
Rückzug aus Deutschland:
JWT: Aus für das Hamburger Headquarter
Kahlschlag in der Hansestadt: Das Network JWT schließt 2013 das Hamburger Büro. Rund 30 Mitarbeiter müssen gehen, darunter auch JWT-Chef Martin Wider sowie Kreativchef Till Hohmann.
Kahlschlag in der Hansestadt: Das Network JWT schließt 2013 das Hamburger Büro. Rund 30 Mitarbeiter müssen gehen, darunter auch JWT-Chef Martin Wider sowie CCO Till Hohmann.
Der Schritt kommt überraschend. JWT, die wohl weltweit älteste Agenturgruppe, zieht sich als Marke weitgehend aus dem deutschen Markt zurück. Offiziell heißt es, mit der Reorganisation reagiere man auf die Bedürfnisse der Kunden. Fakt ist: Der internationale Kunde Kraft, der bislang in Teilen von Hamburg aus betreut wurde, wird künftig komplett von London versorgt. Was mit den übrigen Hamburger Kunden passiert, ist nicht bekannt. Die übrigen Büros in Frankfurt, Düsseldorf und Stuttgart berichten fortan direkt ans europäische JWT-Headquarter in London.
Damit ist offiziell der Versuch gescheitert, die Marke JWT in Deutschland wieder als attraktive Marke zu etablieren. Schon bald nachdem Martin Wider im November 2008 seinen Posten als CEO angetreten hatte, begann er mit dem Umbau der kriselnden Agenturgruppe. Sie hatte innerhalb weniger Monate so wichtige Kunden wie Vodafone und Knorr verloren und galt als graue Maus unter den Networks. Erschwerend kam hinzu: Cherry on the Cake, ein Joint Venture von JWT und Mindshare, sowie die WPP-Beteiligung Santamaria lösten sich auf. Das Geschäftsergebnis der letzteren war bei JWT konsolidiert worden.
Wider versuchte daraufhin, JWT zur "internationalsten Networkmarke Deutschlands" umzupositionieren und holte dafür auch Till Hohmann als Kreativpartner nach Hamburg, dem neuen Headquarter. Zentraler Kunde: Kraft (Jacobs). Parallel wurde in die digitale Expertise der Agentur investiert. 20 Prozent des Umsatzes seien zuletzt mit digitalen Aufgaben erzielt worden, heißt es. Erst vor wenigen Monaten wurden die JWT Buddies, ein Joint Venture der Social Media-Agentur Buddybrand, Berlin, und JWT ins Leben gerufen.
Glaubt man dem deutschen Management, so konnte das Jacobs-Geschäft sukzessive ausgebaut werden - teils auf Kosten der Networkagentur TBWA, einer weiteren "Kraft-Agentur". Hinzu kamen neue Aufgaben unter anderem für die türkische Biermarke Efes Pilsener, den Shoppingcenter-Betreiber Neinver sowie das Vitaminprodukt Berroca. Volumenstarkes Neugeschäft aus Deutschland allerdings blieb aus. Auch bei der eigenen Kreativleistung konnte JWT Deutschland Boden gut machen. 2012 gab es einen Löwen in Cannes, im Jahr zuvor einen Effie.
Was von JWT in Deutschland bleibt? In Frankfurt sucht die Mannschaft (Schwerpunkt Shopper Marketing) gemeinsam mit Kollegen aus anderen WPP-Agenturen gerade nach einer neuen Bleibe. In Düsseldorf dreht sich alles um den Autokunden Mazda. WPP hatte dafür Ende 2011 "Cosmo" gegründet, ein Gemeinschaftsprojekt der Tochterfirmen JWT (Werbung), Mindshare (Media) und Wunderman (CRM). Und Stuttgart? Dort werkelt RMG Connect, quasi der CRM- und Dialogmarketing-Arm von JWT. Wichtigster Kunde: Mercedes.
Ist der Rückzug der Marke JWT aus Deutschland nur ein Einzelfall? Wohl kaum. Gut denkbar, dass in den kommenden Monaten weitere Networks den (un-)geordneten Rückzug aus Deutschland antreten. Schwächelnde Kandidaten gibt es genug.