
Headsahead:
Lieber Manager als "Galionsfigur": Personalsuche in der Medienbranche
An "Galionsfiguren" fehlt es der Medienbranche nicht, dringender gefragt sind jedoch Managerqualitäten, um operative Prozesse zu verbessern. Das meint Headhunter Achim Wellenberg. In einem Gastbeitrag für W&V Online erklärt der Recruiting-Experte, worauf Medienhäuser bei der Personalauswahl achten sollten.
An "Galionsfiguren" fehlt es der Medienbranche nicht. Dringender gefragt sind in Zeiten des Wandels jedoch Managerqualitäten, um operative Prozesse zu verbessern. Hier sieht Recruiting-Experte Achim Wellenberg* von Headsahead jedenfalls deutlichen Handlungsbedarf. In einem Gastbeitrag für W&V Online fasst der Headhunter seine wichtigsten Erfahrungen zusammen und beschreibt, was die Medien- und Kreativbranche von anderen Sparten unterscheidet, wenn es um das Thema Personal geht. Und worauf sie bei der Personalauswahl achten sollte.
Eins vorab: Es ist beeindruckend zu sehen, wie fruchtbar die Medienbranche ist - ein Sprudeln von Ideen, wenn es um Produkte und Formate geht. Aber: Bei der Umsetzung operativer Prozesse wird dort häufig Handlungsbedarf deutlich. Wie kommt das in einem Bereich zustande, in dem doch mehr als anderswo so viele intelligente Menschen tätig sind?
Wir haben festgestellt, dass die Verantwortlichen in den Supportabteilungen - Marketing, Geschäftsführung, Vertrieb und Finance - selbst oft aus dem Kreativ- und Produktionsbereich stammen. Rekrutierungsprozesse laufen insofern häufig über die eigenen Netzwerke, da die Branche auch stark untereinander verwoben ist. Qua Selbstverständnis sind die Socialising Networks extrem ausgeprägt. Man „schmort“ da allerdings auch mehr „im eigenen Saft“ als anderswo. Der Helikopterblick aus der Distanz ist hier manchmal zu wenig ausgeprägt.
Generell lehrt uns unsere Erfahrung, dass es wichtig ist, Führungspositionen mit den Menschen zu besetzen, die für diese Führungsposition bereits zuvor die benötigten Erkenntnisse gesammelt haben, die die Prozesse des entsprechenden Bereichs genau kennen, die über Know-how verfügen, eine Organisation in diesem Segment aufzubauen. Sicher werden „Galionsfiguren“ für große Marken benötigt, aber sie müssen auch klassische Managementfähigkeiten gelernt haben. Eine spezifische Branchenerfahrung ist ebenso wichtig, damit die Akzeptanz der Mitarbeiter entsteht. Aber: bitte immer auch mit Branchenerfahrung in dem Bereich, in dem die Kandidaten eingesetzt werden sollen.
Wir sehen natürlich, dass Medienerzeugnisse in der Regel nicht einfache Handelsprodukte sind, sondern sie auch eine wichtige gesellschaftliche Funktion haben. Von daher nehmen die Inhalte und deren Produzenten noch einmal eine gesteigerte Bedeutung ein. Aber wenn beispielsweise eine Human Resources-Abteilung in einem Medienhaus kaum wahrgenommen wird, dann ist klar, dass ebenso bestimmte wichtige Prozesse und Strukturen zu wenig Beachtung finden.
Nur den Blick auf einen Bereich von verschiedenen wichtigen Bereichen zu richten - das ist auch ein Ausdruck von Betriebsblindheit. Und kurzfristige, aus emotionalen Impulsen heraus getroffene wichtige Personalentscheidungen verbessern diese Situation nicht.
Unser Rat: Bei den Grundlagen beginnen. Etwa mit exakten Arbeitsplatzbeschreibungen, klar definierten Prozessen und Strukturen, die einer ständigen Begutachtung unterworfen sind.
Angesichts der Digitalisierung geht es jetzt noch mehr als früher darum, Managementprofis einzusetzen, die dafür sorgen, dass die traditionell gewachsenen Medienhäuser ihre Geschäftsmodelle an veränderte technische Voraussetzungen und verändertes Kundenverhalten anpassen. Wie werden Vertriebswege gefunden? Die Antwort auf diese Frage ist die größte Herausforderung nicht nur in dieser Branche zurzeit.
Dabei ist klar: Marketing und Inhalt stehen in solch einer Situation vielleicht noch stärker als früher im Gegensatz zueinander. Umso mehr sind hier klare Ansagen der Geschäftsführung gefordert. Sie muss als Instanz dienen, um die Bereiche konstruktiv abzugrenzen bzw. zu verbinden. Und das ist die Herausforderung für uns Personalberater: die geeigneten, emphatischen Akteure zu finden, die über das notwendige Wissen zu den verschiedenen Bereiche verfügen und die in der Lage sind, das Unternehmen zu verkörpern und es ausgleichend zu führen.
*Achim Wellenberg ist Partner bei Headsahead. Der Headhunter berät große Kunden im Medienbereich.