
Neue Gebührendebatte: Warum die ARD um Sachlichkeit bittet
Die ARD-Vorsitzende Monika Piel ruft angesichts der breiten Empörung über die Forderung der Öffentlich-Rechtlichen nach mehr Geld zur Sachlichkeit auf. Das ZDF pflichtet bei - aus gutem Grund.
Es kann der ARD und ihrer Vorsitzenden Monika Piel gar nicht gefallen, dass "Die Zeit" in ihrer aktuellen Ausgabe die Gebührendebatte neu anstachelt. Das Blatt berichtet über einen Mehrbedarf von 1,47 Milliarden Euro, den die Öffentlich-Rechtlichen – ARD, ZDF, Deutschlandradio, aber auch Gemeinschaftsprojekte wie Arte – bei der Gebührenkommission KEF für die nächste vierjährige Gebührenperiode angemeldet haben sollen. Es könnte sogar zu einer Gebührenerhöhung von derzeit 17,98 auf dann 18,86 Euro pro Monat kommen, so "Die Zeit".
Dass die ARD für den Zeitraum 2013 bis 2016 einen zusätzlichen Finanzbedarf in Höhe von insgesamt 900 Millionen Euro angemeldet habe – das bestätigt der WDR als derzeit federführende Anstalt der ARD am Donnerstag. Dieser Bedarf sei geringer als der, den die KEF für die laufende Gebührenperiode für die ARD anerkannt habe, heißt es zur Rechtfertigung. Und überhaupt: Eine Anpassung von 1,1 Prozent liege deutlich unter der allgemeinen Kostensteigerung und dies sei die "niedrigste Rate, die von der ARD jemals angemeldet wurde". Angesichts der vom ZDF angegebenen Zahlen bewege sich die ARD - gemessen an ihrer Größe - deutlich unterhalb des ZDF. Aber auch die Mainzer beanspruchen Bescheidenheit für sich - in einer eigenen Miteilung vom Donnerstag.
Soweit, so gut. Doch dann kommt Monika Piel zum Kern der Frage, warum die ARD um mehr Sachlichkeit zur Diskussion über eine mögliche Gebührenerhöhung bittet. "Ein stabiler Beitrag ist auch vor dem Hintergrund einer möglichst breiten Akzeptanz des neuen Beitragsmodells für die ARD von großem Interesse", so Piel. Kein Wunder: Noch müssen die Öffentlich-Rechtlichen bangen, ob auch alle Landtage bis Ende des Jahres dem Wechsel der Rundfunkgebühr hin zur Haushaltsabgabe zustimmen werden.
In Kraft treten kann nämlich der Umstand, dass ab 2013 einfach alle Haushalte Gebühren bezahlen und ARD, ZDF & Co. wie gewünscht nicht mehr so viele Abschmelzungen durch neue Empfangswege hinnehmen müssen, nur durch das Go aller 16 Länderparlamente. Das neue Gebührenmodell hat bislang aber erst sieben passiert. Wenn nur ein Land nicht zustimmt, wäre der von den Öffentlich-Rechtlichen ersehnte Vertrag hinfällig – wie es Ende 2010 mit der ebenfalls kritisierten Novellierung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags (JMStV) der Fall gewesen ist. In der Vergangenheit haben vor allem ostdeutsche Bundesländer den wiederkehrenden Gebührenerhöhungen beinahe ihren Segen verweigert.
Es erstaunt vor diesem politischen Hintergrund wenig, dass sich die ARD-Vorsitzende Piel in der Erklärung vom Donnerstag bescheiden und im Sinne der Gebührenzahler zeigt. Die Anmeldung für DasErste, die regionalen Dritten Fernsehprogramme, die Digitalprogramme und die Radiowellen der ARD bewege sich deutlich unterhalb der langfristigen Inflation. "Wir stellen uns somit für die kommende Beitragsperiode auf ein reales Minus ein. Im Interesse des Gebührenzahlers müssen und werden wir unseren konsequenten Spar- und Konsolidierungskurs auch in Zukunft fortführen", so Piel. Und: "Die Entscheidung darüber liegt aber allein bei der KEF." Auch ZDF-Intendant Markus Schächter führt an, dass das Zweite keine neuen Projekte plane. "Damit haben wir alles dafür getan, dass die aktuelle Gebührenhöhe über den Modellwechsel Anfang 2013 stabil gehalten werden kann", beschwichtigt der ZDF-Chef.
Bei Bekanntwerden des möglichen Mehrbedarfs hat die Kritik des Privatfunkverbands VPRT nicht lange auf sich warten lassen – und die "Bild" schürt weiter den Groll der Bürger auf die "Gebührenverschwendung" und lässt Wut-Politiker zu Wort kommen. Mit ihrem Wunsch nach besserer finanzieller Ausstattung in der kommenden Gebührenperiode haben ARD und ZDF aber auch Befürworter auf ihrer Seite. Vom Deutschen Journalisten-Verband (DJV) gibt es Rückendeckung. "Die Rundfunkgebühren müssen so bemessen sein, dass alle öffentlich-rechtlichen Sender ihren Programmauftrag in vollem Umfang erfüllen können", sagt DJV-Bundesvorsitzender Michael Konken. "Es ist zweifelhaft, dass die Sender nach den eher bescheidenen Zuwächsen der letzten Jahre Preissteigerungen ohne höhere Rundfunkgebühren weiterhin auffangen können."