Ein bisschen Geschichte

Simon Usifo war 2018, noch unter CEO Chaichana Sinthuaree, zum Chief Delivery Officer ernannt worden, als sich Ogilvy dem größten Reformprogramm seiner Geschichte verschrieb: Next Chapter. Die Network-Vorgaben lauteten: nur noch eine GmbH, Fokus auf Delivery und Decoupling, man wollte Konzeptphase und Produktion trennen. Als Chief Delivery Officer hatte Usifo dafür zu sorgen, dass die Abläufe stimmen. Er saß da schon zwei Jahre in der Geschäftsführung von Ogilvy Deutschland, hatte seine Laufbahn dort als Beratungsgeschäftsführer und Standortleiter des Berliner Büros begonnen.

Im Zuge des Umbaus waren zahlreiche Führungskräfte gegangen, später hat Ogilvy die Struktur noch einmal angepasst, letztlich auf Decoupling verzichtetet, um eine Zweiklassengesellschaft unter den Kreativen zu verhindern. Wieder gingen Leute. Zuletzt übergab CEO Sinthuaree an Björn Bremer, den Kreativchef, der Ogilvy seit vielen Jahren beharrlich zu einer Creative Company umzuformen versucht, die sich neben zeitgemäßer Kommunikation innovative Produkte und Dienstleistungen ausdenkt. Unruhige Zeiten, auch wirtschaftlich lief es zuletzt nicht nur rund, vor allem am Standort Düsseldorf nicht. Corona setzt der Firma zusätzlich zu.

Doch obwohl dieser Prozess in den vergangenen Jahren nicht einfach war: Rückschläge einzustecken, kontinuierlich Schweiß und Geduld zu investieren, um an sein Ziel zu gelangen - das sei er gewohnt, sagt Usifo. Seine Zeit als Profisportler hilft ihm heute noch, sich auch im Berufsalltag zu disziplinieren. Und letztlich hat ihn auch das Elternhaus geprägt: Die Mutter Französin, der Vater aus Nigeria, beide immigiert. Die Umstände waren nicht immer leicht.

Mal was Neues

Seit Anfang 2020 läuft Delivery reibungslos, sagt Simon Usifo. Und weil alle bemerkt haben, dass ihm jetzt offenbar eine größere Herausforderung fehlt, haben sie ihm einen anderen Job gegeben. Den Übergang in die neue Ära hat der Berater gestaltet, jetzt wolle er das neue System für seine Kunden endlich auch mal nutzen. Und mehr noch: Die Verzahnung von UX/UI, Data und Technologie, wirbt er für seine Agentur, schaffe ganz neue kreative Produkte, die Produkktionsstudios bewährten sich im Alltag mit skalierberem Marketing. Neuerdings gebe es Einheiten wie Consulting, PR & Influence. Mit der China Brand Practice hätten sie einen Hub für chinesische Marken geschaffen, die in Europa Fuß fassen wollen. Und das Social Lab von Ogilvy bringe Media, Kreation und Content zusammen. Das alles beflügelt ihn.

Der Mann ist loyal, klar. Aber Abwechslung braucht er hin und wieder schon: In der Regel hat Simon Usifo bei Ogilvy alle zwei bis drei Jahre eine neue Rolle bekommen - in neuen Abteilungen, auf neuen Kunden, in neuen Agenturen oder gar in einem neuen Land. "Ich habe es immer sehr geschätzt, dass man innerhalb eines Netzwerkes nie wirklich weggeht. Denn das Wissen, die Erfahrung, die Kontakte, das Vertrauen, die Freundschaften, die man sich aufgebaut hat, nimmt man in der neuen Rolle immer wieder mit und kann darauf aufbauen."

Seine Karriere begann Usifo, der in Bonn geboren wurde, nach dem Kölner Studium in London, wo er vier Jahre lang lebte und erst im Bereich Digital Media auf IBM bei Ogilvy, später bei der Digital-/CRM-Agentur Wunderman auf Marken wie Ford und Microsoft tätig war. Danach zog er nach China und verbrachte fünf Jahre bei Ogilvy in Shanghai, zuletzt als Director Digital Strategy, wo er Marken wie Philips, LVMH, Unilever und SC Johnson betreute. Ihm ist wichtig, dass, "wo immer ich gerade lebe, ich im internationalen Kontext arbeiten kann". Und das biete ihm der Job. Allein in Berlin beschäftigt Ogilvy über 14 verschiedene Nationalitäten; die Alltagssprache ist Englisch.

Der Kundenversteher

Usifo freut sich darauf, seinen Kunden in Zukunft Lösungen anbieten zu können, die vorher nicht möglich waren. "Wir glauben, dass wir als Creative Company die Business-Probleme unserer Kunden ganz anders angehen können", sagt er. Früher habe Ogilvy dafür keine Struktur gehabt, mit "Next Chapter" sei der Zugriff auf die verschiedensten Experten in der Ogilvy-Welt deutlich einfacher. Zumindest in der Theorie klingt das gut.

Auf seinen neuen Posten dürfte Simon Usifo richtig besetzt sein. Er kann vor allem zuhören, seine Kunden mitnehmen, geht aber unaufgeregt an die Sache ran. Im Kontakt mit Kunden dürfte das durchaus von Vorteil sein. Und wenn es mal Hürden zu überwinden gilt: Langstrecke kann er ja.


Conrad Breyer, W&V
Autor: Conrad Breyer

Er kam über Umwege zur W&V. Als Allrounder sollte er nach seinem Volontoriat bei Media & Marketing einst beim Kontakter als Reporter einfach nur aushelfen, blieb dann aber und machte seinen Weg im Verlag. Conrad interessiert sich für alles, was Werber- und Marketer:innen unter den Nägeln brennt. Seine Schwerpunktthemen sind UX, Kreation, Agenturstrategie. Privat engagiert er sich für LGBTQI*-Rechte, insbesondere in der Ukraine.