
Front gegen Fraud:
Online-Portale im Kampf gegen Bewertungsbetrug
Grauzone Bewertungsbetrug: Online-Bewertungsportale haben vermehrt mit Fake-Bewertungen zu kämpfen. So wehren sich Unternehmen gegen gefälschte Kundenurteile.

Foto: HolidayCheck
Wohin soll die nächste Reise gehen? Welcher Zahnarzt in meiner Nähe ist der Beste? Ob Urlaub, Arzt oder neuer Arbeitgeber – Verbraucher setzen nach wie vor auf Bewertungen im Netz. Laut einer aktuellen Studie des Marktforschungsinstitut Splendid Research lassen sich über 70 Prozent der Deutschen durch positive Bewertungen vom Kauf überzeugen, während vier von fünf Bundesbürgern wegen schlechter Bewertungen gar nicht erst auf den Kaufen-Button drücken.
Erfahrungsberichte anderer Kunden beeinflussen die Kaufentscheidung also maßgeblich. Das große Problem: Gefälschte Online-Rezensionen sind nach Ansicht von Verbraucherschützern für Kunden kaum zu erkennen. "Bewertungen bieten zwar eine Orientierungshilfe in dem Dschungel an Angeboten, doch die Kriterien für Bewertungen bei den Internet-Portalen sind sehr unterschiedlich", sagt Tatjana Halm von der Verbraucherzentrale Bayern. Für den Verbraucher wäre es sehr schwierig einzuschätzen, welcher Bewertung er vertrauen könne – und welcher nicht.
Algorithmus identifiziert Fake-Bewertungen
Zudem arbeiten die Fälscher mittlerweile sehr viel professioneller. So gibt es beispielweise Agenturen, die sich ausschließlich damit beschäftigen, Fake-Bewertungen zu platzieren. Da bleibt eine Verunsicherung bei den Konsumenten nicht aus: "Eine aktuelle Umfrage hat gezeigt, dass dreiviertel der Verbraucher das Gefühl haben, dass sie Bewertungen nicht vertrauen können", sagt Halm. Das Paradox: Sie nutzen sie trotzdem.
Allein auf dem Urlaubsbewertungsportal HolidayCheck werden pro Jahr 1,3 Millionen Bewertungen abgegeben. "Zehn bis fünfzehn Prozent davon werden aussortiert. Aber nicht nur, weil sie gefälscht sind, sondern auch wegen fehlerhafter E-Mail-Adressen, rassistischer oder beleidigender Äußerungen", sagt Georg Ziegler, Director Brand, Content & Community bei HolidayCheck. Bei dieser Kontrolle arbeiten Mensch und Maschine zusammen: Ein Algorithmus prüft die Bewertungen. Identifiziert dieser einen Fake, wird dieser an geschulte Mitarbeiter weitergeleitet, die den Fall eingehend prüfen.
"Man weiß nicht, wieviel gefälscht ist"
Auch Portale wie Kununu und Jameda nutzen diese technischen Möglichkeiten, um Fälschern auf die Schliche zu kommen. Neben der Prüfung einer validen E-Mail-Adresse sowie einer SMS-Verifizierung wird eine semantische Analyse durchgeführt. Außerdem werden Cookies, IP-Adresse und Auffälligkeiten bei Mehrfach-Bewertungen gecheckt. Und der Algorithmus wird stetig schlauer: "Alles was erkannt wird, geht nochmal in die manuelle Kontrolle", sagt Sara Müller, Geschäftsführerin der Arbeitgeber-Bewertungsplattform Kununu. "Darauf basierend lernt der Algorithmus und bezieht beim nächsten Mal diese Entscheidung mit ein." Bei Kununu sitzen 15 Leute in der Qualitätskontrolle – und lesen jede Woche um die 10.000 Bewertungen.
Und wie wird mit identifizierten Fälschungen umgegangen? Florian Weiß, Geschäftsführer des Ärzte-Bewertungsportals Jameda, ist vor allem Transparenz gegenüber dem Verbraucher wichtig: "Bei uns wird ein Hinweis auf der Website veröffentlicht, wenn es Beweise dafür gibt, dass die Bewertung gefälscht ist." Auch rechtliche Schritte in Form von Abmahnungen und Unterlassungserklärungen seien möglich. Ein Tropfen auf den heißen Stein? Vielleicht. "Am Ende ist es eine Frage des Vertrauens", sagt Verbraucherschützerin Halm. "Letztendlich weiß man einfach nicht, wieviel gefälscht ist. Versuche von einzelnen ambitionierten Unternehmen werden jedoch nicht ausreichen, um das Problem zu lösen."