
Tchibo zieht Premium-Strategie durch
Tchibo hält trotz Umsatzeinbußen an seiner Trading-up-Strategie fest. Auch die Kooperation mit Designer Michael Michalsky bleibt. Nach dem Sortiment soll nun das Filialnetz aufgehübscht werden.
"Mitch is back", verkünden Einblendungen auf großflächigen Bildschirmen in U- und S-Bahn-Stationen von 16 Großstädten. Erstmals nutzt Tchibo das Medium des Münchner Anbieters Infoscreen - ein Baustein im aufwendigen Werbeauftritt, mit dem der Konzern den Blick auf die Frühjahrs-Kollektion des eigens kreierten Designer-Labels Mitch & Co. lenken will.
Neben großformatigen Anzeigen in Blättern wie Freundin und InTouch kommen Plakate in bundesweit rund 800 Fitness-Studios zum Einsatz, die einen hohen Frauenanteil aufweisen, Kernzielgruppe des Kaffeerösters mit Drang zum Non-Food, der bereits 45 Prozent seines Umsatzes mit Textilien macht. Herzstück des Flights ist ein 30-Sekunden-Spot, der seit Dienstag auf privaten TV-Sendern von RTL über Sat.1 bis ProSieben zu sehen ist, jung und flott in Szene gesetzt. Den kreative Part verantwortet Scholz & Friends, die Mediaplanung Initiative Media, beide Hamburg. Auch das Tchibo-Magazin macht diese Woche mit Mitch & Co. als Titelthema auf.
Die vergleichsweise teure Modemarke, voriges Jahr aus der Taufe gehoben, soll jüngeres Publikum in die Filialen locken. Zurzeit liegt das Durchschnittsalter der Tchibo-Käufer bei 49 Jahren. Stand Mitch & Co. auf dem Programm, bewegte es sich bei 42 bis 43 Jahren. Grund genug, den Vertrag mit Ex-Adidas-Designer Michael Michalsky bis 2009 (und womöglich darüber hinaus) zu verlängern. Auch wenn der Absatz vergangenes Jahr mit zwei Millionen Kleidungsstücken hinter den Erwartungen zurückblieb: Bikinis und Party-Chic etwa zeigten sich als Ladenhüter, die nun verramscht werden. Konsequenz: Dieses Jahr konzentriert sich die Marke auf Streetwear, und das auch in XXL-Größen, in die selbst 50 plus-Kunden mit gefühlter Jugendlichkeit passen.
Das verstärkte Engagement ist Teil der Trading-up-Strategie, die Tchibo unter dem Motto "Stärken stärken 2010" verfolgt. Eine Geschäftspolitik, die verblüffend dem aktuellen Karstadt-Ansatz ähnelt. Wie dort stehen bei Tchibo kleine Läden auf dem Prüfstand. Zehn Prozent der 1.000 Niederlassungen sind betroffen. Adressen mit einer Fläche unter 100 qm haben im neuen Konzept kaum noch Platz. Denn künftig sollen Tchibo-Filialen Mehrzweck-Oasen darstellen, ausgestattet mit Umkleidekabinen ebenso wie mit Sitzecken für den Kaffee zwischendurch, Snack inklusive. Abstand zum Discount, weg vom Billig-Image, lautet die Devise – und näher ran an den Fachhandel. "Wir wollen nicht für Preis stehen, sondern für Emotionen", so Wolfgang Merkle, General Manager Retail. Mitch & Co. bildet nur den Auftakt einer umfassenden Renovierung, der sich die Marke Tchibo unterzieht.