Bei Donald Trump liest sich das so:

In einem CNN-Interview sagte Scaramucci am Sonntag: "Wenn ich einige Dinge über Trump gesagt habe, als ich für einen anderen Bewerber gearbeitet habe, dann, Herr Trump, Herr Präsident, entschuldige ich mich." An die Adresse des Interviewers gerichtet, fügte er hinzu: "Können wir uns jetzt anderen Dingen zuwenden?" 2015 nannte er Trump in einer TV-Sendung unter anderem einen "politischen Nichtsnutz", was er am Freitag als "einen meiner größten Fehler" bezeichnete. Jetzt nennt er Trump einen "wunderbaren Menschen".

Der Posten des Kommunikationsdirektors war seit Mai unbesetzt gewesen. Zuvor hatte ihn Michael Dubke inne. Scaramuccis Berufung hatte den Sprecher des Weißen Hauses, Sean Spicer, zum Rücktritt veranlasst. Der scheidende Sprecher soll gegenüber Trump erklärt haben, dass er Scaramuccis Berufung für einen Fehler halte. Er wird nun am 1. September von seiner bisherigen Stellvertreterin Sarah Huckabee Sanders abgelöst. Sie hatte bereits in den vergangenen Wochen viele Verlautbarungen aus dem Weißen Haus übernommen.

Wer ist Anthony Scaramucci?

Sean Spicer kommt aus dem Parteigefüge der Republikaner, Scaramucci ist wie Trump ein Außenseiter und entstammt dem Dunstkreis der Wall Street. Der neue Kommunikationsdirektor des Weißen Hauses bekundete zum Antritt gleich 20-mal seine "Liebe" zu Donald Trump und dessen Regierung: Der Multimillionär aus New York gilt als gesprächig, überschwänglich, aber auch als glatt, ein Mann, der gern verkauft.

Scaramucchi kam als Sohn Bauarbeiters zur Welt und studierte in Harvard. Er war früher unter anderem bei Goldman Sachs tätig und hob dann eine eigene Investment-Firma aus der Taufe. 2005 gründete er Sky Bridge Capital, das er Anfang des Jahres verkaufte. Er hatte auch eine eigene Fernsehshow, "Wall Street Week".

Sandra Huckabee Sanders wird Sprecherin

Sarah Sanders,  34 Jahre alt, ist die Tochter des ehemaligen Gouverneurs von Arkansas, Mike Huckabee. Die künftige Chefsprecherin von Präsident Donald Trump half ihrem Vater schon als Kind in dessen Wahlkämpfen. Sie sei mit zwei älteren Brüdern aufgewachsen und habe so gelernt, sich zu behaupten. Zuletzt trat die stellvertretende Pressesprecherin des Weißen Hauses häufig vor den Medienvertretern auf. Sie habe in dieser Rolle eine hervorragende Arbeit geleistet", bescheinigte ihr Trump in einer schriftlichen Erklärung.

So konnte Sanders schon einmal probieren, was sie erwartet. Donald Trump lag in seinen ersten sechs Monaten Amtszeit im ständigen Clinch mit den Medien. Sie ist erst die dritte Frau in der US-Geschichte, die auf den Sprecherposten rückt. Sie äußerte sich "begeistert über diese Gelegenheit, weiter für die Agenda des Präsidenten zu werben, Amerika wieder groß zu machen". 

Zielscheibe Sean Spicer 

Sean Spicer war in der Regierung Donald Trumps eine Art Blitzableiter. Seit langem hatte sich abgezeichnet, dass er den Kampf, in den er getrieben worden war, nicht gewinnen kann. Der Präsident hatte ihn enttäuscht.

Vor dem 20. Januar 2017 war er ein geachteter Medien- und Politstratege bei der Republikanischen Partei. In den Wochen danach wurde er wahlweise zum Feind der Medien, zum unvollkommenen Diener seines Herren Donald Trump - und auch zur Lachnummer. Die Schauspielerin Melissa McCarthy fand als Spicer-Parodistin in der Comedy-Sendung "Saturday Night Live" so etwas wie eine Paraderolle.

Spicer hatte stets hinter den Twitternachrichten herhecheln müssen, die der Präsident höchstselbst in die Welt setzt. Häufig wurde kolportiert, Trump habe nur auf den 45-Jährigen zurückgegriffen, weil er die Parteiführung, die jahrelang auf Spicer vertraut hatte, nicht von Anfang an vergraulen wollte.

Sean Spicer wurde vom Tag eins an auch zur Zielscheibe der US-Medien, die an ihm ihre Unzufriedenheit mit der Regierungspolitik ausließen. Als er am 21. Januar die steile Thesen seines Präsidenten vertreten musste, bei dessen Vereidigung seien mehr Menschen gewesen als jemals zuvor bei der Amtseinführung eines Präsidenten, mutmaßen viele: Trump wollte testen, ob Spicer für ihn lügt.

"Dies war das größte Publikum, das jemals einer Amtseinführung beiwohnte. Punkt!" Schwere Fehler Spicers folgten: Etwa als er sich auf der Flucht vor Reportern in die Büsche des Gartens im Weißen Haus schlug oder sich Mitte April zu einem schrägen Assad-Hitler-Vergleich hinreißen ließ.

Seine Aussagen verloren an Glaubwürdigkeit. Der Präsident führte seinen Krieg gegen die nach seiner Ansicht "Fake News" verbreitenden Medien auch über Spicer. Anderseits nutzten auch Journalisten durchaus die Gelegenheit, sich auf seine Kosten mit provokanten Fragestellungen, auf die sie selbst nicht ernsthaft eine Antwort erwarteten, vor laufenden Kameras zu profilieren. Nicht immer ging es fair zu - vor und hinter dem Podium.

Sean Spicer zog sich zurück, ließ seine Stellvertreterin Sarah Sanders häufiger vor die Pressemeute treten und die Kameras im Saal abschalten - wohl in der Hoffnung, die vakante Stelle des weitaus strategischer ausgerichteten Kommunikationsdirektors einnehmen und dem Rampenlicht entfliehen zu können.

Das klappte nicht: Am Freitag holte Trump für diesen Posten Anthony Scaramucci ins Weiße Haus.  (W&V/dpa)


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Autor: W&V Redaktion

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