
Agenturmodell:
TBWA baut in Deutschland um und reanimiert Tequila
Abschied vom standortbezogenen Full-Service-Gedanken: TBWA konzentriert sich in Berlin, Hamburg und Düsseldorf auf unterschiedliche Disziplinen. Gleichzeitig wird die TBWA-Marke Tequila wiederbelebt. Sie war Ende 2009 aufgegeben worden.
Die TBWA-Gruppe stellt sich neu auf und verabschiedet sich vom Full-Service-Gedanken der einzelnen Standorte. In Zukunft konzentriert sich jede der drei Agenturdependancen in Düsseldorf, Hamburg und Berlin auf ein ein bestimmtes Dienstleistungsportfolio.
In der neuen Gruppenstruktur will sich Hamburg auf Healthcare und Shopper Marketing fokussieren. Düsseldorfs Schwerpunkt soll auf Campaigning liegen. Die größte Veränderung betrifft Berlin. Unter der Führung von Jason Schragger, Executive Creative Director TBWA\Berlin, und Preethi Mariappan, Digital Executive Creative Director TBWA\Deutschland, etabliert TBWA dort ein neues Agenturmodell. Unter dem Namen "Create Lab" sollen dort künftig auch kreative Produkte für Kunden entstehen, die nichts mit klassischer Werbung zu tun haben, so etwa Hardware für Shoppinglösungen, oder auch Apps.
Florian Schültke, bislang Managing Director von TBWA in Berlin, wechselt in dem Zuge nach Düsseldorf. Berlin benötigt keinen Geschäftsführer mehr, denn der Standort schrumpft deutlich. Mitarbeiter und Kunden könnten nach Düsseldorf wandern, Entlassungen scheinen eine Konsequenz. Am Rhein wird Schültke Chef der wiederbelebten TBWA-Marke Tequila, einst eine Agentur für Dialog und CRM, die TBWA Ende 2009 dicht gemacht hatte. Grund: "Tequila habe keine strategische Bedeutung mehr", hieß es damals. In Wirklichkeit war es nie gelungen, Tequila als eigenständige Marke zu etablieren und zu profilieren. Das muss jetzt Schültke machen.
Tequila soll eine Lücke im Bereich Bereich Relationship Marketing schließen. "Wir planen schon länger, unser Angebot im Bereich Relationship Marketing auszubauen", sagt Sven Becker, CEO von TBWA\Deutschland. Eine eigene Marke sei im Markt glaubwürdiger. Im Zweifel können über Tequila auch Konkurrenzkonflikte abgefangen werden. CRM ist ein lukratives Geschäft für Agenturen.
Hintergrund für die Maßnahmen sei ein Paradigmenwechsel in der Werbebranche, sagt Becker. Die Agenturen müssten ihren Kunden mehr kreative Lösungen bieten denn nur die Umsetzung von kreativen Ideen, wie das etwa bei Kampagnen oder Adaption geschehe. Berlin solle nun zum "Innovationstreiber entlang der gesamten Wertschöpfungskette" werden. Außerdem wolle er deutschlandweit Duplizitäten abbauen und seine Agentur schlank aufstellen. Full Service bietet TBWA nach wie vor - allerdings künftig standortübergreifend, nicht mehr an jedem einzelnen Büro.
Kritiker geben allerdings zu bedenken, TBWA mache aus der Not eine Tugend. Berlin habe kaum mehr Geschäft; Becker positioniere das Büro deshalb einfach um. Tatsächlich hat TBWA in Berlin mit Tassimo zuletzt einen wichtigen Kunden verloren. Becker entgegnet, TBWA habe im vergangenen Jahr deutlich mehr Etats gewonnen als verloren. Der Umbau sei ausschließlich der Zukunftsfähigkeit seiner Agentur geschuldet.