
AGF Forum 2014:
Jüngere sehen Joko und Klaas lieber im Internet-Stream
Im Internet punkten TV-Event-Kracher: Das zeigen erste Ergebnisse der medienübergreifenden Bewegtbildwährung, die die AGF bei der Jahresversammlung im Fokus hatte.
Zu ungenau, nicht repräsentativ, unrealistisch, Datenschrott! Die Kritik an der Messung der Fernsehquoten ist laut und deutlich. Uwe Storch, Head of Media bei Ferrero und Vorstandsmitglied der Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung (AFG), hält dagegen: "Der deutsche Markt hat mit den TV-Reichweiten der AGF eine Währung, die es zu verteidigen gilt", sagte er bei der alljährlichen Forumsveranstaltung der AGF, die in Frankfurt am Main unter dem Motto "Bewegtbild im Fokus" stattfand. Ein aktuelles Ziel der AGF ist es, die Internet-Quote mit der Fernsehquote zu vereinigen und so eine aussagekräftige Konvergenzwährung für die Werbewirtschaft zu schaffen. Dazu hat die Arbeitsgemeinschaft ein Streaming-Projekt ins Leben gerufen - das allerdings noch in den Kinderschuhen steckt.
Erste Erkenntnisse aus den bisher gesammelten Streaming-Daten sind zum Beispiel, dass im Internet ausschließlich die Event-Kracher aus dem Fernsehen hoch im Kurs stehen, wie etwa Joko und Klaas auf ProSieben und die RTL-Kuppelshow "Der Bachelor". Hohe Quoten im Fernsehen sind allerdings nicht automatisch ein Garant für den Erfolg im Stream. "Streaming funktioniert nach dem Prinzip ,Click To Play‘. Daher gibt es wenig bis keine zufälligen Mitseher, sondern nur echte Fans“, Robert Schäffner, stellvertretender Direktor Research beim RTL-Vermarkter IP Deutschland und Leiter des AGF-Referats Messtechnik. Wichtige Erkenntnis für TV-Macher: Die Internet-Video-Nutzer sind durchweg jünger als bei den jeweiligen TV-Äquivalenten.
Schäffner stellte im Rahmen des AGF-Forums die Entwicklung des Streaming-Projektes vor. "In der nächsten Phase werden auch RTL.de und die ARD-Mediatheken dabei sein. Weitere Interessenten wie die Viacom-Gruppe, der Video-Dienst Zattoo und der Pay-TV-Anbieter Sky wollen ebenfalls mit ins Boot“, sagte er. Um den Bewegtbildmarkt realistisch abbilden zu können, sei die Öffnung der Arbeitsgemeinschaft für weitere Player notwendig, betonte auch AGF-Vorstand Storch. Er rief Google und Co dazu auf, sich zu integrieren und mahnte die AGF, sich zu öffnen. "Wir sind bereits im Gespräch mit Google. Noch ist es zu früh, Genaues zu sagen, aber es besteht von beiden Seiten der politische Wille, zusammenzuarbeiten."
Eine weitere Aufgabe der AGF: Bislang wird das Video-Streaming ausschließlich auf Computern und Laptops erfasst. Doch es wird zur Zeit verstärkt an der Erweiterung auf mobile Endgeräte wie Smartphones und Tablets gearbeitet. "Noch in diesem Jahr sollen erste Test durchgeführt werden", sagte der stellvertretende AGF-Vorsitzende Martin Berthoud.
Neben dem Video-Streaming war bei dem AGF-Forum auch die Entwicklungen der Netto-Reichweiten bei jungen Zielgruppen ein großes Thema: Sie sinken nämlich. Gründe dafür sind auch, dass die Jungen im TV-Panel offenbar vergessen, sich anzumelden oder Fernsehgeräte nutzen, die nicht an das Messgerät angeschlossen sind. Deshalb arbeitet die Arbeitsgemeinschaft derzeit daran, ihre Methoden zu verbessern. "Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass TV unverändert in durchweg allen Zielgruppen große Reichweiten generiert", so Guido Modenbach, Geschäftsführer von Seven One Media. Für Rekordergebnisse sorgte in diesem Jahr die Fußball-WM, die über 90 Prozent aller Deutschen schauten. Bei der Sehdauer erwartet Modenbach eine leichte Steigerung gegenüber dem Vorjahr. Bei der Verteilung der Zuschauermarktanteile gewinnen in 2014 nicht nur die beiden WM-Sender ARD und ZDF, sondern vor allem auch die TV-Newcomer wie RTL Nitro, Disney Channel, Sixx oder ProSieben Maxx.
Interne und externe Qualitäts-Checks, die im Sommer 2014 durchgeführt wurden, haben die Zuverlässigkeit der Quotenmessungen bestätigt. Die Panel-Teilnehmer melden sich korrekt an und ab. Interessant: "Knapp elf Prozent der befragten Teilnehmer nutzen während des Fernsehens parallel noch internet-basierte, digitale Endgeräte", sagte Elmar Klemm, Director Research Brand Science. Das sind doppelt so viele wie bei der letzten Befragung vor vier Jahren.
Sylvia Meilin Weber/rfi