US-Zeitungsmarkt:
Mega-Fusion stößt auf Skepsis
Die geplante Fusion der beiden größten US-Zeitungsverlage verunsichert die Anleger. Der Börsenkurs von New Media stürzte ab. Es fehlt ein überzeugendes Zukunftskonzept.
Da ist noch jede Menge Überzeugungsarbeit notwendig: Denn die Pläne des Managements der New Media Investment Group, mit der eigenen Zeitungstochter Gatehouse Media den größten US-Zeitungsverlag Gannett zu übernehmen, kamen bei den Aktionären gar nicht gut an.
Nach der Ankündigung des Übernahmevorhabens Anfang vergangener Woche gab der Börsenkurs von New Media bereits am Montag um 7 Prozent nach, am Dienstag folgte dann ein Absturz von über 18 Prozent.
Zwar erholte sich der Kurs am Donnerstag wieder leicht, doch weitere Informationen zu dem geplanten Deal führten am Freitag zu erneuten Verkäufen, sodass der Kurs am Freitagabend mit 8.07 Dollar abschloss – ein erneuter Absturz um 10 Prozent. Damit waren vom Börsenwert des Unternehmens innerhalb einer Woche rund 200 Millionen Dollar vernichtet.
Dafür, dass das Vorhaben des eigenen Managements bei den Aktionären auf wenig Gegenliebe stößt, gibt es eine ganze Reihe von Gründen. So soll etwa der Deal über einen Überbrückungskredit in Höhe von 1,79 Milliarden Dollar finanziert werden. Den stellt die Private-Equity-Firma Apollo Global Management zur Verfügung – und erhält dafür eine jährliche Verzinsung in Höhe von happigen 11,5 Prozent.
Dass bei dem geplanten Deal überhaupt der kleinere Lokalzeitungsverlag Gatehouse Media das größere Zeitungshaus Gannett übernimmt und nicht umkehrt, liegt unter anderem daran, dass Gannett eine solche Milliarden-Finanzierung gar nicht hätte auf die Beine stellen können.
Keine echte Zukunftsvision
Dies bedeutet aber auch, dass der fusionierte Verlag, der unter dem Markennamen Gannett fortgeführt werden soll, in möglichst kurzer Zeit einen hohen Anteil des Kredits zurückzahlen muss, um einen günstigeren Zinssatz für den Restkredit erlangen zu können.
Als einen der wichtigsten Gründe für den Deal hatte das New-Media-Management die möglichen jährlichen Einsparungen durch Synergieeffekte in Höhe von bis zu 300 Millionen Dollar genannt – etwa durch den Abbau von Arbeitsplätzen oder den Verkauf von Verlagsgebäuden.
In einer ausführlichen und sehr fundierten Analyse des Deals weist der US-Medienexperte Ken Doctor aber darauf hin, dass dem im ersten Jahr allein Kosten für Abfindungen in Höhe von rund 100 Millionen Dollar gegenüberstehen dürften.
Und Doctor zeigt auch das eigentliche Problem des ganzen Vorhabens auf: Es gibt eigentlich keine echte Vision, wie es mit dem fusionierten Lokalzeitungsriesen weitergehen soll. Weder Gannett noch Gatehouse hätten bislang ein überzeugendes Zukunftskonzept vorgelegt.
Digitalisierungsstrategie noch in den Anfängen
Insgesamt wird das neue Gannett 263 Zeitungstitel herausgeben. Doch welche Zukunft haben die Lokalzeitungen in den USA überhaupt? Sollen einzelne, wirtschaftlich wenig erfolgreiche Titel verkauft oder eingestellt oder soll die Erscheinungsfrequenz der Blätter gesenkt werden?
Im zweiten Quartal dieses Jahres verzeichnete Gannett im Vergleich zum entsprechenden Zeitraum des Vorjahres bei den Print-Anzeigenerlösen ein Minus von 18,5 Prozent und beim Gesamtumsatz ein Minus von 9,9 Prozent. Bei Gatehouse sah es nicht viel besser aus: Hier gingen die Print-Anzeigenerlöse im Jahresvergleich um 15,3 Prozent zurück und der Gesamtumsatz um 6,9 Prozent.
Die Digitalisierungsstrategie ist zudem über erste Ansätze noch nicht hinausgekommen. Bislang liegt der Umsatzanteil der beiden Verlage aus dem Digitalgeschäft lediglich bei rund 25 Prozent.
Die digitale Transformation ist also bei Weitem nicht so weit fortgeschritten wie etwa bei der New York Times, der Washington Post oder dem Wall Street Journal. Bei diesen Titeln wurden in den vergangenen Jahren enorme Summen in die Digitalangebote investiert. "Das neue Gannett steht eher am Beginn der digitalen Transformation als am Ende. Und das wird teuer", analysiert Doctor.
Ein weiterer Spieler am Tisch
Am vergangenen Freitag gab es dann nochmals eine schlechte Nachricht für das New-Media-Management. Denn da gab der Hedgefonds Alden Global bekannt, dass er 9,4 Prozent der Anteile an New Media erworben habe. Alden Global ist Mehrheitseigner des viertgrößten US-Zeitungsverlags Digital First Media, der rund 50 lokale und regionale Zeitungstitel herausgibt.
Im vergangenen Frühjahr war Alden Global noch mit dem Versuch einer feindlichen Übernahme von Gannett gescheitert. Unklar ist, was Alden-Präsident Heath Freeman nun vorhat.
Da die geplante Fusion von Gannett und Gatehouse von den Aktionären der beiden Unternehmen erst noch abgesegnet werden muss, könnte Freeman bei der Gatehouse-Mutter New Media versuchen, den Deal zu Fall zu bringen.
Möglich ist aber auch, dass er selbst ein neues Übernahmeangebot für Gannett vorlegt, falls bei den New-Media-Aktionären die Skepsis hinsichtlich einer Übernahme von Gannett weiterhin überwiegen sollte.
Ken Doctor spricht deshalb von einem "Schachspiel, das noch Monate andauern könnte". Denn die Aktionäre werden erst Ende des Jahres über den Deal abstimmen, wenn die Überprüfung durch die Kartellbehörden abgeschlossen ist.