
Technik-Kolumne:
TechTäglich: Brille hilft gegen Prokrastinieren
Vor dem Mittagessen die wichtigsten Meldungen des Tages – das ist TechTäglich, die Technik-Kolumne von W&V. Heute mit einem Gadget für bessere Konzentration und mit einer Maske für Zug- und Flugreisen.

Foto: W&V
Datenbrille hilft gegen Prokrastinieren
Das Problem ist gerade im Home Office allgegenwärtig: Man sollte arbeiten, zum Beispiel am Computer. Doch die Gedanken schweifen ab. Und statt weiter konzentriert zu schreiben, schaut man YouTube-Videos, räumt die Spülmaschine aus, löscht die WhatsApps der letzten Monate oder reinigt die Zahnzwischenräume. Gegen dieses leidige Prokrastinieren will jetzt die Datenbrille eines kanadischen Startups helfen. Die Auctify Specs, die gerade auf Indiegogo finanziert wird, erfasst mit Hilfe von Kamera, Sensoren und künstlicher Intelligenz, wohin der Nutzer gerade schaut, was er tut, und wie gut er sich konzentriert. "Es war noch nie so leicht, fokussiert zu bleiben", verspricht Hersteller Auctify. Interessenten sollten den Kauf der Brille also nicht endlos aufschieben.
Die Auctify Specs will exakt erkennen, womit man sich gerade beschäftigt – mit seiner Arbeit, mit einem Mitmenschen, oder mit einer ablenkenden Tätigkeit. Die Software erkennt 20 verschiedene Aktivitäten vom Schreiben über Yoga bis zum Kochen, und schickt die Daten an eine Smartphone-App. Dort findet der Nutzer genaue Analysen oder kann sich Ziele setzen – zum Beispiel zwei Stunden ablenkungsfrei arbeiten. Wer sündigt, erhält per Licht- oder Tonsignal quasi die "gelbe Karte". Die Finanzierung auf Indiegogo ist bereits gesichert, die Start-Edition der Brille kostet 249 Dollar (210 Euro). Erstes Urteil von The Verge: "Je nach Sichtweise ist das das Produkt Deiner Träume – oder ein Alptraum zur Steigerung der Produktivität."
Neu: Maske für Flug- und Zugreisen
Den Mund-Nasen-Schutz für ein paar Minuten im Supermarkt zu tragen, sollte für niemanden ein Problem darstellen. Schwieriger wird es auf längeren Zug- oder Flugreisen, wenn die Maske stundenlang auf dem Gesicht bleiben muss. Für diesen Zweck haben die Techniker des Autoclusters AC Styria aus der Steiermark, einem Verbund von Autozulieferern, nun eine Reise-Gesichtsmaske entwickelt. In Zusammenarbeit mit dem Humantechnologie-Cluster (HTS) ist die "Flight Mask" entstanden, von der die Österreicher künftig bis zu 100.000 Stück im Jahr produzieren wollen. Der Bahnbetreiber ÖBB und der Flughafen Graz planen bereits erste Tests.
Die Kunststoffmaske, die ausschaut wie eine nach unten gerutschte Taucherbrille, ist exakt auf die Bedürfnisse von Reisenden zugeschnitten. Zu den Besonderheiten gehört ein großes Sichtfenster, das die Identifikation am Flughafen erleichtert, und das eine bessere Kommunikation mit den Mitmenschen erlaubt. Thermisch verformbare und hautverträgliche Abdichtungen sorgen laut Kurier für angenehmen Sitz. Und sie verhindern, dass die Maske beim Sprechen ständig verrutscht. Durch ihren modularen Aufbau lässt sich die "Flight Mask" zum Beispiel mit einem Ventilator zum Be- und Entlüften ausstatten. Die einfachste Variante ist mit 50 Euro deutlich teurer als der übliche Mund-Nasen-Schutz. Dafür lässt sie sich aber reinigen und desinfizieren, und bis zu sechs Monate lang wiederverwenden.
BR: Augmented-Reality-App zur Befreiung des KZ Dachau
Am 29. April 1945 haben US-Soldaten das Konzentrationslager Dachau befreit. 32.000 Häftlinge waren damals noch vor Ort, halb verhungert, ausgezehrt und krank. Neben den überfüllten Baracken stapelten sich die Leichen. Das Grauen, das sich den Befreiern vor 75 Jahren präsentierte, lässt sich auch heute kaum begreifen. Die App "Die Befreiung AR", die der Bayerische Rundfunk gemeinsam mit der KZ-Gedenkstätte Dachau und den Augmented-Reality-Spezialisten der Berliner Firma Zaubar produzierte, versucht nun zumindest ansatzweise, einen Eindruck des damaligen Schreckens zu vermitteln.
