
Peer Steinbrück:
Lumma und die Social-Media-Sozis: "Peerblog ist nicht hilfreich"
Der Peerblog als Problemblog: Steinbrücks Social-Media-Unterstützer und ihre anonymen Sponsoren bringen die SPD in Erklärungsnot. Ein Fall von vermeidbarer Katastrophen-Kommunikation? W&V Online hat bei Alphablogger Nico Lumma nachgefragt. Der frühere Scholz-&-Friends-Manager ist Chief Operating Officer bei der Beteiligungsgesellschaft Digital Pioneers und bekennendes SPD-Mitglied.
Der Peerblog als Problemblog: Steinbrücks Social-Media-Unterstützer und ihre anonymen Sponsoren bringen die SPD in Erklärungsnot. Ein Fall von vermeidbarer Katastrophen-Kommunikation? W&V Online hat bei Alphablogger Nico Lumma nachgefragt. Der frühere Scholz-&-Friends-Manager ist Chief Operating Officer bei der Beteiligungsgesellschaft Digital Pioneers und bekennendes SPD-Mitglied.
Herr Lumma, Sie gelten als der Social-Media-Sozi, weil Sie nie einen Hehl daraus gemacht haben, dass Sie die SPD unterstützen. Was war Ihr erster Gedanke, als Sie den Peerblog gesehen haben?
Nico Lumma: Mein erster Gedanke war "kann man machen, ist aber nicht hilfreich".
Und wie nehmen Sie die Peerblog-Stimmung in SPD-Kreisen wahr?
Die Offenlegung der Finanzierung des Blogs wird einhellig gefordert, ansonsten wird das Peerblog als eine Unterstützerplattform angesehen, von denen es im Wahlkampf viele geben wird.
Wie digital tickt die SPD eigentlich? Müssen Sie und Sascha Lobo noch Nachhilfe geben?
Die SPD genauso digital wie viele große Unternehmen auch. Da gibt es Führungspersönlichkeiten, die schon etwas weiter sind und ihre Leute mitziehen, aber es gibt auch immer noch viele, die andere Prioritäten setzen. Sascha Lobo und ich bieten keine Nachhilfekurse an, dafür ist das Willy-Brandt-Haus mit dem Newsdesk auch schon sehr stark besetzt und auch die Bundestagsfraktion weiss, wie digitale Medien effektiv einzusetzen sind. Der Einsatz von Liquid Feedback bei der programmtischen Ausgestaltung des Kreatvipakts der SPD Bundestagsfraktion zeigt, dass die Partei nicht nur inhaltlich die richtigen Themen besetzt, sondern es auch versteht, die richtigen Tools einzusetzen, um nur ein Beispiel zu nennen. Frank-Walter Steinmeier hat in einem langen Prozeß zusammen mit Protagonisten aus der Kreativbranche den Kreativpakt verabschiedet, der meines Erachtens deutlich zeigt, wie digital die SPD in ihren Inhalten bereits ist, denn die Kreativbranche ist die Zukunftsbranche Deutschlands. Insofern geben Sascha und ich immer wieder gerne Impulse, aber wir sehen auch, dass andere hervorragende Arbeit innerhalb der SPD leisten.
Social Media soll ja möglichst authentisch sein. Warum bloggt Steinbrück dann nicht selbst?
Es ist ein weitverbreiterter Irrglaube in Deutschland, dass ein Unternehmenschef, ein Parteichef oder ein Spitzenkandidat alles selber machen muss. Dafür gibt es einen Stab, die kümmern sich um das Schreiben von Reden, um Social Media oder auch um das Formulieren von Positionen. Barack Obama hat nicht selber getwittert, wohl aber einen engen Feedbackloop mit seiner Kampagneführung gehabt. Ein unabhängiges Unterstützerblog ist nicht die schlechteste Idee, es kommt allerdings wie immer auf die Details bei der Umsetzung an. Letztendlich entscheiden die Nutzer, was sie relevant finden und da kann man nicht mit altem Wein in digitalen Schläuchen kommen und eine digitale Hochglanzbroschüre abliefern. Man kann heutzutage ohne Social Media nicht mehr kommunizieren. Wenn man es selber nicht aktiv nutzen will, dann überlässt man anderen die Spielfläche und damit auch die Deutungshoheit. Und ganz nebenbei erreicht man viele Menschen nicht mehr so leicht. Facebook ist wie Fernsehen, wenn man dort nicht ist, findet man nicht statt. Das kann man beklagen, aber man sollte es langsam akzeptieren und die Strategie entsprechend ausrichten.
Thomas Knüwer hat die Macher des Peerblog ja ziemlich aggressiv kritisiert. Da ist von einem "im Web zutiefst erfolglosen Dienstleister" und "nicht unerheblicher Mengen Psychopharmaka" die Rede. Ist das auch noch der Charme der Social-Media-Authenzität oder schon unter der Gürtellinie?
Ach, das ist Thomas, der will einfach nur Aufmerksamkeit und bedient sich daher einer etwas stärkeren Wortwahl. Ich wäre für eine derartige Vorgehensweise viel zu schüchtern und zurückhaltend, aber so hat eben jeder seinen eigenen Stil.