
Interview mit Thomas Dockter: Der Hype um Digital Signage
Kaum ein neues Medium wird derzeit so gehypt wie Digital Signage. Gerade die Möglichkeit, die Stimmungen und EMotionen der Verbraucher über Digital Signage beeinflussen zu können, faszinieren die Werbungtreibenden und Agenturen. Im Interview mit W&V Online erläutert Thomas Dockter, anerkannter Spezialist für diese junge Disziplin, anhand von Praxisbeispielen die vielfältigen Chancen und vermeidbaren Risiken für den Einsatz in Marketing- und Werbestrategien.
Kaum ein neues Medium wird derzeit so gehypt wie Digital Signage. Gerade die Möglichkeit, die Stimmungen und EMotionen der Verbraucher über Digital Signage beeinflussen zu können, faszinieren die Werbungtreibenden und Agenturen.Thomas Dockter ist anerkannter Spezialist für Digital Signage.und fungiert als Jury-Präsident des Digital Signage Best Practice-Award, der im Rahmen der Viscom vergeben wird. Dockter st Inhaber der Kölner Unternehmensberatung Dockter!Marketing und berät Unternehmen und Agenturen bei der Einbindung des jungen Mediums in Marketing- und Werbestrategien. Im Interview mit W&V Online erläutert er die vielfältigen Chancen und vermeidbaren Risiken für Unternehmensengagements in dem neuen, dynamischen Kommunikationsbereich. Die wichtigsen fünf Regeln haben wir untenstehend in einer Checkliste zusammengefasst.
Welche digitalen Medien fassen Sie unter dem Begriff Digital Signage zusammen?
Thomas Dockter: Bei dem jungen Medium Digital Signage wird manches vermischt, was eigentlich klar getrennt werden müsste. Wer von Digital Signage spricht, sollte grundsätzlich zwei Bereiche unterscheiden: Da ist zum einen der Bereich Digital Out of Home, also digitale Werbeträger oder -flächen, deren zeitlich befristete Belegung von einem Anbieter vermarktet wird. Und zum anderen der Bereich Digital Signage, wie er derzeit im Handel etabliert wird. Als zusätzliche Möglichkeit, den Kunden direkt im Laden über Angebote des Geschäfts zu informieren, oder auch, um Emotionen, Stimmungen, Moods zu erzeugen.
Wo sehen Sie die größten Zukunftschancen?
Dockter: Im Bereich Digital Out of Home setzt Ströer heute schon Maßstäbe mit seiner Präsenz in den Bahnhöfen. Die Bahnhofswerbeflächen sind super sauber konzipiert. Im Handel befinden sich viele Digital Signage-Projekte zur Zeit noch in Experimentier- und Entwicklungsphasen. Rewe nutzt beispielsweise ein klassisches Kombi-System, bei dem ein externer Out of Home-Anbieter die Bildschirme betreibt, auf denen dann sowohl Rewe, als auch Markenanbieter ihre Inhalte präsentieren. Kaisers hingegen steuert seine Digital Signage-Aktivitäten komplett selbst. Generell gilt es ja auch heraus zu finden, welches System für welchen Zweck am sinnvollsten ist.
Geben Sie uns Beispiele ...
Dockter: Ein gutes Beispiel dafür ist die amerikanische Supermarkt-Kette Walmart. Dort hat man jetzt, nach einigen Jahren Erfahrung mit einem externen Anbieter, beschlossen, Digital Signage vom reinen Out of Home-Medium zu einem eigenen Marketing-Instrument zu machen. Es gibt aber auch schon erfolgreiche Beispiele dafür, wie Digital Signage genutzt werden kann, um bestimmte Stimmungen in den Laden zu transportieren. Bei Sportscheck (s. Bild) schaffen Visualisierungen via Großbildschirm in einzelnen Sportbereichen beeindruckende emotionale Effekte. In Verbindung mit interaktiven Bildschirmen wird das verfügbare Angebot um den kompletten Online Store erweitert. Ein weiteres Beispiel ist das kürzlich eröffnete Westfield-Shopping Center in London. Dort kommen extrem viele Videowalls zum Einsatz, die die Kunden der einzelnen Shoppingareas emotional ansprechen. Durch entsprechende Visualisierungen und Effekte werden die Moods dort von der Mall bis in die einzelnen Läden transportiert.
Wie schnell wird Digital Signage sich weiterentwickeln?
Dockter: Verglichen mit dem Internet-Boom befinden wir uns mit Digital Signage gerade ungefähr im Jahr 2001, kurz nach dem Platzen der Blase. Es passiert zur Zeit sehr viel, auch in Sachen Konsolidierung. Die technischen Lösungen sind ja nur die eine Seite. In den Fokus rücken aber zunehmend konzeptionelle Fragen. Es geht jetzt mehr darum zu fragen, welche Anwendung für welchen Zweck am sinnvollsten und am effizientesten ist. Ich bin sicher, dass mit dieser Herangehensweise im Bereich Digital Signage ein riesiges Potential steckt. Ein Modell, das wirtschaftlich sehr erfolgreich arbeitet, ist Wartezimmer-TV. Heute hängen über 4.000 Bildschirme in deutschen Arztpraxen und das Medium bietet perfektes Targeting. Werbungtreibende wissen genau, wer der Empfänger ist und können ihr Publikum zielgruppengenau ansprechen.
Was zeichnet ein gutes Digital Signage-Konzept aus?
Dockter: In der Vergangenheit scheiterten viele Projekte schon in der Anfangsphase wegen zu hoher Technikkosten. Das passiert immer dann, wenn sozusagen erst einmal Hammer und Nägel gekauft werden, bevor fest steht, welches Bild man aufhängen will. Die erste Frage sollte immer lauten: Was ist die Kommunikationsaufgabe? Wenn das geklärt ist, lässt sich erkennen, wo Digital Signage sinnvoll ist und welche Technik dafür benötigt wird. Für den Handel bedeutet dies aber auch eine Wende weg vom Channel-Denken, hin zum Touch-Point-Denken. Die zentralen Fragen lauten hier: Mit welchen Bedürfnissen kommt der Kunde in das Geschäft und wie kann ich ihm durch Digital Signage die gewünschten Serviceleistungen und Informationen zukommen lassen? Auf der Viscom stellen wir im Rahmen von Mini-Summits dazu konkrete Projekte aus den Bereichen Hospitality und Retail vor, geben mit dem Thema 3D und Digitalisierung aber auch Ausblick auf neue technische Entwicklungen.
Das Interview mit Thomas Dockter führte Kirsten Akanho.
Mehr zum Thema Visuelle Kommunikation lesen Sie hier im Special von W&V Online. Infos zur Viscom (13. bis 15. Oktober in Düsseldorf)als Europas wichtigste Messe rund um Visuelle Kommunikation und Digital Signage finden Sie ebenfalls in unserem Special sowie hier.