Sky-CEO Brian Sullivan gibt zu, dass er Google nutze, Facebook und Google+ aber für sich ablehne – seine Nutzerprofile will der dreifache Vater den Web-Konzernen nicht überlassen. Seine Daten zu Werbezwecken nutzen – das geht dem erfahrenden Medienmanager in Zeiten von "Prism" zu weit. Der anwesende deutsche Google-Vertreter Philipp Justus versucht zu kontern mit dem Argument, dass Suchmaschinenarbeit immer Vertrauen voraussetze, zumal die Konkurrenz nur einen Klick entfernt sei. Werbeblock? Zuvor hat Aigner offensichtlich auf den Konzern abgezielt, wenn sie formuliert, der Wettbewerbsverzerrung durch Steuerdumping müsse ein Riegel vorgeschoben werden. Sie spielt auf den Umstand an, dass internationale Unternehmen in Deutschland Gewinn abschöpfen, die Steuern indes nicht hier begleichen.

Optimismus verströmt ausgerechnet ein Vertreter des Printlagers, das in besonderem Maße Leser und Werbekunden an das Internet verliert. Der Münchner Verleger Dirk Ippen („tz“, „Merkur“) räumt zwar ein, dass die Digitalisierung die Zeitungsbranche unter „unglaublichen Handlungsdruck“ setze. Aber die Infoquellen blieben letzten Endes sogar über den mobilen Weg der Smartphones die klassischen Medien. Ippen appelliert an seine Kollegen: Der verstärkte Wettbewerb erfordere mehr Kreativität und bessere Inhalte in der Zeitung. Gute Zeitungen seien "Solidarsysteme", mit denen sich der Leser solidarisieren und verbünden könne. Dann könne das Medium auf neuen Wegen gut bestehen, meint Ippen. „Die Zeitung als Commodity ist heute überall und jederzeit erreichbar“, so der Münchner Verleger. Er wieß um die Omnipräsenz der neuen Medien. Kaum jemand könne sich noch dagegen entscheiden, überhaupt online zu gehen. "Entweder online, schlafen oder tot", so Ippen. Und er sagt auch: "Die Jugend ist ein großes Problem." Wie wird das erst mit den klassischen Medien, wenn die "digital Natives" die Mehrheit der Bevölkerung stellen?

Für ein „eher kleines“ Unternehmen wie Sky biete die Digitalisierung viele Chancen, meint Sullivan – und zeigt keine „German Angst“ vor den aus seiner Sicht nachvollziehbaren wirtschaftlichen Interessen der Telekommunikationsanbieter und Netzbetreiber. Ähnlich argumentieren die Vertreter von VPRT und ProSiebenSat.1, Tobias Schmid und Conrad Albert. VPRT-Chef Schmid wirft ein, Content von RTL und Konsorten seien auch in den neuen Medien "Motor" für viele Diskussionen, die Inhalte füllten mehr Kanäle. Schmid: „Mehr Chance als Risiko.“ Der ProSiebenSat.1-Vorstand Albert führt als Beispiel die Erfolge der Sender im Second Screenan. Beide plädieren aber dafür, dass die Rahmenbedingungen – etwa Werbevorschriften – den neuen Gegebenheiten angepasst würden, Online-Anbieter wie Google, Spiegel Online und YouTube seien gesetzlich im Vorteil. „Wir bräuchten hier schon einen Big Bang der Medienpolitik“, meint Albert mit Blick auf die Zwischenergebnisse des Runden Tischs, die - auf den Medientagen München 2012 angeschoben - nun während des Kongresses präsentiert werden sollen. In einer Sache reiben sich Ippen und Albert: bei der regionalisierten Werbung, die ProSiebenSat.1 gerade gerichtlich durchsetzen will. Ippen will keine regionale Webrung für nationale Medien und mehr Regulierung in der Werbung, Albert naturgemäß das Gegenteil – mit Blick auf neue Super-Wettbewerber wie Google, die bis zum einzelnen Bürger mit allen Nutzungsdaten vordringen könnten.

Die Bonner Medienwissenschaftlerin Caja Thimm ordnet das neue Kommunikationsverhalten der Nutzer so ein: „Das Lagerfeuer von früher ist heute orts- und zeitversetzt.“ Es würden nach wie vor durch die großen Leuchttürme die Themen gesetzt, die Verbreitung funktioniere heute aber über die neuen Kanäle Twitter, Facebook und Co. Davon profitieren auch die anwesenden Unternehmen wie das ZDF, wie Intendant Thomas Belluteinräumt. Die Reichweite der „heute show“ im TV sei das eine, die Verbreitung im Social Web das andere – und schon sehr stark. Nach Ansicht Wilhelms spielen Quote und Reichweite künftig ohnehin keine so große Rolle mehr. Denn immer mehr Menschen schauten nicht mehr linear Fernsehen. Wichtiger seien stattdessen die Relevanz der Inhalte und der Gesprächswert. Bei allen Medienvertretern auf dem Podium wird deutlich: Sie nutzen eifrig die neuen Wege, die Twitter oder Facebook ebnen.


Autor: Petra Schwegler

Die @Schweglerin der W&V. Schreibt seit mehr als 20 Jahren in Print und Online über Medien - inzwischen auch jede Menge über Digitales. Lebt im Mangfalltal, arbeitet in München.