
Leo Burnett:
Pokémon-Go-Hype: Warum viele Marken falsch liegen
Pokémon Go hat Augmented Reality über Nacht zur massentauglichen Anwendung gemacht. Marken glauben nun, es sei hip, die Spieler in ihre Läden zu locken. Doch das ist es nicht. Vielmehr geht es darum, die Technologie jetzt für ihre eigenen Zwecke zu nutzen. Ein Gastbeitrag von Sebastian Strubel.

Foto: Leo Burnett
Pokémon Go hat Augmented Reality praktisch über Nacht zu einer massentauglichen Anwendung gemacht. Marken glauben nun, es sei hip, die Spieler in ihre Läden zu locken. Doch das ist es nicht. Vielmehr geht es darum, die Technologie jetzt für ihre eigenen Zwecke zu nutzen. Ein Gastbeitrag von Sebastian Strubel, Head of Strategy der Frankfurter Networkagentur Leo Burnett.
Mittlerweile gibt es wohl wirklich niemanden mehr, der noch nicht mit dem Pokémon-Go-Hype in Berührung gekommen ist. Und auch die Marketer haben sich in Stellung gebracht und wittern große Chancen, um die den virtuellen Monstern hinterherjagende Meute in ihre Geschäfte und Lokale zu locken. Das Potential ist mit Sicherheit vorhanden, denn ein Besuch im Laden ist nun mal der erste Schritt bei der Conversion zum zahlenden Kunden.
Aber genau an dem Punkt liegt auch ein Problem: Die meisten Marketingideen rund um Pokémon Go wollen den Traffic, den das Spiel generiert, umleiten um auf die eigenen Angebote zu verweisen. Oder anders gesagt: den Tunnelblick der Spieler ausnutzen, um sie anzulocken. Das hat wenig damit zu tun, sich zu überlegen, welchen Mehrwert das eigene Produkt oder der eigene Service für den Menschen haben soll und diesen entsprechend zu inszenieren.
Natürlich ist es nicht schlecht, wenn der selige Pokémon-Jäger sich bei mir noch mit einer Cola erfrischt. Aber das eigentliche Potential, das die letzten Wochen versprechen, liegt doch ganz woanders. Unzweifelhaft schickt sich Pokémon Go an, menschliches Verhalten in einer Art und Weise zu verändern, wie es eigentlich nur mit den ganz großen Umbrüchen wie der Einführung des Mobiltelefons vergleichbar ist. Pokémon Go hat Augmented Reality schlagartig zu einer von Millionen Nutzern bereitwillig und geradezu euphorisch genutzten Technologie gemacht!
Und das übrigens schlichtweg nur durch die Kombination von bereits Vorhandenem: AR, Smartphones, GPS und japanische Taschenmonster. Das zeigt mal wieder, dass wahre Innovation nicht notwendigerweise aus der Erfindung von etwas Neuem entsteht sondern auch aus einer neuen Anwendungsart, die ein bestehendes Problem löst – beziehungsweise in diesem Fall einen bestehenden Spieltrieb befriedigt.
Dieser Spieltrieb der Menschen hat dafür gesorgt, dass die Hürde zur Adaption der Augmented Reality gefallen ist. Und damit tun sich für Marken auch neue Chancen auf, die Technologie für ihre eigenen Zwecke zu nutzen. Marken sollten überlegen, welche Möglichkeit der Inszenierung von Services und Erlebnissen ihnen Augmented Reality und GPS-Targeting bieten kann. Das kann reichen von Rabattcoupons, die nur im direkten Umfeld von bestimmten Restaurants zu finden und dort einzulösen sind, über zusätzlich abrufbare Information bei erklärungsbedürftigen Elektronikprodukten im Store bis hin zu inspirierendem Content bei Lifestyle-Produkten. Hauptsache die Marken machen ihre eigenen Geschichten erlebbar – und nicht nur die von Glurak und Pikachu.
Dann wird der Konsument vielleicht am Ende denken "Ach ja, das Prinzip kenn' ich doch von meiner Pokémon Go App" - und nicht: "Lass mich in Ruhe, ich bin hier um Monster zu fangen und nicht an deiner Werbung interessiert."
Über den Gastautor:
Sebastian Strubel ist seit Anfang 2011 bei Leo Burnett und seit März 2016 Head of Strategy. Er ist unter anderem auf nationaler und internationaler Ebene für die Philip-Morris-Marken Marlboro und L&M sowie verschiedene New-Business-Projekte verantwortlich. Des Weiteren begleitet er eine Reihe von Start-ups bei ihrem Markenaufbau.