ZAW: Verbote sind wirkungslos 

Der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) weist die Forderungen nach Einschränken oder gar Verboten des Kindermarketings dagegen zurück. Die Studie "vermittele den unzutreffenden Eindruck, das Problem von Übergewicht und Adipositas bei Kindern ließe sich durch Werbeverbote lösen." Dabei verkenne die Studie, dass die Verantwortung für Ernährung, Bewegung, Bildung und Medienkonsum von Kindern primär bei den Eltern und dem sozialen Umfeld läge. Zudem wurde in der Studie die Gruppe der 3- bis 13-jährigen betrachtet, die aber laut Nutzungsbedingungen ohne elterliche Freigabe weder Youtube, noch Facebook, Instagram oder TikTok nutzen dürfen. 

Erfahrungen aus anderen Ländern Europas, aus UK, Norwegen oder Südkorea zeigen laut ZAW darüber hinaus deutlich, dass Verbote von Lebensmittelwerbung gegenüber Kindern den Anteil übergewichtiger Kinder nicht senken konnten. Im Gegenteil: In Südkorea stieg die Zahl sogar, und das trotz eines Werbeverbots. Weiterhin bemängelt der ZEW einige methodische Unzulänglichkeiten wie etwa die Verwendung von Ad-Impressions, die nicht beweisen, dass die fragliche Anzeige überhaupt gesehen wurde. Auch das Ausklammern werbefreier Fernsehkanäle wie KIKA aus den Berechnungen führt laut ZEW zu einer Verfälschung der Ergebnisse. Fazit: Der ZEW sei bereit, ein aktiver Teil der Lösung zu sein, lehnt eine Politik im "einseitigen Verbotsmodus wider die Fakten" aber entschieden ab. 

Medienkompetenz statt Verbote

Ins gleiche Horn bläst wenig überraschend auch der Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie (BDSI). Der ließ verlauten, ein Verbot von Süßwarenwerbung sei nicht geeignet, um einen Beitrag zur Lösung des gesamtgesellschaftlichen Problems des Übergewichts und damit verbundener Folgekrankheiten zu leisten. "Niemand wird durch einen Verzicht auf Werbung für Süßwaren schlanker oder gesünder", sagt Dr.Carsten Bernoth, Hauptgeschäftsführer des BDSI. Stattdessen müssten Politik und Gesellschaft gezielt die Medienkompetenz von Kindern und Jugendlichen stärken, denn Werbeverbote seien, so Bernoth, "reine Augenwischerei". 

Süßwaren brächten Genuss und kleine Freuden in den Alltag und hätten durchaus ihren Platz in einer ausgewogenen Ernährung. Und weil die Entstehung von Übergewicht auch auf viele andere Faktoren wie etwa Bewegungsmangel, genetische Veranlagung oder sozioökonomische Aspekte zurückzuführen sei, löse ein Werbeverbot das Problem nicht. Letztlich weiß der Verband auch auf die Selbstkontrolle hin, die sich die Wirtschaft auferlegt habe, sowie auf die Verhaltensregeln des Deutschen Werberates, welche detaillierte Vorgaben und Einschränkungen für die gezielte Werbung an Kinder enthalten.


Autor: Stefan Schasche

In über 20 Jahren als Redakteur hat Stefan Schasche für diverse Zeitschriften über alles geschrieben, was Mikrochips oder Li-Ion-Akkus unter der Haube hat. Vor seiner Zeit bei der W&V schrieb er für das Schwestermagazin Kontakter über Kampagnen, Programmatic Advertising und internationale Werbethemen.