
Wettbewerbszentrale:
Kritik an Werbung für Desinfektionsmittel
Die Corona-Pandemie hat Desinfektionsmittel zu begehrter Ware gemacht. Werbung und Kennzeichnung vieler dieser Produkte allerdings geben Grund zur Beanstandung, findet die Wettbewerbszentrale.

Foto: Wettbewerbszentrale
Desinfektionsmittel sind gefragt, mehr denn je. Waren sie zu Beginn der Coronazeit Mangelware, sind die Regale mittlerweile gut gefüllt.Die Wettbewerbszentrale allerdings sieht in vielen Fällen von Werbung für und Kennzeichnung von Desinfektionsmitteln Grund zur Beanstandung.
Der Grund: Desinfektionsmittel, die unter anderem Bakterien, Viren, Pilze entfernen sollen, gehören zu den sogenannten Biozide. Für diese Produktgruppe allerdings gilt die Biozidverordnung, die sowohl für die Etiketten als auch die Werbung vorschreibt, mit welchen Aussagen nicht geworben werden darf.
So heißt es in Artikel 69 der Verordnung, dass das Etikett hinsichtlich der Risiken des Produktes für die Gesundheit von Mensch und Tier nicht irreführend sein dürfe. Als unzulässige Angaben sind explizit genannt "Biozidprodukt mit niedrigem Risikopotential", "ungiftig", "unschädlich", "natürlich", "umweltfreundlich", "tierfreundlich" oder "ähnliche Hinweise".
Eine fast gleichlautende Regelung enthält Artikel 72 der Verordnung für die Werbung.
Dem zugrunde liegt die Tatsache, dass es sich bei Bioziden um Produkte handelt, die Schädlinge abtöten, damit aber auch negative Auswirkungen auf Mensch und Umwelt haben können. Die Produkte sollen deshalb aus Sicht des Gesetzgebers in der Werbung nicht verharmlost werden.
Aussagen mit Umweltbezug
Unter diesem Gesichtspunkt hat die Wettbewerbszentrale nun Aussagen beanstandet wie "bio", "ökologisches Universal Breitbanddesinfektionsmittel", "es wirkt ganz natürlich" und ähnliche umweltbezogene Hinweise.
Aber auch Aussagen wie "hautfreundlich" sind nach Auffassung der Wettbewerbszentrale irreführend bei Produkten, die Schädlinge abtöten sollen. In einem Fall wurde sogar geworben mit der Angabe auf dem Produkt "für Babys und Kleinkinder geeignet" mit der Abbildung eines Schnullers. Laut Wettbewerbszentrale erwecke das den irreführenden Eindruck, man könne das Produkt bedenkenlos bei Kindern anwenden.
Unternehmen hingegen argumentierten, dass Aussagen wie "augen-, haut- und schleimhautfreundlich" weder zu den ausdrücklich verbotenen Aussagen gehörten noch zu den genannten "ähnlichen" Hinweisen.
Nach Angaben der Wettbewerbszentrale soll das nun gerichtlich geklärt werden, um Rechtssicherheit für die Branche herbeizuführen.
Fehlender Warnhinweis und Werbung mit Zertifikaten
Darüber hinaus ist ähnlich wie bei der Arzneimittelwerbung ein Warnhinweis vorgeschrieben: "Biozidprodukte vorsichtig verwenden. Vor Gebrauch stets Etikett und Produktinformation lesen."
Dieser Warnhinweis fehlte laut Experten der Wettbewerbszentrale in der Werbung oft oder war an Stellen angebracht, an denen er nicht deutlich genug war.
Zudem wird auch für Desinfektionsmittel mit Siegeln oder Testergebnissen geworben. Auch hier gilt: Testergebnisse müssen nachvollziehbar, Zertifikate tatsächlich für das beworbene Produkt verliehen sein. Die Wettbewerbszentrale hat Unterlassungsklage eingereicht gegen ein Unternehmen, das mit einem VAH – Zertifikat für das gesamte Produktsortiment warb; tatsächlich hatte es das Zertifikat aber nur für ein Produkt erhalten.
Insgesamt hat die Wettbewerbszentrale bereits in elf Fällen die Werbeaussagen im Internet oder die Etiketten kritisiert. In sechs Fällen führte das Einschreiten der Wettbewerbszentrale zur Umstellung der Werbung, zweimal wurde eine Unterlassungsklage eingereicht. In drei weiteren Fällen dauert der Austausch mit den Unternehmen noch an.
Die Wettbewerbszentrale
Die Wettbewerbszentrale ist die größte und einflussreichste Selbstkontrollinstitution für fairen Wettbewerb. Getragen wird die gemeinnützige Organisation von mehr als 1.200 Unternehmen und über 800 Kammern und Verbänden der Wirtschaft.
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