Durch die Kombination von historischen Bildern und Augenzeugen-Videos mit dem Kamerabild des Smartphones "stehen die Menschen, die am 29. April 1945 dabei waren, direkt vor dir, auf der heutigen Gedenkstätte", erklärt der BR. Und weiter: "Während du in die Gesichter derer blickst, die dabei waren, erzählen sie dir, wie es damals war." Gedacht ist die App für iOS und Android vor allem zum Einsatz direkt an der Gedenkstätte, wo sich die verbliebenen Gebäude exakt am gleichen Ort mit den eindrücklichen historischen Bildern und Berichten vermischen. Infotafeln mit QR-Codes auf dem Gelände zeigen, wo sich die App nutzen lässt. Die Inhalte sind über die Website des BR-Projekts aber auch von zuhause aus zu sehen und zu hören.
Warum Amazon-Fahrer ihre Handys auf Bäume hängen
Vor vielen Amazon-Verteilzentren in den USA lassen sich derzeit merkwürdige Szenen beobachten. Dort hängen Smartphones in den Bäumen. Was aussieht wie ein Kunstprojekt, ist in Wahrheit eine Strategie – oder auch Notwehrmaßnahme – von Kurierfahrern, die sich auf diese Weise mehr Aufträge von Amazon erhoffen. Bloomberg erklärt jetzt, was dahintersteckt: Der Algorithmus von Amazon vergibt Fahrtaufträge bevorzugt an Kuriere, die sich bereits in der Nähe des Warenlagers befinden. Das soll Zeit sparen und schnellere Lieferungen ermöglichen. Ermittelt wird der Standort der Fahrer über die GPS-Daten von deren Smartphones.
Wenn ein Handy nun direkt vor dem Verteilzentrum im Baum hängt, geht die Amazon-Automatik davon aus, dass sich der Fahrer ganz in der Nähe befindet – und vergibt den Auftrag an ihn. In Wahrheit ist der Kurier zwar an einem ganz anderen Ort unterwegs. Aber sein Baum-Phone leitet den Auftrag an ein zweites Handy weiter, das der Fahrer bei sich hat. Das System ist offenbar so ausgeklügelt, dass bezahlte Mittelsmänner immer wieder neue und unterschiedliche Smartphones in die Bäume hängen – so dass Amazon den Trick kaum nachvollziehen kann. Zahlreiche Kuriere haben sich bereits über die Schummelei beschwert, Amazon hat eine Untersuchung angekündigt.
Doom läuft auf Schwangerschaftstest
Sogenannte digitale Schwangerschaftstests sorgen derzeit für jede Menge Wirbel. Sie zeigen nicht mehr nach alter Mütter Sitte mit einem blauen Streifen an, ob eine Frau schwanger ist oder nicht. Stattdessen präsentiert ein Display im Fall eines positiven Tests ganz deutlich das Wort "Schwanger". Laut der Hersteller sollen diese besonders teuren Tests die Frauen besser und eindeutiger informieren. Und viele KäuferInnen gehen wohl davon aus, dass die "digitale" Technik exaktere Ergebnisse liefert. Eine Untersuchung von Hardware-Tüftlern, die sich Foone nennen, hat nun aber ergeben, dass es sich dabei nur um einen Trick handelt. Denn getestet wird so analog wie eh und je. Und ein Papierstreifen für ein paar Cent (statt eines Geräts für zehn Euro) liefert genau das gleiche Ergebnis.
Die Experten haben laut BBC ein digitales Testgerät von Walmart aus den USA auseinandergenommen und festgestellt: "Es ist im Grunde genommen Betrug. Computer sind heute billig. Und die Leute kaufen den digitalen Test, weil sie denken, er sei genauer. Aber es ist das gleiche Verfahren." Die neuen Tests arbeiten demnach mit der identischen chemischen Analyse von Hormonen im Urin, die einen Farbstreifen erzeugt. Bei der aufwändigen – und umweltbelastenden – Computertechnik erfassen lediglich zwei Lichtsensoren, ob sich der Papierstreifen färbt, und übersetzen das Ergebnis dann in die Anzeige "Schwanger" oder "Nicht schwanger". Die dafür eingebauten Chips sind laut Foone leistungsstärker als die Prozessoren im ersten IBM-PC. Die Technik hat aber zumindest einen Vorteil: Die Tüftler haben es geschafft, ein Video vom Ballerspiel-Klassiker Doom auf dem Display des Schwangerschaftstests laufen zu lassen.