
E-Mail-Marketing:
Mehr Schwarzraum! Ein Plädoyer für den Dark Mode
Edles Schwarz ist besser für die Augen, wirkt moderner und schont den Akku. Immer mehr Nutzer stellen ihre Bildschirme auf den "Dark Mode" um. Zeit für E-Mail-Marketer, sich anzupassen.

Foto: Meister Lampe und Freunde
Statt strahlendem Weiss edles, tiefes Schwarz – der Dark Mode erobert die Desktops und Handy-Bildschirme. Vorreiter ist - mal wieder - Apple: Immer mehr Bildschirme bleiben im wahrsten Sinne des Wortes dunkel, was irgendwie an Teenager-Zeiten vor dem Commodore 64 erinnert.
Der "Dark Mode" (oft auch: "Black Mode") ist ein umgekehrtes Farbschema, das helle Typografie, UI-Elemente und Icons auf dunklen Hintergründen verwendet. Und ist einer der heißesten digitalen Designtrends des letzten Jahres, der jetzt mit aller Macht das E-Mail-Marketing erreicht.Warum stellen immer mehr Menschen ihr Mobile Device (Ab iOS 11 oder Android 10) oder auch ihren Apple-Laptop (ab MacOS Mojave) auf Dark Mode um? Dafür gibt es vier gute Gründe:
- Heller Text auf dunklem Hintergrund ist besser, um die Belastungen der Augen zu minimieren, besonders in Situationen mit wenig Licht.
- Die Akku-Laufzeit wird verlängert, weil dunkle Bildschirme weniger Strom verbrauchen.
- Für viele Menschen ist eine helle Schrift auf einem dunklen Hintergrund besser lesbar.
- Es sieht stylish aus. Nicht das schlechteste Argument.
Womit wir – das letzte Argument vor Augen – beim E-Mail-Marketing wären. Denn HTML-Mails sehen im Dark Mode oft nicht gerade gut aus.
Ist das denn relevant? Oh ja, und es wird immer relevanter: Jedem Apple Desktop-Nutzer wird mit dem neuesten Betriebssystem-Update der Dark Mode als Standard-Einstellung angeboten, und einmal eingestellt lehrt alle Erfahrung, dass sich die wenigsten Menschen vom Standard entfernen. Bei den Mobiltelefonen sieht das anders aus, die Standard-Einstellung ist unverändert. Meine Einschätzung (subjektiv, basierend auf Expertengesprächen mit pubertierendem Nachwuchs): Vor allem jüngere Nutzer finden den Dark Mode schlicht "cool", und stellen darauf um.
Damit stellen sich für E-Mail-Marketer zwei Herausforderungen, wie sie dem Dark Mode am besten begegnen:
- Das optimale Rendering einer E-Mail, so dass sie auch im Dark Mode gut angezeigt wird.
- Ein möglicher grundsätzlicher Shift im generellen Design von E-Mailings hin zu „mehr Schwarz“
Was heißt das für Unternehmen, die auf E-Mail-Marketing setzen?
Erstens: Keine Panik. Die Branche hat schon massivere Umbrüche erlebt (bestes Beispiel: Mittlerweile wird ein Großteil aller Mails mobil gelesen und muss vor ergo vor allem auf Mobilgeräten funktionieren).
Zweitens: Schauen Sie sich zunächst ihre E-Mail-Kommunikation im "dunklen Modus" an, und zwar nicht nur auf dem Desktop, sondern auch auf verschiedenen Endgeräten. Die wichtigsten Fragen:
- Kann man alle Inhalte auch weiterhin gut erkennen? Die Antwort ist wahrscheinlich ja, wobei es bei gewissen Buttons und Logos durchaus zu unschönen Effekten kommen kann.
- Sehen die Inhalte weiter gut aus? Sie investieren schließlich eine Menge Geld in ihr E-Mail-Marketing, und je nach Branche werden Ihre E-Mails von etlichen Menschen in mehreren Abteilungen beurteilt, bevor jemand auf Senden drückt. Da ist es nicht schön, wenn das Erscheinungsbild deutlich zerrupft ist, vielleicht die Marke schlecht erkennbar ist und komische weiße Ränder auf schwarzem Grund durchs Bild laufen.
- "Funktioniert" das Mailing? Denn was man dabei niemals vergessen sollte: Werbe-Mails haben einen Zweck: Sie sollen verkaufen. Vor allem bei großen Verteilern lohnen also auch Tests, in welcher Darstellungsform die besten Conversions erzielt werden können. Weiß jeder Beobachter auch weiterhin, wo er klicken muss, ist also der Call-to-Action klar erkennbar? Schließlich wollen Sie (wahrscheinlich) mit Ihrem E-Mail-Marketing auch Geld verdienen.
- Perspektivisch: Müssen Sie vielleicht mehrere Mailing-Varianten bauen (genauso, wie Sie es jetzt auch für die Mobile Variante tun müssen).
Drittens: Beobachten Sie den Markt, ob generell mehr "schwarz" zum Einsatz kommt. Falls ja: Schaffen Sie mehr Schwarzraum. Das ist ein Paradigmenwechsel, denn der "Weißraum" ist ja bekanntermaßen der heilige Gral des Designers. Alles so clean, viel Platz, schön reduziert... So mögen viele Designer das. Nebenbei erwähnt: Der Weißraum ist des E-Mail-Marketers Albtraum – vor allem, wenn es um die ersten paar Zentimeter der E-Mail geht. Da muss es nämlich "knallen", mit möglichst vielen Klickmöglichkeiten.
Nun also der Dark Mode. Die ganz grundsätzliche Design-Frage die dahinter steht ist folgende: Natürlich kann ein guter Programmierer mit Geduld und ein paar Tricks Mails so anpassen, dass sie auch im Dark Mode gut zu lesen sind. Auf dem iPhone sehen viele Mails auch im Dark Mode aus "wie immer".
Und genau das ist der Fehler: Schließlich will der Empfänger seine Inhalte in dem eleganten, augenfreundlichen Schwarz haben. Und plötzlich schreit ihm wieder eine große weiße Fläche entgegen – muss das sein? Perfekt wäre es doch, den Wunsch des mündigen Empfängers zu akzeptieren und seine Inhalte entsprechend den individuellen Präferenzen auszuliefern. Dafür müssen Styleguides entwickelt oder geändert werden, und es ist jetzt schon vorhersehbar, dass dafür in vielen Unternehmen einige harte Nüsse mit der zuständigen CI-Abteilung geknackt werden müssen.
Zusammengefasst: Der Dark Mode ist eine neue Herausforderung im E-Mail-Marketing, aber keine völlig neue. Optimierung der Anzeige auf verschiedene Endgeräte und E-Mail-Clients begleitet die Branche seit über 15 Jahren. Wie immer gilt: Umfangreich testen, technisch am Ball bleiben (oder es Agenturen überlassen, die wissen wie es geht), und einen nicht nur oberflächlichen Blick auf die Statistiken und relevanten KPI werfen. Dann wird der Dark Mode auch nicht zur Last, sondern zu einer neuen spannenden Möglichkeit, mit coolen, stylishen E-Mails state-of-the-art zu kommunizieren.
Über den Autor: Uwe-Michael Sinn berät mit seiner Agentur "Meister Lampe und Freunde" mittelständische und größere Unternehmen darin, E-Mail-Marketing als effizienten Kommunikations- und Absatzkanal zu nutzen.