
Landgericht Darmstadt:
Streithähne Alnatura und dm erneut vor Gericht
Die Drogeriekette dm und Bio-Hersteller Alnatura haben sich am Dienstag erneut vor Gericht getroffen. Eine erste Entscheidung könnte es im Dezember geben.

Foto: Alnatura (Marc Doradzillo) / dm Presse
Die verschwägerten Firmenschefs von dm und Alnatura streiten weiter vor Gericht. Das Landgericht Darmstadt verhandelte am Dienstag im Zivilprozess zwischen den einst befreundeten Handelsunternehmen. Eine Entscheidung will das Gericht am 9. Dezember verkünden.
In dem Verfahren geht es um einen Kooperationsvertrag zwischen der Drogeriekette und dem Bio-Hersteller aus den 1980er-Jahren. Dm hat die sehr lange, historisch gewachsene Zusammenarbeit gelockert und zahlreiche Alnatura-Produkte zugunsten einer eigenen Bio-Linie ausgelistet. Nach Angaben von Alnatura soll bis Jahresende fast das gesamte Angebot aus den dm-Regalen verschwunden sein. Alnatura fühlt sich deshalb nicht mehr an den Vertrag gebunden. Dm besteht auf der Einhaltung und hat Alnatura verklagt. Der Vertrag sichert dm unter anderem Mitspracherechte bei der Auswahl neuer Vertriebspartner zu.
Das Gericht vernahm am Dienstag einen Rechtsanwalt als Zeugen, der für dm an der Entwicklung des Kooperationsvertrags beteiligt war. Der Kontakt zwischen dm-Gründer Götz Werner und Alnatura-Chef Götz Rehn sei privat wie beruflich sehr eng gewesen, sagte der 73-Jährige. Streit zwischen den beiden habe er sich damals nicht vorstellen können. Der Vorsitzende Richter Werner Schäfer schien sich von dem Zeugen etwas mehr Aufklärung versprochen zu haben. "Das hilft uns nicht so viel weiter", sagte er am Ende der Sitzung.
Parallel zum Darmstädter Prozess streiten sich die verschwägerten Firmenchefs in einem anderen Verfahren um die Rechte an der Marke Alnatura. Dm-Gründer Götz Werner reklamiert diese für sich. Er argumentiert damit, dass Alnatura erst durch dm erfolgreich geworden sei. Das Landgericht Frankfurt hat die Klage in erster Instanz abgelehnt, die Berufung vor dem Oberlandesgericht soll im Februar 2017 verhandelt werden.
Alnatura hat zuletzt das Filialnetz ausgebaut und sich neue Kooperationspartner wie Edeka gesucht. (mit dpa)
Die wichtigsten Fakten zu dm vs. Alnatura:
Was war Auslöser für den Streit?
Eine eigene Bio-Linie, die dm vor einiger Zeit gestartet hat. Rund 200 Alnatura-Produkte verschwanden deshalb bis Ende vergangenen Jahres aus den Regalen der Drogeriekette. Nach Alnatura-Angaben wird bis Ende 2016 sogar fast das gesamte Sortiment bei dm ausgelistet sein. Alnatura sucht auch deshalb nach neuen Vertriebsmöglichkeiten.
Warum landete der Streit vor Gericht?
Es besteht ein Kooperationsvertrag zwischen den beiden Unternehmen aus den 1980er Jahren. Dieser Vertrag sichert dm unter anderem Mitspracherechte bei der Auswahl neuer Vertriebspartner zu. Nachdem zahlreiche Alnatura-Produkte aus den dm-Regalen genommen wurden, sieht sich der Biolebensmittel-Hersteller nicht mehr an den Vertrag gebunden. dm besteht jedoch auf der Einhaltung des Vertrags und hat Alnatura vor dem Landgericht in Darmstadt verklagt.
Was ist bei der Verhandlung am Dienstag passiert?
Nicht viel, zumindest aus Sicht des Vorsitzenden Richters Werner Schäfer. Ein Rechtsanwalt, der für dm an der Ausarbeitung des Vertrags beteiligt war, wurde als Zeuge vernommen. Der 73-Jährige machte jedoch keine konkreten Angaben, wie die strittigen Passagen des Vertrags aus seiner Sicht zu interpretieren seien. Richter Schäfer schien sich von dem Zeugen etwas mehr Aufklärung versprochen zu haben. "Das hilft uns nicht so viel weiter", sagte er am Ende der Verhandlung. Eine Entscheidung will Schäfer am 9. Dezember verkünden.
Parallel zum Darmstädter Prozess hat dm-Gründer Werner seinen Schwager noch ein zweites Mal vor Gericht gebracht. Worum geht es in diesem Fall?
Werner verlangt von Rehn die Markenrechte an Alnatura. Dieser Fall wird in Frankfurt verhandelt. Der dm-Gründer argumentiert damit, dass Alnatura nur durch dm erfolgreich geworden sei. Das Landgericht Frankfurt hat die Klage in erster Instanz aber abgewiesen. Werner legte Berufung beim Oberlandesgericht ein, verhandelt werden soll aber erst im Februar 2017.
Kommentieren die Unternehmen den Verlauf der Verfahren?
Nein. Eine Alnatura-Sprecherin sagte, es handele sich um zwei "äußerst unangenehme Rechtsstreite", die völlig unnötig seien. "Wir finden das bedauerlich." Zu laufenden Verfahren wolle man sich aber nicht weitergehend äußern. Auch dm lehnte eine nähere Stellungnahme ab.
Warum hat dm überhaupt eine eigene Bio-Linie gestartet?
Dazu sagt dm offiziell nur wenig. Man richte sich bei der Gestaltung des Sortiments nach den Bedürfnissen und Wünschen der Kunden, heißt es in einem Statement des Vorsitzenden der dm-Geschäftsführung, Erich Harsch. Die positive Rückmeldung der Kunden zeige, dass man auf dem richtigen Weg sei. Branchenkenner gehen davon aus, dass sich der Drogeriewarenhändler durch die Eigenmarke auch eine größere Marge verspricht - es lässt sich also damit wohl mehr Geld verdienen.
Wie hat Alnatura auf die Auslistung reagiert?
Indem sich das Unternehmen nach Alternativen zum Vertrieb bei dm bemüht. Alnatura intensivierte den Online-Handel, weitete das Geschäft in Österreich und der Schweiz aus und ging eine Vertriebspartnerschaft mit dem größten deutschen Lebensmittelhändler Edeka ein. Die Zahl der Verkaufsstellen für Alnatura-Produkte im In- und Ausland verdoppelte sich so im Geschäftsjahr 2014/2015 auf 7500. Alnatura betreibt seit dem Beginn in den 1980er Jahren auch eigene Filialen - inzwischen sind es 106. Vom 4. Oktober an gibt es die Produkte darüber hinaus auch beim dm-Konkurrenten Müller zu kaufen.