
Soundbranding :
So klingt Siemens
Wie entsteht eine akustische Marke? Why do Birds und Siemens zeigen, wie nachhaltiges Soundbranding geht.

Foto: Why do birds
Schon 2003 hat Siemens sich das erste Mal ein Sounddesign gegeben und kann damit als einer der Vorreiter in der akustischen Markenbildung gelten. Im vergangenen Jahr beauftragte Branding-Chef Adam Cockill die Berliner Agentur Why do birds, um den eher technisch klingenden Siemens-Sound für die neue Dachmarkenstrategie unter dem Claim "Ingenuity for Life" grundlegend zu überarbeiten.
Die Marke hat sich gewandelt - Siemens hat den Ingenieurs- und Erfinderzentrierten Blickwinkel geöffnet und ist ein Unternehmen, das von den Menschen und der Gesellschaft her denkt und Lösungen für sie entwickelt. "Diesen Wandel wollten wir dokumentieren und die Modernisierung auch akustisch belegen", sagt Cockill.
So klang das Siemens-Soundlogo vor der Überarbeitung:
Und so klingt es danach:
Das Soundlogo ist allerdings nur das Destillat aus einer umfangreichen Klang-Bibliothek. Die klangliche Markenidentität steht am Ende eines strukturierten Denk- und Kreativprozesses. "Musik wird oft rein geschmäcklerisch beurteilt. Dieses Geschmäcklerische gilt es komplett zu eliminieren", sagt Alexander Wodrich, Inhaber der Berliner Soundbranding-Agentur Why do birds. Dazu brauche es einen begrifflichen Unterbau und ein Konzept.
Doch wie geht man dabei vor? Die Agentur erstellte mit Siemens im gemeinsamen Workshop zunächst ein Begriffs-Set, das einmal den Kern der Marke beschreibt (etwa "verlässlich") und festhält, wie die Marke klingen soll - modern, minimalistisch, direkt, aber auch natürlich und lebendig.
Das sind die musikalischen Leitideen
Weil sich beispielsweise unter moderner Musik jedoch jeder etwas anderes vorstellt, verständigte man sich anschließend anhand von Musikschnipseln auf eine musikalische Sprache. "Diese Vorarbeit entbindet einen natürlich nicht davon, anschließend akustische Leitideen zu entwickeln", sagt Wodrich.
Für Siemens extrahierten die Berliner Klangarchitekten zwei Leit-Motive: Eine menschliche, weibliche Stimme wurde eingeführt, um vom technischen Klang der Vergangenheit wegzukommen. Darüber hinaus empfanden die Komponisten den Farbverlauf des petrolfarbenen Siemens-Logos musikalisch nach: Der Sound morpht vom analogen zum digitalen Klang - und belegt hörbar Siemens' Wandel zur digitalen Marke.
Bei der Stimme ist es genau umgekehrt: Sie kreuzt vom Digitalen ins Analoge, wendet sich also quasi dem Menschen zu.
Eine klangliche Spielerei hat die Ingenieure im Konzern besonders gefreut: Das Soundlogos berücksichtigt eine Tonfolge, die der erste Siemens-Zeigertelegraf aus den Buchstaben S-I-E-M-E-N-S generiert hat.
30 Elemente umfasst die Siemens-Musikbibliothek derzeit. Dazu zählen Sounds für Industrie- und Dokumentarfilme, Bühnenjingles, Pausengongs, Messesounds und natürlich Klingel-Töne für Telefon und Warteschleifen.
Muss Siemens in China genauso klingen wie in den USA?
Doch wie integriert ein weltweit agierender Konzern diese Klangwelt in über 190 Ländern? Muss die Marke in Indien oder China genauso klingen wie in den USA? "Mit dem Sound darf lokal gespielt werden. So bleibt er lebendig", sagt Brandingchef Cockill. Qualität sei dabei allerdings oberstes Gebot. Der Konzern stellt dafür einen Soundsampler zur Verfügung. Mithilfe dieses Instruments dürfen Profis Variationen des Musikalischen Motivs und lokal angepasste Sounds generieren.
Um die Mitarbeiter einzustimmen hat Siemens eine unternehmensinterne "Ringtone Challenge" ausgerufen. Weltweit nahmen Mitarbeiter daran teil. Ungarn spielten das Soundlogo auf dem Akkordeon ein, afrikanische Mitarbeiter trommelten es, andere nahmen die Bratsche zur Hand.
Gewonnen hat am Ende der Entwurf eines britischen Ingenieurs: Er spielte die Tonfolge des Soundlogos mithilfe eines Elektromotors ein. Der Klingelton steht nun auf der internen Brand Management-Plattform zur Verfügung.
So klingt er: