Jugendliche streben nach dem "digitalen Applaus ihrer Peers", begründet Ulrike Wagner die Lust der Teens und Twens an Neknomination. Wagner leitet das JFF-Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis in München. Die Mechanismen dahinter sind altbekannt: "Um sich selbst auszuprobieren und dabei Anerkennung von anderen Menschen zu bekommen, werden Grenzüberschreitungen gewagt und derart riskante Dinge getan." Auf den Alkohol treffe beides zu: Einerseits zählt er zur Sphäre der Erwachsenen und damit des Verbotenen, andererseits animiert er durch seine enthemmende Wirkung besonders zu Mutproben.  "Diesen Gruppendruck gab es ja immer schon unter Jugendlichen. Neu ist, dass mit der Veröffentlichung im Internet dieser Druck nur schlecht zu regulieren ist."

Die irische Regierung rief Facebook auf, das Spiel zu unterbinden. "Es muss einem hochprofitablen und international agierendem Unternehmen wie Facebook doch möglich sein, eine Methode zu entwickeln, die die Gefahren durch "Neknominations" für die Nutzer hervorhebt", sagte der irische Kommunikationsminister Pat Rabbitte der Nachrichtenagentur dpa. Er forderte das Unternehmen auf, Seiten mit Trinkvideos zu löschen.

Von Facebook hieß es, der Trend verbreite sich nicht nur über das Online-Netzwerk, sondern auch über andere Internetseiten. Man habe aber Videos beobachtet und untersucht. Nach Facebooks Richtlinien werden Inhalte gelöscht, wenn sie Gewalt propagieren oder Mobbing stattfindet. Das sei bei den Trinkvideos nicht der Fall. "Wir rufen Nutzer auf, uns Inhalte zu melden, von denen sie glauben, dass sie die Regeln brechen", sagte ein Facebook-Sprecher.

Mittlerweile ist eine Gegenbewegung im Gange. Dabei filmen sich Menschen bei einer guten Tat und fordern andere zum Mitmachen auf. So machte das Video eines Südafrikaners die Runde, der Essen an Arme verteilte. Auch Bürgermeisterkandidat Kalbitzer erreichte ein solcher Clip. Darin überreicht eine junge Frau Schulsachen und Kinderkleidung an eine Mitarbeiterin eines Asylbewerber-Heims. Am Ende nominiert sie drei Menschen, "etwas Gutes und Selbstloses zu tun" - darunter Kalbitzer. "Diese Nominierung nehm ich natürlich sehr gerne an!" schrieb dieser als Antwort.

Moritz Ballerstädt/Britta Gürke