manager ein gewisses Standing hatte, konnte er sich relativ frei innerhalb der Mitgefangenen bewegen, sagt Ruzicka. Er arbeitete bei der Gefängnisbücherei und schrieb für die Gefängniszeitung. An den Abenden arbeitete er sich immer tiefer und tiefer in die Aktenlage seines Prozesses ein, in Gutachten und Urteile über das Mediasystem. Schlussendlich stritt er sich um eine hohe Abfindung mit seinem ehemaligen Arbeitgeber Aegis Media. Ein zweiter Prozess wegen Prozessbetrugs endete mit einem Freispruch. Daraufhin war auch der Weg zu einer vorzeitigen Entlassung geebnet. Ruzicka kam überraschend am 1. April dieses Jahres frei.
Nun möchte er wieder anpacken, sagte er der "FAZ", er habe schon Kontakt mit alten Bekannten aufgenommen. Nicht in der ersten Reihe wolle er arbeiten, aber immerhin doch noch als Berater. Fürs standesgemäße Outfit und das entsprechende Selbstbewusstsein jedenfalls scheint schon gesorgt zu sein. Die Zeitung schreibt von Accessoires wie Hermés-Tuch und neuestes iPhone-Modell, die der ehemalige Media-Manager auch jetzt noch trage.
Im Interview mit W&V-Chefredakteur Jochen Kalka hatte Ruzicka im April dieses Jahres noch nicht verlauten lassen wollen, wohin es ihn beruflich drängt. Zunächst stehe das Private an erster Stelle - die Beziehung zu seinem Lebenspartner Thomas. Jetzt ist offenbar das Berufliche wieder stärker in den Vordergrund gerückt. Ruzicka zeigte sich gegenüber der "FAZ" angesichts seiner weiteren Pläne zuversichtlich: "Da geht wieder was". Schon Anfang des Monats war durchgesickert, dass sich Ruzicka im Bereich Relationship Management selbstständig machen wolle. Dazu habe er die Agentur Inzide gegründet.