
Zwischen Streaming und TV:
Medientage München: Das war das erste Panel von Klaas Heufer-Umlauf
Bei der Premiere von Klaas Heufer-Umlauf als Moderator des Auftaktgipfels zu den Medientagen München kommt die traditionelle "Schieflage" zu kurz - zum Wohle der Diskussion über die TV-Zukunft.
"Mit tut es leid um die 45 Millionen Euro Gebührengelder", betont Christoph Krachten, Präsident Mediakraft Networks. Mit diesem Seitenhieb auf den nun beschlossenen reinen Online-Jugendkanal von ARD und ZDF wird Neuzugang Klaas Heufer-Umlauf gleich mal mit dem vorherrschenden Thema der traditionsreichen Medientage München konfrontiert: die vielfach beklagte Schieflage zwischen den kommerziellen Medien und dem gebührenfinanzierten System rund um ARD und ZDF.
Zumal die alten Zöpfe mit dem neuen Fernseh-Gipfel und mit dem neuen Moderator aber abgeschnitten werden sollen, sitzt auf dem Panel mit dem Motto „NextTV – Wer dirigiert den Big-Screen im Wohnzimmer?“ eben nicht nur Lutz Marmor als ARD-Vorsitzender oder Wolfgang Link, Vorsitzender der Geschäftsführung ProSiebenSat.1 TV Deutschland. Mit Krachten kommt einer zu Wort, der für ein Multichannel-Netzwerk steht - mit mehr als 2000 Kanälen, die nach eigenen Angaben 36 Millionen Abonnenten und 1,5 Millionen Zuschauern pro Tag auf Youtube, Yahoo oder Clipfish erreichen. Der Mediakraft-Manager betont, es sei mit den vielen Bewegtbildplattformen im Netz ein "fantastisches Ökosystem entstanden", die Demokratisierung der Inhalte habe nun endlich stattgefunden. "Jeder produziert für jeden" - ein "gesellschaftliches Phänomen". Erfolgreich seien die, die "den Nerv treffen", formuliert Christoph Krachten mit einem amüsierten Blick auf den ARD-Chef, als wolle er dem Vertreter des Öffentlich-Rechtlichen zurufen: Da helfen die vielen Millionen dann auch nicht ... Die ARD kommentiert auf ihre Weise:
Die Mutter von @damitdasklaas will den @Tatort nicht auf dem Smartphone sehen. :D #mtm14 #Werregiertdenbigscreen
— ARD (@ARD_Presse) 22. Oktober 2014
Shahrzad Rafati, Gründerin und CEO des kanadischen Anbieters Broadband TV rät den Anwesenden aus TV, Produktion und Streaming, die Bedürfnisse der Konsumenten noch besser kennenzulernen. Und: "Don't be afraid to fail", lautet ihr Appell an die Runde, zumal die Streamingspezialistin auch davon ausgeht, dass in den nächsten Jahren noch mehr klassische Medienmarken das Internet mit ihren Angeboten bedienen werden. Fehler müssten sein beim Erkunden der neuen TV-Gewohnheiten des Publikums, nur zweimal sollte man sie nicht machen.
Entscheidend für die Wahl zwischen großem und kleinem Bildschirm sei für die Nutzer immer mehr die Qualität. Zuvor hatte schon Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) zum Auftakt der Medientage gesagt: "Digitalisierung schützt vor Qualität nicht!" Klaas Heufer-Umlauf wird als Fazit der Runde später formulieren: "Qualität setzt sich durch!"
Einen spannenden Aspekt fügt während Klaas Heufer-Umlaufs Medientage-Premiere Nico Hofmann ein. Der mehrfach preisgekrönte Produzent und Vorsitzende der Geschäftsführung UFA Fiction macht einen "Mind Reset" in der deutschen Produktionslandschaft aus. Zunehmend würde das Geschaffene danach ausgerichtet, besser verwertet und auch ins Ausland verkauft werden zu können. Die reine TV-Produktion bleibe nur ein Feld. Ein neues Selbstbewusstsein strahlt der Produktionsvertreter aus, der mit dieser Strategie nicht mehr allein von Wohl und Wehe der deutschen TV-Sender abhängig ist. Der Erfolg des Time-Warner-Kabelsenders HBO mit weltweit vertriebenen und auf vielen Wegen verbreiteten Serien wie "Game of Thrones" geben Hofmann recht.
Als "Ping-Pong-Spiel" bezeichnet Link den Umgang mit First und Second Screen bei ProSiebenSat.1. Fiktionales etwa wird durchaus jetzt schon auf den Online-Plattformen des Konzerns eingespielt und als Werbung für den TV-Start genutzt. Beispiel "Spartacus". Andere Formate wie etwa die Castingreihe "GNTM" würden parallel und im Nachgang im Netz platziert - mit 80 Prozent Steigerungsrate bei den Zugriffen. Mit Klaas Heufer-Umlauf sitzt einer als Moderator vor Link, der ansonsten mit der ProSieben-Reihe "Circus HalliGalli" First und Second Screen flutet.
Was bleibt eigentlich im linearen TV das ganz große Ding? "TV-Events und Fußball", schätzt Christoph Schneider, Geschäftsführer Amazon Instant Video. Er konzentriert sich mit dem Streamingangebot derweil auf Fiktion. Eigenproduziert, wie neuerdings auch bei Sky, für das Gary Davey, Executive Vice President Programming auf dem neuen TV-Gipfel spricht. Er und der ARD-Vertreter Marmor, die ab sofort zusammenarbeiten, sind sich einig: "Wir haben doch viel mehr Chancen und Gemeinsamkeiten als früher."
Übrigens: Für "HalliGalli" hat Klaas Heufer-Umlauf vielleicht nicht gesorgt, aber für eine solide und frische Diskussion aus der Sicht der Zielgruppe ("Meiner Mutter ist es egal, ob das Fernsehen aus dem Internet kommt."). Ein kurzweiliger Auftakt statt träger Elefantenrunde. Ein Kommentar von W&V Online sei noch erlaubt:
Auf dem Foto macht sich @damitdasklaas schon mal besser als so mancher Moderator vor ihm - #mtm14
— W&V (@wuv) 22. Oktober 2014
Bis Freitag debattiert nun die deutsche Medienbranche in München über die Lage und die Aussichten von Zeitungen, Sendern und Online-Medien. Die Medientage stehen daher unter dem Motto "Kein Spaziergang - Wege zur digitalen Selbstverständlichkeit".