
Paradise Papers:
Matratze zu klein? Wie sich Springer mit den Superreichen solidarisiert
Mit einem merkwürdigen Video-Kommentar beteiligt sich Springers Welt an der Berichterstattung zu den Paradise Papers. SZ-Chefredakteur Krach legt sich derweil mit Apple an.

Foto: Welt.de
Es sind skurrile Blüten, die die Paradise Papers nun hervorbringen. Die Enthüllungen zum Thema Finanzwelt und Steueroasen, die die Süddeutsche Zeitung gemeinsam mit dem Recherchenetzwerk ICIJ derzeit veröffentlicht, werfen kein gutes Licht auf (teilweise legale) Steuervermeidungspraktiken von Konzernen wie Apple und Nike, Superreichen, Fußballfunktionären und Politikern.
Während SZ, NDR, WDR sowie New York Times, BBC, Guardian und Le Monde täglich neues Material ans Licht bringen, macht sich der Verlag Axel Springer in seinen Publikationen Bild und Welt zum Verteidiger der armen Reichen. Zunächst prangerte Bild am 6. und 7. November an, dass die sogenannten "kleinen Leute" die Staatskasse enorm belasten - und nannte unter anderem "die illegal beschäftigte Putzfrau, die als Geschäftsessen deklarierte Geburtstagsfeier oder falsche Angaben bei der Pendlerpauschale", dazu "Schwarz-Einnahmen von Taxifahrern, Gastronomen usw." (Burdas Focus schloss sich an).
Eine Runde Mitleid für Steuervermeider ...
Abends legte der als seriöser geltende Schwestertitel Welt nach: Mit einem Videokommentar von Olaf Gersemann, Ressortleiter Wirtschaft und Finanzen bei Die Welt/Welt am Sonntag. Tenor: Die Steueroase sei das "Bargeld des reichen Mannes", das geschützt werden müsse - schließlich hätten die Reichen zu viel Geld, "um es in der Matratze oder im Wandtresor unterzubringen"; zudem würden Steueroasen Bürger in autoritären Regimen schützen - wären aber auch dann sinnvoll, wenn es keine solchen Regime gäbe; drittens böten Steueroasen "Schutz vor der Gier der Finanzminister" - denn die wollten damit unter anderem den Sozialstaat finanzieren!
Das klingt unglaublich? Hier geht's zum Video der Welt.
Nicht nur im Netz, sogar unter dem Video auf der Welt-Webseite selbst hagelte es Kritik für den Beitrag Gersemanns. Viel Spott und Unverständnis gab es außerdem auf Twitter, ebenso Spekulationen darüber, wie der Kommentar zu erklären sei:
Immerhin, die Welt ist eine vielfältige: Inzwischen konterte der leitende Wirtschaftsredakteur Holger Zschäpitz mit "Steueroasen sind asozial".
Das immerhin dürfte den Vorwurf entkräften, man sei bei Springer lediglich sauer, dass die brisanten Papiere der Konkurrenz aus München zugespielt wurden und nicht dem Haus von Welt und Bild.
... und ein wütender Apple-Fan
Inzwischen legte sich Wolfgang Krach, Chefredakteuer der SZ, wegen der Steuersparpolitik des Konzerns in einem offenen Brief mit Apple-Chef Tim Cook an - obwohl bekennender Fan und Nutzer der Produkte von Apple. Den Paradise Papers zufolge hat Apple, das gern über Transparenz und moralische Verantwortung spricht, über auf Steuerersparnis spezialisierte Kanzleien wie Appleby Firmenkonstrukte eingerichtet, die dem Tech-Konzern ermöglichten, außerhalb der USA nur zwischen einem und sieben Prozent Steuern zu zahlen - auf Gewinne von bis zu 44 Mrd. Dollar.
Krach: "Warum erheben Sie den Anspruch, in einem Land keine Steuern zu bezahlen? Wollten Sie diese Null-Besteuerung zur Voraussetzung dafür machen, dass Sie sich dort niederlassen? Mit welchem Recht?" Der SZ-Chefredakteur fordert Cook dazu auf, auf diese und andere Fragen Antworten zu geben. "Apple macht für sich geltend, ein transparentes Unternehmen zu sein. Wenn dem so ist, gibt es doch keinen Grund, weiterhin zu schweigen, oder?"
Der Verlag Werben & Verkaufen ist ein Tochterunternehmen des Süddeutschen Verlages, in dem die SZ erscheint.